Viel Schalenwild verringert Angriffe von Wölfen auf Jagdhunde

Finnische Studie: Hohe Schalenwilddichten bedeuten weniger Wolfsangriffe auf Jagdhunde. Die meisten Wolfangriffe auf Hunde finden während der Jagd statt.

Ein Wolf mit einem gerissenen Weißwedelhirsch. (Symbolbild: iStock/JohnPitcher)
Ein Wolf mit einem gerissenen Weißwedelhirsch. (Symbolbild: iStock/JohnPitcher)

Über mögliche Einflüsse der Beutetierhäufigkeit auf das Risiko von Wolfsangriffen auf Haushunde ist nur sehr wenig bekannt. Ergebnisse aus Estland und Ostfinnland belegen jedoch, dass das Risiko in Jahren mit geringer Beutedichte am höchsten ist. Dies war der Ansatz für ein Forscherteam aus Finnland sich mit der Frage zu beschäftigen, ob es einen Zusammenhang zwischen der Schalenwilddichte einer Region und den dort stattfindenden Angriffen von Wölfen auf Hunde gibt.

Geforscht wurde dazu in Wolfsrevieren in Finnland außerhalb der Rentierzuchtregion vom Winter 2016/2017 bis zum Winter 2019/2020.Die vorherrschende Landschaft ist ein borealer Nadelwald, in dem die Hauptbaumarten Waldkiefer (Pinus sylvestris) und Gemeine Fichte (Picea abies) sind. Die Topographie außerhalb der Rentierzuchtregion ist relativ flach – Die Höhenlage liegt zwischen 0 und 354 m über dem Meeresspiegel.Von den Haupt-Beutetieren der Wölfe kommen Elche (Alces alces) im gesamten Untersuchungsgebiet vor, während Weißwedelhirsche (Odocoileus virginianus) nur im Südwesten vorkommen. Die Reh-Population ist in Relation zu der der Weißwedelhirsche generell größer, jedoch sind sie im Osten seltener.

Wolfspolulation

Die geschätzte Größe der Wolfspopulation im März stieg während des Untersuchungszeitraums von 150–165 (2017) auf 216–246 (2020).

Wolf-Hund-Konflikt

Wie gemeinhin bekannt, stammen Haushunde vom Wolf ab und können sich auch mit Wölfen paaren. Viel häufiger, als dass es zu Verpaarungen kommt, enden Hund-Wolf-Begegnungen jedoch mit tödlichen Angriffen von Wölfen auf Haushunde. Den Grund dafür sehen die Forscher in dem Umstand, dass Hunde und Wölfe als Fleischfresser potenziell dasselbe Beutespektrum haben. Somit sei die Hauptmotivation der Wölfe für einen Angriff auf Hunde nicht die Jagd nach Nahrung, sondern die Eliminierung potenzieller Konkurrenten, obwohl Wölfe normalerweise auch von dem Hund fressen, den sie getötet haben (Anm. d. Red.: Über ein Beispiel dafür berichteten wir erst vor ein paar Tagen). Gelegentlich könnten Hunde sogar einen bemerkenswerten Teil der Ernährung von Wölfen ausmachen, ergänzen die Forscher.

Wolfsangriffe auf Hunde waren eng mit der Jagdausübung verbunden

Fast alle tödlichen Angriffe von Wölfen auf Hunde (97 %), die während der Studie aufgezeichnet wurden, fanden während der Jagdsaison im Herbst statt (2018).Ein Problem für die Forscher war, dass das Wildtierschadensregister weder die Rasse des von Wölfen getöteten Hundes noch die persönlichen Informationen über den Besitzer des Hundes bereitstellte. Aber eine Anfrage bei den kommunalen Behörden lieferte den Forschern Einzelheiten zu 32 Fällen, die zwischen 2017 und 2020 stattfanden. Lediglich einer dieser 32 Hunde wurde von einem Wolf auf einem Hof getötet, die 31 weiteren alle während der Jagdausübung. In 20 Fällen (63,2 %) war der von Wölfen getötete Hund eine Rasse angehörig, die bei der Elchjagd verwendet wurde.

Ergebnisse

Die Rate der tödlichen Angriffe von Wölfen auf Haushunde hängt mit der Schalenwilddichte in Finnlands Wolfsgebieten zusammen. Inwieweit das Angriffsrisiko mit dem Vorkommen von Schalenwild zusammenhängt, bleibt jedoch etwas fraglich, da die Anzahl der Hunde, die für Wölfe innerhalb von Wolfsgebieten zugänglich sind, nicht explizit bekannt ist. Die Häufigkeit von Hunden korreliert dabei wahrscheinlich mit der Bevölkerungsdichte, die im Südwesten Finnlands viel höher ist als in Ostfinnland. Die Jagd mit Hunden ist hier ein zentrales Thema, da fast alle Opfer mit der Jagd mit Hunden in Verbindung standen.Freilaufende Hunde werden in Finnland bei vielen Arten der Jagd eingesetzt, am häufigsten bei der Jagd auf Elche, Hasen und Moorhühner.Bei der Jagd auf Rehwild hingegen, werden Hunde nicht so oft eingesetzt, und Weißwedelhirsche werden meist von Ansitzeinrichtungen auf landwirtschaftlichen Flächen und an Futterstellen geschossen, ohne dass Hunde bei der Jagd eingesetzt werden.

Auch interessant: Die Studie konzentrierte sich auf von Wölfen gerissene Hunde in Wolfsgebieten. Trotzdem fanden die Forscher heraus, dass wandernde Wölfe jedoch möglicherweise motivierter sind, Hunde zu töten als territoriale Wölfe! Der Anteil der Tötungen außerhalb der abgegrenzten Wolfsreviere betrug 42 %. Der Anteil der Wölfe, die von ihren Rudeln abwandern, beträgt dabei lediglich 10–20 %.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass eine hohe Schalenwilddichte das Risiko beeinflussen könnte, mit dem Wölfe Haushunde angreifen. Dabei lässt sich die negative Beziehung zwischen der Schalenwilddichte und der Anzahl der von Wölfen getöteten Hunde möglicherweise nicht nur auf diese Studie anwenden. Denn in Estland wurde ebenfalls nachgewiesen, dass in Jahren, in denen die Populationen von Rehen und Wildschweinen (Sus scrofa) zurückgegangen war, das Risiko, dass Wölfe Hunde in menschlichen Siedlungen angriffen, höher als in Jahren mit höherer Wilddichte.

Eine hohe Schalenwilddichte und damit einhergehend eine Verringerung des Risikos von Wolfsangriffen auf Hunde in Gebieten mit viel potenzieller Beute, wäre vermutlich ein Schlüssel zur Milderung des Konflikts zwischen Wölfen und Jägern. Eine geringere Freigabe beispielsweise bei der Elchjagd, um eine höhere Elchdichte zu generieren, würden andererseits aber auch das Risiko von Verkehrsunfällen und Verbissschäden in der Forstwirtschaft erhöhen, geben die Forscher abschließend zu bedenken.

Quelle:

Kojola, I., Hallikainen, V., Nivala, V. et al. Wolf attacks on hunting dogs are negatively related to prey abundance in Finland: an analysis at the wolf territory level. Eur J Wildl Res 69, 26 (2023). https://doi.org/10.1007/s10344-023-01652-8