Eklat im Brandenburger Landtag: Fachgespräch zum Waldumbau offenbart Wildfeindlichkeit

Grünen Politiker und Mitarbeiter der LFE zieht medikamentöse Einregulierung von Wildtierbeständen in Erwägung. Wissenschaftliches Verbiss-Monitoring absichtlich negativ gegen Wildtiere ausgelegt.

Rehbock und Ricke (Foto: Eugène Reiter)

In der vergangenen Woche fand erneut ein Fachgespräch zum Waldumbau in Brandenburg statt. Eingeladen hatte die Brandenburger Landtagsfraktion Die Linke. Anlass war der von Landwirtschaftsminister Axel Vogel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) im März 2022 vorgelegte Entwurf eines neuen Brandenburger Landesjagdgesetzes. Mit diesem Entwurf wollte der Minister nach eigenen Aussagen einen Paradigmenwechsel herbeiführen. Eingeladen waren auch Mitarbeiter des Landeskompetenzzentrums Forst Eberswalde (LFE).

Zu einem Eklat kam es, als Torsten Wiebke, Mitarbeiter des LFE und Kandidat für die Stadtverordnetenversammlung Eberswalde für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, auf die Möglichkeit hinwies, die Einregulierung von Wildtierbeständen medikamentös vorzunehmen. Offen ließ er, ob er damit das Vergiften der Wildbestände meinte. Er habe die Nase voll von den Jägern in Brandenburg, die weder kompromiss- noch dialogbereit seien und denen es nur um dicke Trophäen ginge und dafür das Wild füttern, so Wiebke.

„Es ist erschreckend, welche Ansichten von Beschäftigten eines Landesbetriebes, der zugleich Grünen-Politiker ist, öffentlich und im politischen Raum vertreten werden“, sagt Dr. Dirk-Henner Wellershoff, Präsident des Landesjagdverbandes Brandenburg (LJVB). „Der immer wieder bemühte und beschrieene Trophäenkult steht schon lange nicht mehr im Fokus der Jagd und gehört der Vergangenheit an. Darüber hinaus ist das von Herrn Wiebke gezeichnete Bild der Jägerinnen und Jäger in Brandenburg von schlichten Vorurteilen geprägt und hat mit der heutigen Realität in unserem Land nichts mehr zu tun“, sagt Dr. Wellershoff.

Niemand muss Jägerinnen und Jäger von der Wichtigkeit des Waldumbaus überzeugen. „Jagd ist eine Stellschraube beim Waldumbau – aber nicht die einzige. Jagd ist neben ihrer eigentlichen Funktion ehrenamtliches bürgerschaftliches Engagement. Das Ministerium und die Landesbediensteten täten gut daran, dies zu erkennen und die übergroße Mehrheit der Jägerschaft aktiv einzubeziehen, statt sie ein ums andere Mal belehrend mit Halbwahrheiten und Lügen zu düpieren. Wenn wir ernsthaft etwas erreichen wollen, müssen wir die Strukturen bürgerschaftlichen Engagements (Jagdbeiräte, Hegegemeinschaften, Jagdgenossenschaften etc.) stärken, statt sie – wie bisher im Gesetzentwurf vorgesehen – zu zerschlagen“, sagt Jörg Stendel, Präsidiumsmitglied des LJVB. Der Anteil der brandenburgischen Verwaltungsjagd beträgt lediglich 10,5 Prozent an der bejagbaren Fläche von 2.567.368 Hektar in Brandenburg.

Im LFE wird seit Jahrzehnten wichtige wissenschaftliche Arbeit geleistet. Der Landesbetrieb verfügt mit seinen dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über einen Wissensschatz und ein unschätzbares Potenzial zur Lösung drängender Probleme. Mehr und mehr entsteht jedoch der Eindruck, dass dieser Wissensschatz nur noch selektiv und passend zur eigenen Überzeugung genutzt wird, statt diesen ergebnisoffen zu nutzen. Die Verbesserung von Methoden zur Aufnahme von Verbiss und Schäle wäre zu begrüßen. Statt einer Methodenverbesserung strebt das Land Brandenburg aber eine einseitige Methodenänderung an, die vor allem den Einfluss von Wildtieren in den Fokus stellt, aber den tatsächlichen Gesamtzustand einer untersuchten Fläche nicht mehr berücksichtigt. „Dies hat mit Wissenschaft nichts mehr zu tun und es drängt sich der Verdacht auf, dass die Ergebnisse ausschließlich zur Untermauerung der eigenen Überzeugungen genutzt werden sollen“, sagt Jörg Stendel. Der LJVB unterstützt die Einbeziehung von wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen und verurteilt die offenkundige Wildfeindlichkeit der obersten Landesbehörden.

Quelle: Landesjagdverband Brandenburg, 4. Juli 2022, Michendorf