EU-Kommission plant den Schutzstatus des Wolfs zu senken

Die Europäische Kommission hat heute einen Vorschlag vorgelegt, der eine Änderung des internationalen Schutzstatus des Wolfs von „streng geschützt“ zu „geschützt“ vorsieht.

Ein Wolfsrudel. (Symbolbild: iStock/Ondrej Prosicky)
Ein Wolfsrudel. (Symbolbild: iStock/Ondrej Prosicky)

Ein Vorschlag, der den EU-Mitgliedstaaten und anderen Vertragsparteien des Berner Übereinkommens zur Zustimmung vorgelegt wird, beruht auf einer eingehenden Analyse des Wolfstatus in der EU und schlägt die Herabstufung des Schutzstatus des Wolfs von „streng geschützt“ zu „geschützt“ vor. Diese basiert auf neuen Daten, die ein signifikantes Wachstum der Wolfspopulationen und daraus resultierende Folgen aufzeigen.

Die heute (20.12.2023) veröffentlichte eingehende Analyse zeige, dass die Wolfspopulationen in den letzten zwei Jahrzehnten in Europa erheblich zugenommen haben und immer größere Gebiete besiedeln. Es gebe heute mehr als 20.000 Wölfe mit meist wachsenden Populationen und expandierenden Streifgebieten sowie Rudel mit Welpen in 23 Mitgliedstaaten. Dies sei zwar ein Erhaltungserfolg, der durch gesetzlichen Schutz, eine sensibilisierte Öffentlichkeit und die Verbesserung des Lebensraums ermöglicht wurde. Dennoch bringe diese Zunahme den Wolf jedoch zunehmend in Konflikt mit menschlichen Aktivitäten, insbesondere durch Nutzviehschäden, wobei bestimmte Gebiete und Regionen stark betroffen sind.

Größere Spielräume beim Wolfsmanagement einräumen

Da sich die Gegebenheiten geändert haben, sei nun eine Anpassung des rechtlichen Schutzstatus gerechtfertigt, um allen Vertragsparteien des Berner Übereinkommens größere Spielräume beim Wolfsmanagement zu geben und gleichzeitig das übergeordnete rechtliche Ziel beizubehalten, einen günstigen Erhaltungszustand für die Art zu erreichen und aufrechtzuerhalten, heißt es aus Brüssel weiter. Dazu stehen EU-Mittel zur Verfügung, um angemessene Investitionen in geeignete Schadensverhütungsmaßnahmen zu fördern, die für die Verringerung der Nutzviehrisse durch den Wolf von entscheidender Bedeutung bleiben.

Präsidentin Ursula von der Leyen sagte dazu: „Die Rückkehr des Wolfs ist eine gute Nachricht für die Artenvielfalt in Europa. Die Dichte der Wolfsrudel in einigen europäischen Regionen ist inzwischen jedoch zu einer echten Gefahr geworden, insbesondere für die Nutztierhaltung. Die lokalen Behörden fordern größere Flexibilität für das aktive Management kritischer Wolfspopulationen. Dies sollte auf europäischer Ebene erleichtert werden, und der von der Kommission heute eingeleitete Prozess ist ein wichtiger Schritt dahin. Ich bin fest überzeugt, dass wir gezielte Lösungen finden können und werden, um nicht nur die biologische Vielfalt sondern auch die Lebensgrundlage unserer Landbevölkerung zu schützen.“

EU-Kommissar Virginijus Sinkevičius erklärte, dass der Vorschlag die Herausforderungen anerkennt, die durch die wachsenden Wolfspopulationen entstehen, und gleichzeitig das Ziel der Erhaltung der Artenvielfalt und eines günstigen Erhaltungszustands dieser Spezies nicht aus den Augen verliert. Er versprach zudem finanzielle Unterstützung und Leitlinien für die Koexistenz mit Wölfen und anderen großen Raubtieren.

Janusz Wojciechowski, Kommissar für Landwirtschaft, sprach von den Herausforderungen, die die Rückkehr des Wolfs, insbesondere für die Weidewirtschaft in ländlichen Gebieten, mit sich bringt. Er forderte die Mitgliedstaaten auf, EU-Finanzmittel voll auszuschöpfen, um Investitionen in Schadensverhütungsmaßnahmen zu fördern.

Was nun?

Der Vorschlag wird nun den Mitgliedstaaten zur Entscheidung vorgelegt und anschließend, sofern angenommen, dem Ständigen Ausschuss des Berner Übereinkommens präsentiert. Bis dahin fordert die Kommission die lokalen und nationalen Behörden auf, im Rahmen der geltenden Ausnahmeregelungen zu handeln und EU-Finanzierungsmöglichkeiten für Präventions- und Ausgleichsmaßnahmen zu nutzen.

Die Kommission veröffentlichte 2021 ausführliche Leitlinien mit Beispielen für bewährte Verfahren. Die Kommission wird nach wie vor eng mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um die Fortschritte bei der Erreichung des günstigen Erhaltungszustands des Wolfs und dessen Vereinbarkeit mit sozioökonomischen Tätigkeiten zu überwachen. Sie stellt auch weiterhin Investitionsförderungen für das Zusammenleben mit Großraubtieren und die Arbeit der einschlägigen Initiativen europäischer und regionaler Interessenträger bereit.

Hintergrund

Das Berner Übereinkommen ist ein 1979 geschlossener zwischenstaatlicher Vertrag des Europarats zur Erhaltung der wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume in Europa, insbesondere jener, deren Erhaltung die Zusammenarbeit mehrerer Staaten erfordert. Im April 2024 wird es 50 Vertragsparteien umfassen, darunter alle EU-Mitgliedstaaten. Mit der Habitat-Richtlinie der EU wurden die Anforderungen des Berner Übereinkommens umgesetzt; in ihr ist ein strenger Schutz der meisten Wolfspopulationen in Europa vorgesehen, wobei Ausnahmeregelungen möglich sind.

Vorschlag für einen Beschluss des Rates über den Standpunkt der EU im Rahmen der Berner Konvention (europa.eu)

Eingehende Analyse des Status des Wolfs in der EU

Quelle: Europäische Kommission