Tierschützer wollen Empfängnisverhütung für Wildschweine in Genf

Eine Art „Antifrischlingspille“ für die Bache: Das „Jagdverbot“ im Kanton Genf hat zur unkontrollierten Vermehrung von Wildschweinen geführt, weshalb Tierschützer jetzt den Einsatz des Präparats „GonaCon“ fordern

Eine Bache mit gestreiften Frischlingen. (Symbolbild: Michal Renčo auf Pixabay)
Eine Bache mit gestreiften Frischlingen. (Symbolbild: Michal Renčo auf Pixabay)

In Genf wird aktuell eine Frage kontrovers diskutiert: Sollten Wildschweine zur Populationskontrolle eine Art „Pille“ erhalten, die Tiere also einer hormonellen Empfängnisverhütung ausgesetzt werden? Diese Debatte kommt nicht von ungefähr, denn seit dem Jagdverbot für „private Jäger“ im Kanton Genf im Jahr 1974, das nun schon ein halbes Jahrhundert Bestand hat, hat die Population der Wildschweine signifikant zugenommen.

Ohne Jagd geht es anscheinend nicht

Trotz des Verbots werden jährlich etwa 200 Wildschweine, einige Dutzend Rehe und Hirsche von vom Kanton angestellten Jägern der Genfer Wild- und Fischereibehörde heimlich erlegt – ein offenes Geheimnis in der Region, wie „ChassePassion“ berichtet. Womit auch nebenbei das Argument einschlägiger Tierschutzverbände hierzulande außer Kraft gesetzt wird, dass die Jagd ein Anachronismus und somit überflüssig sei, da es ja in Genf so wunderbar funktioniere.

Einsatz von „GonaCon“ gefordert

Angesichts des stetigen Wachstums der Wildschweinpopulation sowohl in der Schweiz als auch in angrenzenden Gebieten wird dennoch nach alternativen Lösungen gesucht, um die Population zu regulieren, ohne sie töten zu müssen. Die neueste Idee, die diskutiert wird, ist nicht neu, da sie in den USA schon seit einigen Jahren Anwendung findet, doch hoch umstritten: die Sterilisierung der Wildschweine durch eine Injektion.

Das Präparat namens „GonaCon“, das dabei zum Einsatz kommen soll, ist ein Impfstoff, der eine Immunreaktion auslöst, die das Tier vorübergehend unfruchtbar macht. Diese Wirkung hält zwischen einem und zwei Jahren an. Allerdings ist zu beachten, dass „GonaCon“ bisher weder in der Schweiz noch in Europa offiziell zugelassen ist. Darüber hinaus stelle man sich den Aufwand vor, dem es bedarf, das Mittel in die Wildschweine zu bekommen.

Die Schweizer, bekannt für ihren pragmatischen und direktdemokratischen Ansatz, haben beschlossen, die Bevölkerung in diese Entscheidung einzubeziehen. Durch eine Online-Umfrage, die vom 1. März bis zum 30. April läuft, haben alle Bewohner des Kantons Genf die Möglichkeit, ihre Meinung zu dieser Frage zu äußern. Die Ergebnisseder Umfrage werden am 15. Mai erwartet.

Hintergrund:

Das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) ist ein natürlich vorkommendes Hormon, das die Produktion von Geschlechtshormonen wie dem luteinisierenden Hormon (LH) und dem follikelstimulierenden Hormon (FSH) anregt. Diese regulieren die Produktion von Gameten und Steroidhormonen in den Eierstöcken und Hoden und sind entscheidend für die Fortpflanzung von Wirbeltieren. Der USDA APHIS Wildlife Service (WS) hat einen immunkontrazeptiven Impfstoff namens GonaCon entwickelt, der GnRH, gekoppelt an ein von Mollusken abgeleitetes Trägerprotein, enthält und gegen endogen produziertes GnRH wirkt. Bei Injektion in ein Ziel tier induziert GonaCon die Bildung von Antikörpern gegen das eigene GnRH, was zu Unfruchtbarkeit führt. GonaCon hat sich als wirksames Mittel zur Kontrolle der Fruchtbarkeit bei wilden und verwilderten Säugetierarten erwiesen. GonaCon ist für den Einsatz bei weiblichen Wild- oder verwilderten Pferden, Weißwedelhirschen und Präriehunden zugelassen.

Quelle: https://www.aphis.usda.gov/wildlife_damage/nepa/risk_assessment/11-gonacon.pdf