Chance für Biotopverbund vertan

Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz bleibt vage. Inzuchtrisiko senken: DJV fordert 10 Querungshilfen über Verkehrswege jährlich. Baden-Württemberg ist jetzt das dritte Bundesland mit Nachweis von verkürztem Unterkiefer beim Rothirsch.

Der DJV fordert stattdessen zehn Querungshilfen wie Grünbrücken jährlich. (Quelle: Innenministerium BW/DJV)
Der DJV fordert stattdessen zehn Querungshilfen wie Grünbrücken jährlich. (Quelle: Innenministerium BW/DJV)

Das Bundeskabinett hat das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) verabschiedet. Der Deutsche Jagdverband (DJV) begrüßt das 4 Milliarden Euro schwere Programm grundsätzlich, weil damit Ökosysteme verbessert werden sollen und Biotopverbund eine zentrale Rolle spielt. Enttäuschend ist allerdings die sehr vage formulierte Zielsetzung für das integrierte Bundesprogramm Wiedervernetzung: Es sollen „möglichst zehn Bauwerke bis 2026“ entstehen. Der DJV fordert stattdessen zehn Querungshilfen wie Grünbrücken jährlich. Wegen mangelnder Vernetzung von Lebensräumen kommt es bereits zu genetischer Degeneration und Inzucht bei Wildtieren. Beim Rothirsch gibt es jetzt einen ersten Fall von Unterkieferverkürzung in Baden-Württemberg. Weitere Fälle gibt es bereits in Schleswig-Holstein und Hessen.

„Verlieren wir weiterhin genetische Vielfalt in diesem Tempo, sterben Arten regional aus. Das vor über einem Jahrzehnt verabschiedete Bundesprogramm Wiedervernetzung muss endlich auch mit einem eigenen Haushaltstitel untersetzt werden“, so DJV-Präsidiumsmitglied Prof. Dr. Jürgen Ellenberger. Damit ließen sich Planung und Umsetzung von Querungshilfen in den Ländern beschleunigen und der gesetzlich vorgeschriebene Biotopverbund voranbringen, so Ellenberger weiter.

Forscherinnen und Forscher an der Universität Göttingen haben im vergangenen Jahr die genetische Vielfalt von 34 Rothirsch-Vorkommen in Deutschland überprüft. Die gefundenen Inzuchtwerte waren oftmals so hoch wie bei Verpaarungen zwischen Halbgeschwistern oder Eltern und Kindern. Nur zwei Vorkommen sind langfristig vor Inzucht geschützt. Hauptursachen für die fehlende Vernetzung: Straßen, Siedlungen und behördlich verordnete rotwildfreie Gebiete. Wissenschaftliche Untersuchungen der Universität Gießen aus Hessen und Nordrhein-Westfalen stützen die Erkenntnisse.

Quelle: DJV, 31. März 2023, Berlin