Bartgeier-Doppelpack: Recka und Dagmar fliegen über dem Nationalpark

Konflikte mit Steinadlern meistern die Bartgeier gekonnt

Bartgeier im Flug. (Symbolbild: Dani Egli)
Bartgeier im Flug. (Symbolbild: Dani Egli)

Die beiden Anfang Juni im Klausbachtal ausgewilderten Bartgeier „Recka“ und „Dagmar“ ziehen mittlerweile ihre Kreise durch den Nationalpark Berchtesgaden. Der bayerische Naturschutzverband LBV und der Nationalpark Berchtesgaden sind sehr zufrieden mit der Entwicklung der beiden Bartgeier-Damen. „Ihre Flugübungen werden stetig länger und souveräner. Die sporadischen Auseinandersetzungen mit Steinadlern sorgen allerdings bei unseren Teammitgliedern immer wieder für kurze Schreckmomente“, so der LBV-Projektleiter Toni Wegscheider. Die beiden Bartgeier entwickeln sich bestens und können jetzt noch im Klausbachtal beobachtet werden. Bald verlassen sie das Auswilderungsgebiet zu größeren Erkundungsflügen. LBV und Nationalpark Berchtesgaden bieten derzeit kostenlose Führungen für alle Bartgeier-Begeisterten an.

„Dass das lokale Adlerpaar trotz seiner Erfahrungen mit Wally und Bavaria im vergangenen Jahr im selben Gebiet immer noch relativ aggressiv gegenüber jungen Bartgeiern ist, hat uns doch ein wenig überrascht“, gesteht Toni Wegscheider. Als Recka und Dagmar in den Wochen nach ihren Erstflügen noch nicht allzu sicher am Himmel über der Auswilderungsnische im Nationalpark Berchtesgaden unterwegs waren, musste das Beobachtungsteam immer wieder Attacken der beiden alten Steinadler auf die ungeübten Junggeier mitverfolgen. „Die Eleganz mit der vor allem Dagmar, mit nur wenigen Tagen Flugerfahrung, solche Angriffe durch wendige Manöver pariert hat, verblüffte uns alle“, sagt der LBV-Bartgeierexperte. Grundsätzlich gehören Auseinandersetzungen mit Adlern – und wie man sich erfolgreich dagegen zur Wehr setzt – jedoch zu den wichtigen Dingen, die es für junge Bartgeier zu erlernen gilt.

Die Flugleistungen der Geier steigern sich von Tag zu Tag. Ihre Flüge werden immer länger, gehen bereits in die Gipfelregionen der umliegenden Berge hinauf und dominieren immer stärker die täglichen Aktivitäten. „In der Zeit nach dem Erstflug sind Recka und Dagmar oft mühsam zu Fuß die Hänge entlang marschiert, um etwa zu einem Futterplatz zu kommen. Mittlerweile fliegen sie längst gekonnt ab, ziehen ein paar Kreise und landen zielgenau am gewünschten Ort“, freut sich Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel.

Die beiden Geierdamen sind, wie schon ihre Vorgängerinnen im vergangenen Jahr, ungewöhnlich oft im „Doppelpack“ unterwegs. „Sie suchen merklich die Nähe zueinander, sitzen häufig gemeinsam an Ruhe- und Futterplätzen und führen gemeinsame Parallelflüge durch“, sagt Ulrich Brendel. Aggressives Verhalten gegeneinander, das direkt nach der Auswilderung noch auf der Tagesordnung stand, lässt sich schon lange nicht mehr beobachten.

Recka hat am 16. August zum ersten Mal den Nationalpark verlassen und eine große Runde um das Seehorn westlich vom Wimbachtal gedreht. Es wird spannend, ob wieder die gleichen Hauptflugrouten der Bartgeier aus dem Vorjahr genutzt werden oder ob die diesjährigen Vögel neue Wege einschlagen. So wird auch die erste Nahrungsnutzung abseits der eingerichteten Futterplätze immer wahrscheinlicher. „Für die Geier wird noch bis in den Herbst hinein Knochenfutter ausgelegt, doch die beiden dürften bald selbständig auch außerhalb des unmittelbaren Auswilderungsbereichs Nahrung finden. Ein Teil des ausgelegten Futters ‚verschwindet‘ übrigens öfter durch Füchse, Kolkraben und andere Tiere. Dies ist völlig normal und zeigt, wie wichtig Aas in der Natur ist“, erklärt Ulrich Brendel.

Bavaria erkundet Österreich

Die 2021 ausgewilderte Bavaria hält sich erstmals im österreichischen Nationalpark Hohe Tauern auf und wurde kürzlich von einer ehrenamtlichen LBV-Aktiven beim gemeinsamen Kreisen mit den dortigen Bartgeiern beobachtet. Wann und ob Bavaria nach Bayern zurückkehrt, ist völlig offen. Das Beobachtungsteam fiebert jedoch täglich auf eine Sichtung von Recka, Dagmar und ihrer Artgenossin im Nationalpark Berchtesgaden.

Quelle: Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) e. V.