Bundesumweltministerin Lemke schlägt neue Regelung zum erleichterten Abschuss von Wölfen vor

Regional differenziertes Wolfsmanagement soll schnellere Abschüsse von Wölfen in Gebieten mit erhöhtem Rissvorkommen sicherstellen

Wolf im Fadenkreuz (Symbolbild: David_Mark/mlz)
Wolf im Fadenkreuz (Symbolbild: David_Mark/mlz)

Bundesumweltministerin Steffi Lemke präsentierte heute (12.10.2023) im Rahmen einer Bundespressekonferenz in Berlin Vorschläge für beschleunigte Maßnahmen zum Abschuss von Wölfen nach Nutztier-Rissen. Die vorgeschlagene Maßnahme entspricht den europäischen Artenschutzrichtlinien und soll es ermöglichen, Abschussgenehmigungen schneller zu erteilen, ohne auf das Ergebnis eines DNA-Tests warten zu müssen.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland hat zu Konflikten und Herausforderungen geführt. Für Weidetierhalterinnen und -halter ist es ein schwerer Verlust, wenn Tiere nach einem Wolfsriss verendet auf der Weide liegen, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch emotional. Diese Sorgen und Probleme nehme ich ernst. Ich habe daher den Bundesländern einen Weg vorgeschlagen, um Wölfe nach Rissen auf Weidetiere schneller und unkomplizierter abschießen zu können. Mein Vorschlag ist unkompliziert umsetzbar und praktikabel, ohne langwierige nationale oder europäische Gesetzesänderungen. Denn es ist offensichtlich: Die Weidetierhalterinnen und -halter brauchen so bald wie möglich mehr Schutz und Sicherheit, gleichzeitig müssen wir das europäische Artenschutzrecht einhalten. Beide Ziele möchte ich zügig mit den Bundesländern voranbringen.“

Bundespressekonferenz mit Umweltministerin Lemke zum Thema Wolf vom 12. Oktober 2023. (Quelle: Screenshot)
Bundespressekonferenz mit Umweltministerin Lemke zum Thema Wolf vom 12. Oktober 2023. (Quelle: Screenshot)

So soll das neue Modell funktionieren

Sobald ein Wolf in Gebieten mit erhöhtem Rissvorkommen Weidetiere angreift, die angemessen gesichert waren, kann nach Erhalt der Abschussgenehmigung 21 Tage lang im Umkreis von 1.000 Metern um die betroffene Weide ein Wolf erlegt werden. Die DNA-Analyse wird dennoch durchgeführt, um später zu klären, ob der schadenverursachende Wolf getroffen wurde.

Die Umkreisregelung soll dabei die Wahrscheinlichkeit, den schadenverursachenden Wolf auch wirklich zu bekommen, erhöhen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass ein Wolf nach einem erfolgreichen Übergriff oft erneut dieselbe Herde attackiert. Eine Studie aus Schweden hat gezeigt, dass das Risiko eines erneuten Übergriffs in einem nahen Umkreis nach einem vorangegangenen Angriff besonders hoch ist. Der Vorschlag nutzt diese wissenschaftlichen Erkenntnisse, um die Effektivität der Maßnahmen zu maximieren.

Summa summarum soll dieser Vorschlag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUV) eine beschleunigte Abwicklung versprechen, verstärkten Schutz und Sicherheit für Weidetierhalter bieten und Rechtssicherheit für die Bundesländer gewährleisten. Zudem ist er konform mit europäischen und nationalen Bestimmungen.

Besonders hervorzuheben ist laut Ministerium, dass dieser Vorschlag rasch in der Praxis umgesetzt werden kann, ohne dass dafür europäische oder nationale Rechtsänderungen erforderlich sind.

Ob der Vorschlag so lösungsorientiert und pragmatisch ist, wie er vom BMUV angepriesen wird, wird sich in der Praxis zeigen müssen. Doch die Richtung stimmt dieses Mal wenigstens.

Das BMUV arbeitet darüber hinaus gemeinsam mit den Bundesländern an flankierenden Maßnahmen, wie der Einführung von Mustervorlagen für Bescheide, um den Verwaltungsaufwand weiter zu minimieren und den Prozess zu entbürokratisieren. Ministerin Lemke will diese Vorschläge in den derzeit laufenden Dialog mit den Ländern einbringen. Das Ziel ist die Verabschiedung dieser Maßnahmen durch die Umweltministerkonferenz Ende November dieses Jahres.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Ich habe diesen Vorschlag den Bundesländern unterbreitet und werde ihn der Umweltministerkonferenz Ende November nach weiterer Beratung mit den Ländern zur Beschlussfassung vorlegen. Parallel arbeite ich mit den Ländern an begleitenden Maßnahmen wie zum Beispiel der Erstellung von Musterbescheiden, die den Genehmigungsprozess in den Länderverwaltungen erheblich vereinfachen und entbürokratisieren sollen. Zusammen mit der Schnellabschuss-Regelung ist das eine gute Grundlage für ein effektives und regionales Wolfsmanagement, bei dem Probleme schnell angegangen werden können, ohne die Regelungen des europäischen Artenschutzes zu verletzen.“

Hintergrund

Der Wolf ist in Deutschland laut europäischer Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) streng geschützt und stellt eine prioritäre Art dar, für deren Erhaltung allen Staaten der Europäischen Union eine besondere Verantwortung zukommt. Der Erhaltungszustand des Wolfes ist alle sechs Jahre im Rahmen der FFH-Richtlinie zu ermitteln. Seine Einstufung bemisst sich europaweit nach einheitlichen Kriterien. Dies sind neben der Population die Merkmale Verbreitung, Größe und Qualität des Habitats sowie Zukunftsaussichten. Der nächste FFH-Bericht ist – für alle FFH-Arten – im Jahr 2025 abzugeben.

Laut der aktuellen jährlichen Veröffentlichung des Bundesamts für Naturschutz (BfN) gab es für das Monitoringjahr 2022/2023 in Deutschland 184 Wolfsrudel, 47 Paare und 22 Einzelwölfe, das heißt in der Summe 253 Wolfs-Territorien. Das geht aus den Erhebungen der Bundesländer hervor, die hierfür mehrere zehntausend Hin- und Nachweise ausgewertet haben. Die meisten Wolfsrudel lebten im Wolfsjahr 2022/2023 in Brandenburg (52), gefolgt von Niedersachsen (39) und Sachsen (38). Anlässlich des Monitorings wurden im abgeschlossenen Monitoringjahr in den bestätigten Wolfsterritorien insgesamt 1.339 Wolfsindividuen nachgewiesen: 439 adulte Wölfe, 83 Jährlinge (Wölfe im 2. Lebensjahr) und 634 Welpen (Wölfe im 1. Lebensjahr) sowie 183 Wölfe die altersmäßig keiner dieser Gruppen eindeutig zuordenbar waren.

Im vorhergehenden Monitoringjahr 2021/2022 wurden 245 Territorien, 162 Rudel, 58 Paare und 25 Einzelwölfe nachgewiesen. In den beiden vergangenen Monitoringjahren zeigten die Daten aus dem Wolfsmonitoring der Bundesländer einen geringeren Anstieg der Anzahl an Territorien als in den davorliegenden Monitoringjahren.