Referenzwert für Wölfe in Schweden

Zwei ausländische Wissenschaftler sollen analysieren, ob und unter welchen Bedingungen der Referenzwert für Wölfe in Schweden bei 170–270 Individuen liegen könnte.

Ein Rudel Wölfe beim Heulen. (Symbolbild: Uwe P. Frischmuth)
Ein Rudel Wölfe beim Heulen. (Symbolbild: Uwe P. Frischmuth)

Der Schwedische Reichstag und die EU haben entschieden, dass Schweden gemäß der Arten- und Lebensraumrichtlinie der EU eine „langfristig lebensfähige Wolfspopulation mit günstigem Erhaltungszustand“ haben muss. Der Referenzwert ist die Zahl, die angibt, aus wie vielen Individuen die Wolfpopulation bestehen muss, um langfristig zu überleben. Die schwedische Umweltschutzbehörde wurde nun mit der Untersuchung des Referenzwerts beauftragt. Dieser liegt derzeit bei 300 Individuen.

Laufende Untersuchung des Referenzwertes

Die schwedische Umweltschutzbehörde hat einen Regierungsauftrag erhalten, der unter anderem die Untersuchung des Referenzwerts für Wölfe umfasst. Zu diesem Zweck hat die schwedische Umweltschutzbehörde zwei externe Experten engagiert; Nicolas Dussex von der norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie in Trondheim und Phil Miller von der Conservation Planning Specialist Group (CPSG). Sie werden die wissenschaftlichen Analysen im Rahmen der Untersuchung durchführen.

Die Aufgabe umfasst die Analyse, ob und unter welchen Bedingungen der Referenzwert für Wölfe bei 170–270 Individuen liegen könnte. Dieses Intervall wurde im Gesetzentwurf „Ein nachhaltiges Raubtiermanagement“ festgelegt, den der Reichstag 2013 beschlossen hatte.

Die Analysen der Forscher müssen Ende 2023 in einem vorläufigen Bericht vorgelegt werden. Die Schlussfolgerungen der Forscher und die vorläufigen Berichte müssen einer wissenschaftlichen Begutachtung unterzogen und dann im Frühjahr 2024 zu einem Abschlussbericht vervollständigt werden.

Der günstige Erhaltungszustand basiert auf den neuesten Erkenntnissen

Die Beurteilung dessen, was für einen günstigen Erhaltungszustand erforderlich ist, ist eine komplexe Aufgabe. Gemäß der Arten- und Habitatrichtlinie der EU handelt es sich um die Summe der Faktoren, die sich auf die Art auswirken und langfristig die natürliche Verbreitung und Größe der Artenpopulationen beeinflussen können.

Mit anderen Worten: Es müssen viele Faktoren berücksichtigt werden und man muss sich gemäß der Richtlinie auf die besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse verlassen. Das vorhandene Wissen wird kontinuierlich durch neue Forschungsergebnisse und neue Methoden zur Inventarisierung der Wolfspopulation ergänzt.

Es gelten sowohl schwedische als auch EU-Rechtsvorschriften

Der Wolf ist in Schweden eine geschützte Art, aber unter bestimmten Bedingungen kann eine Schutz- sowie die Lizenzjagd gestattet werden. Dies ist in der Jagdverordnung (1987:905) geregelt, in der es heißt, dass die Jagd auf Wölfe nicht stattfinden darf, wenn dadurch die Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustands erschwert wird.

Die Verordnung enthält keine Definition dessen, was einen günstigen Erhaltungszustand ausmacht. Eine solche Definition findet sich jedoch in der Arten- und Habitatrichtlinie der EU. Dort gilt der Erhaltungszustand als günstig, wenn Informationen über die Populationsentwicklung der betreffenden Art zeigen, dass:

  • die Art bleibt langfristig ein lebensfähiger Teil ihres Lebensraums und
  • das natürliche Verbreitungsgebiet der Art nimmt in absehbarer Zukunft weder ab, noch wird es wahrscheinlich abnehmen, und
  • Es gibt und wird wahrscheinlich auch weiterhin genügend Lebensraum geben, um die Populationen der Art langfristig zu erhalten.

In der Resolution des Reichstags „Eine dauerhafte Raubtierpolitik“ (Prop. 2012/13:191, 2013/14:MJU7) heißt es, dass eines der „Ziele für die Wolfspopulation in Schweden darin besteht, den Referenzwert des Wolfes für einen günstigen Erhaltungszustand zu erreichen [. ..] Dieser sollte zwischen 170 und 270 Individuen liegen. In derselben Entscheidung heißt es auch, dass die großen Raubtiere einen günstigen Erhaltungszustand gemäß den Kriterien der Arten- und Habitatrichtlinie erreichen und beibehalten müssen.

Im Zusammenhang mit der Entscheidung verwies der Reichstag auf die Verantwortung der Environmental Protection Agency, als Berichtsbehörde anzugeben, wo der Referenzwert innerhalb des vorgeschlagenen Intervalls liegt. In der Entscheidung heißt es, dass der Referenzwert für einen günstigen Erhaltungszustand, den die schwedische Umweltschutzbehörde dann festlegt, nicht unterschritten werden darf.Der Referenzwert für die Bevölkerungsgröße ist daher als Untergrenze anzusehen. Im Jahr 2013 meldete die Environmental Protection Agency gemäß dem Gesetzentwurf den Referenzwert von 270 Personen an die EU.

Mindestens 300 Wölfe, um einen günstigen Erhaltungszustand zu erreichen

Die wissenschaftliche Grundlage, die dem Vorschlag einer nachhaltigen Raubtierpolitik zugrunde lag, war nicht vollständig, wenn es um die Inzuchtrate in der Wolfspopulation ging. Im Jahr 2015 erhielt die schwedische Umweltschutzbehörde daher von der Regierung den Auftrag, bestehende Analysen zu aktualisieren und eine neue Bewertung des Referenzwerts für die Wolfspopulationsgröße vorzunehmen.

Der Auftrag umfasste unter anderem die Untersuchung der Voraussetzungen, unter denen die Wolfspopulation in Schweden unter Berücksichtigung des Inzuchtgrades einen günstigen Erhaltungszustand gemäß der Arten- und Lebensraumrichtlinie aufweisen kann.

Zwei unabhängige Forschungsgruppen untersuchten das Problem und verfassten einen Bericht. Daraus geht hervor, dass in Schweden mindestens 300 Wölfe benötigt werden und dass sich alle fünf Jahre mindestens ein neuer Wolf, der aus Finnland oder Russland einwandert, mit einem skandinavischen Individuum paart, damit die Art einen günstigen Erhaltungszustand hat.

Die schwedische Umweltschutzbehörde hat der EU daher im Jahr 2019 den Referenzwert von 300 Wölfen gemeldet, der unter der Bedingung gilt, dass pro Fünfjahreszeitraum mindestens ein reproduzierendes Individuum in die Population einwandert.

Die schwedische Umweltschutzbehörde geht derzeit von einem günstigen Erhaltungszustand aus.

Quelle: Schwedische Umweltschutzbehörde