Aufruf zur tiergerechten Jagd

Deutsche Wildtier Stiftung übt Kritik an der Novelle des rheinland-pfälzischen Jagdgesetzes

Ein Rotalttier, das sein Kalb säugt. (Symbolbild: Sr. Maria-Magdalena R. SMCB auf Pixabay)
Ein Rotalttier, das sein Kalb säugt. (Symbolbild: Sr. Maria-Magdalena R. SMCB auf Pixabay)

Im Oktober beginnt in Deutschland die Hauptjagdzeit und idealerweise sollte sie im Dezember enden. Der Verzicht auf die Jagd in dieser Zeit ist einer von zwei wichtigen Aspekten einer tiergerechten Jagd. „Es ist wichtig, die Jagd zum Jahresanfang zu beenden, damit die Wildtiere im Winter Energie sparen können und weniger Nahrung aufnehmen müssen“, erklärt Dr. Andres Kinser, Leiter Natur- und Artenschutz bei der Deutschen Wildtier Stiftung. Auf dem eigenen Gut Klepelshagen beendet die Stiftung daher die Jagd auf Rehe und Rotwild schon seit vielen Jahren am 31. Dezember, obwohl sie im Januar noch gesetzlich erlaubt wäre. „Wir möchten den Wildtieren auf unseren Flächen so viel Ruhe wie möglich geben“, erklärt Kinser diese Maßnahme. „Gemeinschaftsjagden helfen uns, die Jagdzeit besonders im Wald auf wenige Tage im Jahr zu beschränken“.

Die Deutsche Wildtier Stiftung besitzt etwa 7.600 Hektar Wald, Felder, Moore und Heideflächen. Etwa 3.700 Hektar davon sind Teil des Nationalen Naturerbes (NNE). In diesen Gebieten erlaubt die Stiftung die Jagd künftig nur noch in sechs Monaten im Jahr, die die Jäger innerhalb der gesetzlichen Jagdzeiten festlegen können. In den restlichen sechs Monaten haben alle Tiere „jagdfrei“, wie der Stifter Haymo G. Rethwisch es nennt. Durch die längeren Ruhephasen können die Wildtiere ihrem natürlichen Verhalten nachgehen. „Wenn Rehe und Rothirsche nicht nur nachts, sondern auch tagsüber auf Wiesen nach Nahrung suchen können, ist das ein Zeichen für eine tiergerechte Jagd“, sagt Kinser. Die Jagdstrecke leidet nicht unter dieser zurückhaltenden Jagd. Im Gegenteil: Sichtbare Wildtiere lassen sich erfolgreicher bejagen als Tiere, die sich ständig im dichten Wald verbergen.

Das zweite Merkmal einer tiergerechten Jagd ist die Vermeidung von Tierleid. Dazu gehört natürlich ein sofort tödlicher Schuss. Aber auch der Schutz von Muttertieren ist wichtig. Gemeinschaftliche Jagden mit Hunden sollten ab Januar eingestellt werden, allein schon deshalb, weil zu Beginn des Jahres viele Wildschweine Frischlinge zur Welt gebracht haben. Dann besteht die große Gefahr, dass Muttertiere, die sich von ihren Frischlingen entfernt haben, versehentlich erlegt werden.

Während die Frischlinge der Wildschweine nach einigen Monaten selbstständig werden, sind die Kälber des Rotwilds im ersten Lebensjahr vollständig auf die Führung ihrer Mutter angewiesen. „Leider versucht Rheinland-Pfalz derzeit mit der Novellierung seines Landesjagdgesetzes, den Schutz der Elterntiere beim Rotwild deutlich zu schwächen“, sagt Kinser. Dies hätte schwerwiegende Folgen: Verwaiste Rotwildkälber werden aus dem Rudel ausgestoßen und verlieren schnell an körperlicher Fitness. Selbst wenn diese schwach entwickelten, allein ziehenden Kälber den ersten Winter überstehen, bleiben sie zeitlebens in ihrer körperlichen Entwicklung hinter ihren Altersgenossen zurück. „Das durch nicht tiergerechte Jagd verursachte Leid ist nicht akzeptabel und wird gesellschaftlich niemals toleriert werden“, betont Kinser. Die Stiftung fordert daher, den Schutz der Elterntiere auch in Rheinland-Pfalz in seiner bisherigen Form beizubehalten.