Landesweite ASP-Tierseuchenübung in Baden-Württemberg

Vorbereitet sein: Der LJV Baden-Württemberg gibt wertvolle Tipps zur Vorbereitung auf einen etwaigen ASP-Ausbruch im eigenen Revier

Wildschweine in einem Wald. (Symbolbild: Eszter Miller)
Wildschweine in einem Wald. (Symbolbild: Eszter Miller)

Vom 30. März bis 1. April fand in Baden-Württemberg eine landesweite Tierseuchenübung statt. In erster Linie zielte die Übung auf die Kommunikations- und Organisationswege der Unteren Verwaltungsbehörden (UVB’s) ab. In einigen Landkreisen wurden aber auch die Jägerinnen und Jäger der „betroffenen“ Reviere alarmiert und in die Übung mit einbezogen. Samuel Golter, Bereichsleiter des Bereichs JAGD beim LJV und selbst Jagdausübungsberechtigter war einer der Glücklichen, in dessen Revier ein imaginäres ASP positiv beprobtes Stück Schwarzwild gefunden wurde. Er hat durch die Einblicke in die Abläufe wichtige Erkenntnisse gewonnen und kommt zu folgendem Fazit: Es besteht dringender Handlungsbedarf seitens der Jägerinnen und Jäger!

Kennen Sie Ihr Revier? Kennen Sie Ihre Sauen? Natürlich! – denkt jetzt vermutlich jeder. Durch seine Beteiligung an der landesweiten Tierseuchenübung und die daraus gemachten Erfahrungen, stellt Samuel Golter das einfach mal in Frage. Sein Revier und sein Wild zu „kennen“ oder dies genau auf Karten zu verorten, ist ein gewaltiger Unterschied.

Morgens, 7.53 Uhr in Ilsfeld: „ÜBUNG! Guten Morgen Herr Golter, Sie haben einen ASP-Verdachtsfall im Revier“. So begann der Tag für Golter etwas anders als geplant. Eine Stunde später dann die erste Beteiligung an der Besprechung der operationellen Expertengruppe. In erster Linie hat das Veterinäramt, in dessen Zuständigkeitsbereich der Ausbruch liegt, den Hut auf. Um so viele Bereiche wie möglich abzudecken, beruft es einen Krisenstab ein. Durch diese operationelle Expertengruppe bestehend aus Experten aller betroffenen Bereiche im Kreis (Katastrophenschutz, Forst, Landwirtschaft, Straßenbehörde, Jagd, Naturschutz, …), muss die infizierte Zone bestimmt und dem MLR gemeldet werden werden. Das ist der sogenannte vorläufige Bereich, der innerhalb weniger Stunden zu melden ist und für welchen dann weitere Maßnahmen und Restriktionen getroffen werden. Maßnahmen können die Kadaversuche und vorläufige Zäunungen sein. Unter Restriktionen fallen Vermarktungs- und Verbringungsverbote, Betretungsverbote des Waldes, Wegegebote im Offenland, aber auch ein Jagdverbot in der Kernzone, um das Risiko eines weiteren Versprengens evtl. erkrankter Sauen zu verringern.

Parallel muss die Kadaversuche eingeleitet werden, um die potenzielle Ausbreitung der Kernzone genauer festzulegen. Hierfür ist das TCRH mit Sitz in Mosbach spezialisiert und vom Land beauftragt. Durch deren Alarmierung kommt eine große Maschinerie in Gang. Kadaversuchhundegespanne, Drohnenteams, Desinfektionsstellen, Kadaverbergung und vieles mehr werden organisiert. Das bedarf nicht nur einer tauglich eingerichteten Zentrale, sondern benötigt auch Platz und Unterkünfte für alle Beteiligten. Der Plan sieht vor, dass theoretisch bereits am Folgetag nach der Alarmierung die ersten Gebiete abgesucht werden. Hier kommen dann Revierpächter und Ortskundige ins Spiel:

Karten mit genau verorteten wichtigen Stellen im Revier, die für eine Kadaversuche von Bedeutung sein könnten, sind rasch bereitzustellen. Diese sogenannten Prädilektionsstellen beinhalten beispielsweise Suhlen und Mahlbäume, Dickungen, die das Schwarzwild gerne aufsucht oder Feuchtgebiete wie Tümpel, Quellen oder Bachläufe. Krankes, fiebriges Schwarzwild sucht genau diese Stellen auf und verendet nicht selten in deren Umfeld. Für das weitere Vorgehen in der Seuchentilgung sind aber auch Prädilektionsstellen wie Kirrungen, Haupt- und Fernwechsel von Bedeutung. Detailkenntnisse helfen dann am schnellsten weiter.

Kartenmaterial wird zuerst von den direkt betroffenen, im weiteren Verlauf dann auch von den umliegenden Revieren im infizierten Gebiet benötigt. Im Falle Golter lag der Fundort der imaginären infizierten Sau nicht weit von den nächsten Landkreisen entfernt. Ein beträchtlicher Teil der infizierten Zone lag somit außerhalb der Zuständigkeit dieses Landkreises. Im Ernstfall wären 91 Reviere betroffen gewesen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Erfassungsbögen und aussagekräftiges Kartenmaterial zu den Prädilektionsstellen von 91 Jagdausübungsberechtigten vorliegen müssen. Selbst wenn die meisten Reviere zwei Tage mehr Zeit hätten, um die Daten einzureichen, wäre vermutlich mit einem unübersehbaren Chaos zu rechnen. Ungenaues oder undeutliches Kartenmaterial und daraus resultierende Rückfragen binden sehr viel Personal und verzögern zeitlich die schnelle Suche. Zeit ist aber mit der wichtigste Faktor für eine schnelle Eindämmung und letztlich auch für die Tilgung der Seuche.

Die Untere Jagdbehörde sendete dieses Jahr bereits einen Erfassungsbogen an alle Jagdausübungsberechtigten. Hier galt es genau diese Prädilektionsstellen zu notieren und zu verorten. „Das hat ja noch Zeit. Das kann ich ja noch machen, wenn es ernst wird“, waren vermutlich die Gedanken vieler Pächter. Doch genau hier kommt der Faktor Zeit ins Spiel! Natürlich kennen aktive Jäger ihre Reviere und wissen, wie die Sauen ziehen, wo sie sich wann aufhalten und wo die Hotspots für eine Kadaversuche sein könnten. Das Problem ist aber, dass meist sehr unterschiedliches Kartenmaterial genutzt wird. Auf den wenigsten Karten sind Waldwege, einzelne Kulturen oder gar Rückegassen erkenntlich und es ist somit nicht leicht, die relevanten Punkte genau zu verorten. Noch schwieriger wird es dann für die Suchteams.


Empfehlungen des LJV Baden-Württemberg:

  • Die UVB’s sollten bereits jetzt, in Friedenszeiten, den Jagdausübungsberechtigten taugliches Kartenmaterial ihrer Reviere zur Verfügung stellen. Eine Möglichkeit mit ausreichend detaillierten Informationen wäre beispielsweise die Waldentwicklungstypenkarte oder noch besser, die Waldortkarte der Forstbehörden oder anderer Betriebe mit Forsteinrichtungen. Hier sind Bestände, Rückegassen und Waldwege genau dargestellt. Wichtig wäre auch, eine einheitliche Legende für die Karten anzubieten. Beispiel: Ein Kreuz bedeutet Kirrung, ein roter Kreis bedeutet Tageinstand, der blaue Kreis steht für Suhle/Feuchtgebiet/Quellgebiet, etc.
  • Auf den bereitgestellten Karten lassen sich dann Dickungen, Feuchtgebiete und andere Prädilektionsstellen entsprechend exakt einzeichnen. 
  • Ebenso könnten Fernwechsel bzw. vermutete Streifgebiete/Aktionsradien der Rotten vermerkt werden. Meist weiß die örtliche Jägerschaft genau, wohin die Sauen bei Druck ziehen und woher sie kommen. Das kann sich über mehrere Gemeindegebiete erstrecken.
  • Wie viele Sauen sind im Revier bekannt und in welcher Rottenstruktur sind diese unterwegs – als Überläufertrupps oder als einzeln ziehende Sauen?
  • Wo befinden sich aktuell bevorzugte Fraßflächen?  
  • Die Jagdausübungsberechtigten könnten bereits jetzt per GPS-Ortung (geht mit jedem Smartphone) eine Liste mit den Koordinaten zu den genannten Prädilektionsstellen anlegen. Beispiel: Suhle/Mahlbaum: 41°24’12.2″N 2°10’26.5″E

Liegen diese Informationen fertig vorbereitet in unseren Schubladen, gewinnen die Behörden wertvolle Zeit.

Quelle: Landesjagdverband Baden-Württemberg e.V.