AfD fordert Abschaffung rotwildfreier Gebiete

Grundlage für die Neuregelung solle „eine großflächige wildökologische Raumplanung nach österreichischem Vorbild sein“

Vier Rothirsche auf einer Grünfläche. (Symbolbild: Martina Janochová)
Vier Rothirsche auf einer Grünfläche. (Symbolbild: Martina Janochová)

Die Abschaffung der gesetzlich festgelegten rotwildfreien und rotwildgeduldeten Gebiete in den Bundesländern fordert die AfD-Bundestagsfraktion in einem Antrag (20/6917). Die Grundlage für die Neuregelung solle „eine großflächige wildökologische Raumplanung nach österreichischem Vorbild sein“, schreiben die Abgeordneten.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich gemeinsam mit den Ländern dafür einzusetzen, dass in den Landschaftsrahmenplänen der Länder die Regionalpläne wildgerecht und angepasst umgesetzt würden. Außerdem sollen die Länder gemeinsam ein bundesweites Rotwildmanagement „fakten- und wissensbasiert sowie zeitgemäß umsetzen“, heißt es in dem Antrag. Die Vorlage soll in den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft zur weiteren Beratung überwiesen werden.

Forderung nicht neu – Selbst NABU-Spitze teilt denselben Standpunkt

Diese Forderung ist nicht neu und dürfte auch bei vielen Jägern auf Zustimmung treffen. So initiierte beispielsweise die Deutsche Wildtier Stiftung bereits 2019 eine Rothirsch-Petition „Freiheit für den Rothirsch in Baden-Württemberg!“, da im Ländle Deutschlands größtes Säugetier nur in fünf gesetzlich ausgewiesenen Rotwildgebieten leben darf, was gerade einmal vier Prozent der Landesfläche Baden-Württembergs entspricht.

Selbst der Präsident des NABU, Jörg-Andreas Krüger, sagte in einem Interview mit Natürlich Jagd auf der Generalversammlung der Kreisjägerschaft Warendorf Anfang des Monats, dass der NABU die Ausbreitung des Rotwildes, übrigens adäquat zu den Wölfen, in ganz Deutschland ausdrücklich begrüßt sowie den Bau dazu notwendiger Grünbrücken und Querungshilfen über Autobahnen und viel befahrene Straßen.

Zur Begründung des Antrages führt die AfD-Fraktion an:

„In Bayern sind 14 Prozent der Fläche als Rotwildgebiet definiert, d.h. dass auf 86 Prozent der Fläche Bayerns per Gesetz kein Rotwild vorkommen darf (https://www.hhg-opf.de/rotwild/rotwild-in-bayern/). In Baden-Württemberg darf das Rotwild sogar nur auf vier Prozent der Landesfläche existieren (https://www.wildtierportalbw.de/de/filefly/api?action=stream&path=%2Fwildarten%2Fpdfs%2Frothirsch-wildtierbericht-2018.pdf).

Dabei ist Rotwild sehr störungsempfindlich. Permanente Störungen durch Jogger, Mountainbiker, Geocacher, Erholungssuchende o.ä. verdrängen das Wild zunehmend in immer kleinere Gebiete. Dazu kommt, dass bundesweit täglich rund 55 Hektar als Siedlungs- und Verkehrsflächen neu ausgewiesen werden Dieser enorme Flächenverbrauch zerstört und zerschneidet die natürlichen Lebensräume der Wildtiere. Gleiches trifft auf den massiven Ausbau von Windkraft- und Freiflächenphotovoltaikanlagen zu (https://www.natuerlich-jagd.de/im-original/habecks-klimastrategie-bedroht-heimischewildtiere/).

Wie populationsgenetische Untersuchungen am Rotwild des Krofdorfer Forsts gezeigt haben, können kleine, isolierte Populationen durch Inzuchtdepressionen erheblich an Vitalität und Gesundheit einbüßen. Beim Vergleich aktueller Hirsche mit historischen Hirschen konnte ein erheblicher Verlust an genetischer Vielfalt nachgewiesen werden. Zur Optimierung der Schutz- und Hegemaßnahmen des von Habitatfragmentierung betroffenen Rotwildes, müssten deshalb die Barrieren identifiziert und der genetische Austausch zwischen benachbarten Rotwildgebieten gefördert werden (https://www.uni-giessen.de/de/fbz/fb10/institute_klinikum/zentral/wildbiologie/projekte/Krofdorfer%20Forst).

Grundsätzlich kollidieren die menschliche Nutzungsinteressen mit den Bedürfnissen heimischer Pflanzenfresser nach Äsung und Deckung. Das Bundesjagdgesetz legt deshalb fest, dass mit dem Jagdrecht die Pflicht zur Hege verbunden ist. Dabei hat die Hege die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen zum Ziel (Bundesjagdgesetz, §1). In diesem Sinne sollten auch jahrelange Fehler bei der Rotwildbejagung eingeräumt werden. So sollte beispielsweise die Frühjahrsjagd auf Schmaltiere und -spießer auf Wiesen aus wildbiologischer Sicht künftig besser unterlassen werden, da auf den Äsungsflächen im Frühjahr keine Schäden entstehen. Rotwild sollte ausschließlich auf dem Rückwechsel in den Wald erlegt werden, weil sich das Rotwild ansonsten in den Wald zurückzieht und dort massiv schält und verbeißt (https://www.jagdverband.de/handlungsempfehlungen-fuer-jagd-auf-reh-rot-und-damhirsch).

Außerdem wäre eine Ausweisung von Wildruhezonen mit Äsungsflächen und mit temporärem Betretungsverbot notwendig. Diese Gebiete sollten bei der Planung nach geeigneten weiteren Gebieten geprüft werden, statt sie aufzulösen. Die Anlage von Wildtierkorridoren, eine räumliche Zonierung, aber auch die Weiterentwicklung der lokalen Hegegemeinschaften, die Umsetzung von Managementaufgaben (Anpassung der Jagdstrategien, Besucherlenkung, begleitende waldbauliche Maßnahmen) sollten neu gedacht werden. Eine periodische Entwicklung und Weiterentwicklung der Managementpläne sollte ein dauerhaftes Ziel sein. Sie sollten idealerweise an die regionalen Gegebenheiten angepasst, mit fundierten Daten und wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie gemeinsam mit allen Betroffenen (Waldbesitzer, Jagdgenossenschaften, Jäger) entwickelt und mitgetragen werden. Interessenskonflikte zwischen Landwirtschaft und die Gefährdung waldökologischer Ziele (klimaangepasster Waldumbau), mit der Sicherung der Waldfunktionen, sollten gemeinsam gedacht werden. So profitieren auch weitere Tier- und Pflanzenarten von dieser Aufgabe.

Die Landschaftsrahmenpläne der Länder und deren Umsetzung auf Basis der Regionalpläne könnten für wildgerechte Lebensräume mit angepassten Wildbeständen sorgen. Forstliche Rahmenpläne sollten deshalb im besten Falle im Zuge der Novellierung des Bundeswaldgesetzes auch eine wildökologische Raumplanung beinhalten (Reimoser, F.; Hackländer, K. (2016): Wildökologische Raumplanung – Chancen und Grenzen. OÖ Jäger: 43 – 50).

Quellen: Deutscher Bundestag: 20. Wahlperiode, Drucksache 20/6917; Parlamentsnachrichten