„Rückschritt in längst vergangene Zeiten“

Ein Interview mit dem Präsidenten des Landesjagdverbandes Brandenburg.

Grafik (Quelle: LJV Brandenburg)
Grafik (Quelle: LJV Brandenburg)

Herr Dr. Wellershoff, Sie lehnen die Novelle des Brandenburger Jagdgesetzes ab. Was stört Sie an der Modernisierung?

Dr. Dirk-Henner Wellershoff: Der Gesetzentwurf ist untauglich, nicht zukunftsgerichtet und gefährdet unsere heimische Tierwelt. Denn Minister Vogel will de facto in Brandenburg die Hegepflicht abschaffen, also dass sich Jäger nicht mehr wie bisher um die Lebensräume des Wildes und den Tierschutz im Revier kümmern sollen. Das wäre ein Rückschritt in längst vergangene Zeiten und kein Fortschritt. Dagegen wehren wir uns – das ist nicht unser Verständnis von Jagd. Wir Jäger sind dem Schutz und dem Erhalt einer artenreichen Umwelt – auch rechtlich – verpflichtet.

Warum glauben Sie, dass mit der Novelle die Hege und Pflege außer Kraft treten wird?

Wellershoff: Der Minister versucht mit dem Umweg übers Jagdgesetz, den Klimaschutz voranzutreiben. Doch das funktioniert natürlich nicht. Wild und Wald gehörten in der Kulturlandschaft zusammen und können nicht gegeneinander ausgespielt werden. Ein Beispiel:  Minister Vogel will die Mindestgröße für Jagdreviere von 150 Hektar auf 10 absenken. In solchen Minirevieren, das sind gerade mal zehn Fußballfelder, wäre eine flächendeckende, und somit ökologisch sinnvolle, Bejagung unmöglich.  Statt wie bisher 4.000, gäbe es künftig 20.000 Jagdbezirke in Brandenburg. Das fördert die Bürokratie, hilft Wild, Wald und Klima aber nicht.

Und mit dieser Meinung bin ich nicht alleine. Unser Landesjagdverband hat aktuell mehr als 10.000 Mitglieder.  Allein vergangenes Jahr konnten wir weit mehr als 541 Neumitglieder aufnehmen und dieses Jahr waren es bereits mehr als 250.

Was schlagen Sie vor?

Wellershoff: Um das das ganz deutlich zu sagen: Wir sind nicht gegen eine Novelle des Landesjagdgesetzes, sondern gegen den vorliegenden Entwurf. Wir bieten dem Minister an, gemeinsam mit uns, unserer Expertise und Erfahrung, das vorliegende Gesetz zu überarbeiten. Es ist Sachverstand statt Zeitdruck erforderlich. Wir schlagen vor: Der Jagdbeirat des Ministeriums wird zum Arbeitsgremium, ergänzt um Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, zusätzlich zu den darin vertretenen Praktikern.

Wie schätzen Sie die Chance ein, dass die Landesregierung Ihre Einwände aufgreift?

Wellershoff: Wir haben die Initiative „Wild. Wald. Wir“ gegründet, die sich dafür einsetzt, dass eine geplante Novelle des Gesetzes weidgerecht, ökologisch und sozial ausgewogen erfolgt. Diese Initiative wird vom Forum Natur Brandenburg mitgetragen. Wild. Wald. Wir. steht über die beteiligten Organisationen für 200.000 Mitglieder. Wir sind davon überzeugt, dass die Landesregierung diese starke Stimme für den ländlichen Raum wahrnimmt und zum Dialog auf Augenhöhe bereit ist.

Quelle: Landesjagdverband Brandenburg e.V.