Tirol erleichtert den Abschuss von Wolf, Bär, Luchs und Goldschakal

„Schutz der Almwirtschaft – Management von Großraubtieren“: Gegen die Stimmen der Grünen beschließt der Landtag die Änderung des Tiroler Jagdgesetzes

Tirol beschließt besondere Maßnahmen betreffend Bären, Wölfe, Luchse und Goldschakale. (Symbolbilder: Alexas_Fotos/Madeleine Lewander/Andrei Prodan/Eszter Miller)
Tirol beschließt besondere Maßnahmen betreffend Bären, Wölfe, Luchse und Goldschakale. (Symbolbilder: Alexas_Fotos/Madeleine Lewander/Andrei Prodan/Eszter Miller)

Am Mittwoch (08.02.2023) der vergangenen Woche hat der Landtag des Österreichischen Bundeslandes Tirol mit großer Mehrheit (gegen die Stimmen der Grünen) eine Änderung des Tiroler Jagdgesetzes beschlossen.

Zur Begründung wurde angeführt, dass aufgrund der unionsrechtlichen Artenschutzbestimmungen die Populationen der Großen Beutegreifer in Europa überwiegend Zuwächse verzeichnen würden. Besonders steche dabei der Wolf hervor, der sich aufgrund seiner Populationsdynamik (mit bis zu 30% Zuwachs pro Jahr) und seinem Wanderverhalten (über 1.000 km) mittlerweile europaweit wieder ausgebreitet hat.

Diese steigende Präsenz von Großraubtieren spiegele sich in den Schäden an Nutz- und Weidetieren wider und gefährde dadurch die in Tirol traditionelle Weide- und Almwirtschaft. Von den insgesamt 413 getöteten und 57 verletzten Nutztieren im Jahr 2022 werden allein 355 getötete und 50 verletzte Nutztiere dem Wolf als Verursacher zugeordnet. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich somit die Zahl der Nutztierrisse von 2019 auf 2020 versechsfacht, um sich von 2020 auf 2021 erneut zu verdoppeln (wir berichteten).

Darüber hinaus hätten Rissereignisse im Frühjahr 2022 gezeigt, dass insbesondere der Wolf häusliche Strukturen nicht meidet und sich vermehrt in Siedlungen und Siedlungsnähe aufhält. Dies bestätigen sowohl die Rissereignisse im Tiroler Unterland und besonders der Vorfall in Anras vom 24.04.2022, wo der Wolf innerhalb des Siedlungsgebietes und nur 50 Meter vom Kindergarten und der Volksschule entfernt insgesamt zwei Schafe getötet und 10 weitere verletzt hat.

Wolfsabschuss unbürokratisch per Verordnung

Ab dem 01. April 2023, sollen verhaltensauffällige Großraubtiere wie Wolf, Bär, Luchs oder Goldschakal, die eigentlich einen hohen EU-weiten Schutzstandard gemäß FFH-Richtlinie innehaben, per Verordnung getötet werden dürfen, wenn bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sind.Das Gesetz sei angesichts der Naturschutz-Vorschriften ein „Grenzgang“, aber das Zurückdrängen der Raubtiere sei mit Blick auf die Almbauern zwingend nötig, sagte Landwirtschaftsminister Josef Geisler von der ÖVP. Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) sei jetzt bereits schon 30 Jahre alt und müsse aktualisiert werden.

Schadtiere und Risikotiere

Zukünftig werde es zwei neue Begriffsbestimmungen für Bären, Wölfe, Luchse und Goldschakale im Jagdgesetz geben, die unerwünschtes Verhalten zeigen:

Schadtiere sind dabei solche, die sich im Bereich landwirtschaftlicher Weideflächen aufhalten und sachgerecht geschützte Nutztiere oder wiederholt bzw. in erheblichem Ausmaße, nicht geschützte Nutztiere in nicht schützbaren Gebieten verletzen oder töten.

Risikotiere sind solche, die sich wiederholt in einem Umkreis von weniger als 200 Metern von vom Menschen genutzten Gebäuden oder Stallungen aufhalten.

Die Zuordnung zu einer dieser Kategorien hat auf einer fachkundigen Einschätzung zu basieren, wobei in weiten Teilen auf die vorliegenden Managementpläne zurückgegriffen werden könne, heißt es in der Neufassung des Gesetzes.

Hintergrund

Besondere Maßnahmen betreffend Bären, Wölfe, Luchse und Goldschakale

Im Tiroler Jagdgesetz gilt ab dem 01. April 2023:

„Sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt und die Populationen der betroffenen Tierart in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, kann die Landesregierung mit Verordnung aus  folgenden Gründen Ausnahmen vom Gebot nach § 36 Abs. 2 erster Satz für Bären, Wölfe, Luchse oder Goldschakale erteilen:

a) zum Schutz der übrigen wild lebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume,

b) zur Verhütung erheblicher Schäden, insbesondere an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischwässern, Gewässern und sonstigem Eigentum,

c) im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt,

d) zu Zwecken der Forschung und des Unterrichtes, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht,

e) um unter strenger Kontrolle, selektiv und im beschränkten Ausmaß das Entnehmen oder Halten einer begrenzten, von der Behörde spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tierarten zu erlauben.

Unter außergewöhnlichen Umständen kann eine solche Verordnung auch dann erlassen werden, wenn der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Tierart ungünstig ist, aber sich durch die Ausnahme der ungünstige Erhaltungszustand dieser Populationen nicht verschlechtert oder die Wiederherstellung des günstigen Erhaltungszustandes nicht behindert wird.“[…]

„Ist die Entnahme als zugelassene Maßnahme in einer Verordnung genehmigt, so stehen vorwiegend jagdliche Maßnahmen im Vordergrund. Dementsprechend sind im Fall der Anordnung einer Entnahme grundsätzlich die Jagdausübungsberechtigten und die Jagdschutzorgane sowie die Inhaber von Jagderlaubnisscheinen zur Ausführung dieser Maßnahme berufen. Damit soll auch eine möglichste Schonung des Jagdrechtes einhergehen. Ausgeschlossen soll allerdings die Möglichkeit werden, nach Inkrafttreten der Verordnung neue Jagderlaubnisscheine – insbesondere zur Jagd auf Bär, Wolf, Luchs oder Goldschakal – auszustellen, um so einen „Jagdtourismus auf Beutegreifer“ zu verhindern.“

Quelle: www.tirol.gv.at