Einheimische Gehölze essenziell für den Schutz der Insektenvielfalt in Deutschland

Senckenberg-Forscher weisen darauf hin, dass im Zuge von Klimawandelanpassungen auch einheimische Baumarten genutzt werden müssen, um das fortschreitende Insektensterben zu bremsen

Larven der Ebereschenblattwespe (Pristiphora geniculata) an einer Vogelbeere (Sorbus aucuparia). (Foto: Matthias Nuß)

Die Nutzung einheimischer Baumarten spielt eine entscheidende Rolle im Kampf gegen das Insektensterben in Deutschland, insbesondere im Kontext der Anpassung an den Klimawandel. Forscher des Senckenberg-Instituts und weitere Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz unterstreichen, dass ein Drittel der Insektenarten in Deutschland auf einheimische Gehölze angewiesen ist. Diese Ergebnisse wurden in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift des Bundesamtes für Naturschutz „Natur und Landschaft“ präsentiert.

Die Bedeutung einheimischer Gehölze für die Insektenwelt

Von den 8.127 untersuchten Arten, darunter Blattkäfer, Prachtkäfer, Rüsselkäfer, Pflanzenwespen, Schmetterlinge, Wanzen, Wildbienen und Zikaden, sind 3.140 Arten in mindestens einem Entwicklungsstadium auf einheimische Gehölze als Nahrungspflanzen angewiesen. „Die Förderung der einheimischen Baumartenvielfalt ist von großer Bedeutung für pflanzenfressende Insekten“, erklärt Dr. Sebastian Schuch, einer der Studienautoren.

Larve des Mondvogels (Phalera bucephala) an einem Espenzweig (Populus tremula). (Foto: Bernd Garbe)
Larve des Mondvogels (Phalera bucephala) an einem Espenzweig (Populus tremula). (Foto: Bernd Garbe)

Die Risiken gebietsfremder Gehölze

Trotz der Anpassungen an den Klimawandel, die den Einsatz gebietsfremder Baumarten beinhalten könnten, warnen die Forscher davor, dass diese nur von einem sehr kleinen Teil der einheimischen Insektenarten als Nahrung genutzt werden können. Fast 89 Prozent der auf Gehölze angewiesenen Insektenarten finden sich auf Gehölzgattungen, die in Deutschland mit mindestens einer einheimischen Art vertreten sind.

Empfehlungen für die Klimawandelanpassung

Die Wissenschaftler empfehlen, die genetische Variabilität einheimischer Baumarten stärker zu berücksichtigen und gebietsfremde Gehölzarten nur dann in Betracht zu ziehen, wenn diese den einheimischen Arten stammesgeschichtlich nahestehen. „Es gibt hitze- und trockenheitsresistentere Gehölzarten auch in Süd- oder Südosteuropa“, merkt Dr. Matthias Nuß an, der auf die Möglichkeit hinweist, nahverwandte und geographisch nahegelegene Arten zu nutzen.

Zusammenhang zwischen Klimawandelanpassung und Biodiversität

Die Studie unterstreicht die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel mit dem Erhalt der Biodiversität zu verbinden. „Maßnahmen zur Bewahrung der Biodiversität sollten deshalb zusammen mit der Anpassung an den Klimawandel konzipiert und umgesetzt werden“, schließt Schuch.

Publikation: Schuch S., Kahnis T., Floren A., Dorow W.H.O., Rabitsch W., Goßner M.M., Blank S.M., Liston A., Segerer A.H., Sobczyk T., Nuß M. (2024): Die Bedeutung von Gehölzen für einheimische, phytophage Insekten. Natur und Landschaft 99(4): 174 – 179. https://doi.org/10.19217/NuL2024-04-02 (inkl. Zusatzmaterial)