Galgenfrist für bayerischen Problemwolf

Wolf GW 2425m darf vorerst nicht abgeschossen werden. Michaela Kaniber: Bedauere sehr, dass das Gericht der Einschätzung der Expertenkommission zur Gefährdung durch den Wolf nicht gefolgt ist.

Ein Wolf im Winter (Symbolbild: Madeleine Lewander)
Ein Wolf im Winter (Symbolbild: Madeleine Lewander)

Mit Beschlüssen vom 21. Januar 2022 hat das Bayerische Verwaltungsgericht München den Eilanträgen des Bund Naturschutzes sowie der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe stattgegeben, die sich gegen die Allgemeinverfügung der Regierung von Oberbayern vom 17. Januar 2022 wandten. Mit dieser Allgemeinverfügung wurde eine sofort vollziehbare Ausnahmegenehmigung zur Tötung des männlichen Wolfes GW2425m mittels Schusswaffe für ein näher bezeichnetes Gebiet in den Landkreisen Rosenheim, Traunstein und Berchtesgadener Land befristet bis zum 31. März 2022 erteilt (wir berichteten).

Begründung

Die zuständige Kammer am Verwaltungsgericht München kam nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung zu dem Ergebnis, dass die mittels Allgemeinverfügung erteilte Genehmigung zur ausnahmsweisen Entnahme bzw. Tötung des Wolfes voraussichtlich rechtswidrig ist. Bis zu einer Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache darf deshalb von der erteilten Abschussgenehmigung kein Gebrauch gemacht werden. Eine Gefährdungssituation für die Gesundheit von Menschen oder die öffentliche Sicherheit im Sinne von § 45 Abs. 7 Nr. 4 Bundesnaturschutzgesetz, die eine sofortige Entnahme des Wolfes erfordere, ist nach Auffassung der Kammer derzeit nicht vorhanden.

Weiter Vergrämungsmaßnahmen notwendig

Die aktuell feststellbare Gefährdungslage gebiete in erster Linie weitere Aufklärungsmaßnahmen und gegebenenfalls Besenderungs- und Vergrämungsmaßnahmen, rechtfertige aber nicht die sofortige Entnahme des Wolfes. Aus keinem der bisher dokumentierten Vorfälle sei ersichtlich, dass sich der Wolf GW 2425m Menschen in einer nicht arttypischen Weise genähert hätte, insbesondere nicht in einer Art und Weise, die die Annahme einer Gefährdungslage nach der „4. Stufe“ des „Bayerischen Aktionsplan Wolf“ des Bayerischen Landesamtes für Umwelt rechtfertigen würde. Zudem sei zu berücksichtigen, dass es seit dem 19. Dezember 2021 keine Erkenntnisse mehr über den Verbleib des Wolfes gebe. Es sei insbesondere nicht geklärt, ob sich der Wolf GW2425m oder andere Wölfe noch in dem maßgeblichen Gebiet aufhielten. Gegen die Entscheidungen (M 19 S 22.295, M 19 S 22.306) kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden.

Stellungnahme der bayerischen Landwirtschaftsministerin Kaniber

Zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts München, dass von der Genehmigung zur Entnahme des in Oberbayern auffällig gewordenen Wolfes vorerst kein Gebrauch gemacht werden darf, erklärt Michaela Kaniber, Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten am Freitag in München (21. Januar 2022):„Wir nehmen die Entscheidung des Gerichts zur Kenntnis. Allerdings bedauere ich sehr, dass das Gericht der Einschätzung der Expertenkommission zur Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht gefolgt ist.

Eine Gefährdung darf nicht erst dann gesehen werden, wenn wirklich etwas passiert ist.

Politik muss die Sorgen und Ängste der betroffenen Menschen ernst nehmen und bei Gefahr auch präventiv handeln. Allerdings liegen jene völlig falsch, die mit dem Vorschlag der Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht eine Lösung vorgaukeln. Das ist unseriös, denn mit dem Jagdrecht kann nicht der europäische Schutzstatus aufgehoben werden. Nichts wäre gewonnen. Es zeigt sich vielmehr, dass die Bundesumweltministerin jetzt noch dringender die Frage des Schutzstatus und des staatenübergreifenden Monitorings angehen muss. Als Ministerin, die sich für Weidehaltung stark macht, finde ich es unabhängig vom Urteil sehr betrüblich, dass Weidetieren, ihrem Wohlergehen und dem Leid der Bauern in der allgemeinen Debatte so wenig Wert beigemessen wird.“