Wald, Wild und Jagd

Ein Gastkommentar zum „Wald der Zukunft“ von Joachim Orbach

Bemoostes und von Pilzen bewachsenes Totholz in einem Wald. (Symbolbild: Andreas auf Pixabay)
Bemoostes und von Pilzen bewachsenes Totholz in einem Wald. (Symbolbild: Andreas auf Pixabay)

Von Joachim Orbach

Von Wirtschaftswäldern zu naturnahen Lebensräumen

Wirtschaftsdenken und Ordnungsliebe haben in der Vergangenheit den deutschen Wirtschaftswald aufgeräumt. Althölzer und Niederwald (1 % in Deutschland), als natürlicher Lebensraum für viele Tiere und Pflanzenarten, waren kaum noch zu finden. Doch, wie so oft beschrieben, waren die Verhältnisse in vielen modernen Wirtschaftswäldern nicht so paradiesisch. Die natürliche Vielfalt musste oft genug eintönigen Forsten weichen, in denen nur eine einzige Baumart (bevorzugt die Fichte) vorherrscht. Hier sind alle Bäume gleich alt und sehr dicht gepflanzt. Dieser Wald bietet auch keinen Platz für strauchreiches Unterholz, in dem zum Beispiel die Waldvögel ihre Nester anlegen können. So waren und sind viele der in Deutschland auf der „Roten Liste“ stehenden Vogelarten und andere Arten durch die Forstwirtschaft betroffen.

Die Notwendigkeit eines Umdenkens für die Zukunft des Waldes

Seit das Thema Waldsterben in den Medien für Schlagzeilen sorgt, ist es an der Zeit, sich Gedanken um den Wald der Zukunft zu machen – was man aber nicht ausschließlich der Forstwirtschaft überlassen sollte. Den Wald, den wir in vielen Regionen gekannt haben, wird es bedingt durch den Klimawandel so weiterhin nicht geben. Mir haben schon einige kleine Waldbesitzer gesagt: „Ich forste nicht auf, sondern lasse den Wald so wachsen, wie er will.“ – Da dürfte zukünftig auch für die oft von der Forstwirtschaft als Unkraut des Waldes verpönte Birke ein Platz sein. Wenn man es will, könnte man auch einen gewissen Prozentsatz der Waldfläche einer natürlichen Entwicklung ohne Holznutzungsambitionen überlassen – was man ggf. auch durch Subventionen in den Privatwäldern und insbesondere in den Landes- und Staatsforsten steuern könnte. Nicht jeder neue Wald muss ein reiner Wirtschaftswald sein! Hierzu ist aber ein Umdenken in der Forstwirtschaft und der Politik erforderlich.

Naturnaher Waldbau als Chance für Biodiversität und Jagd

Naturnaher Wald ist ein Wald der Artenvielfalt! Bedenken wir, in unserer gewachsenen Kulturlandschaft, die wir allerdings auch nicht in das Landschaftsbild z.B. von Kanada umwandeln können, werden nach der Meinung von Fachleuten oft die Ausweisung von Ruhezonen und Äsungsflächen (einschließlich „Verbisshölzer“ wie zum Beispiel Espe und Weide) im Wald nicht genügend berücksichtigt. Aus tierschutzrechtlicher Sicht und aus ethischer Verpflichtung des Menschen gegenüber unserem Wild dürfte aber dieses unabdingbar sein. Nur wer all dies im Waldbau der Zukunft genügend berücksichtigt, hat meiner Meinung nach das Recht – auch gegenüber den nachfolgenden Generationen – von einem naturnahen Waldbau zu sprechen. Denn mit abwechslungsreichem Nahrungsangebot und Ruhezonen im Wald dürfte es möglich sein, angemessene Populationen wiederkäuender Schalenwildarten zu bewahren, ohne jedes Stück Schalenwild, das einem über den Weg läuft, gleich zu erlegen. Oder hätte ich schreiben sollen, wie Schädlinge zu vernichten? Für diese Vorgehensweise dürfte sicherlich auch die breite Öffentlichkeit keinerlei Verständnis haben.

Bernd Krewer (1939-2020), Forstmann, Buchautor und Schweißhundführer, sagte: „Krieg in Deutschlands Forsten, die anspruchsvolle Jagd hat ihren Kompass verloren.“ Wenn es um den Waldbau geht, stellt sich daher auch die Frage, ob Subventionen für den sogenannten naturnahen Waldbau immer richtig eingesetzt werden? Für den naturnahen Waldbau dürften sich sicherlich unterschiedliche Möglichkeiten anbieten, deren Erhalt bzw. Schaffung auch durch Subventionen gesteuert werden kann. Leider werden aber derartige Überlegungen meiner Meinung nach von der heutigen Forstwirtschaft und der Politik nicht genügend berücksichtigt.

Hier möchte ich zum Beispiel einmal den Niederwald mit seinen nachwachsenden Rohstoffen (Brennholz und Hackschnitzel, Umtriebszeit alle 25 – 30 Jahre) als eine besondere Waldbetriebsart hervorheben. Nicht von der Hand zu weisen bietet dieser Wald beste Lebensgrundlagen für Flora und Fauna. Leider findet aber der Niederwald in der heutigen Zeit bei uns in Deutschland gegenüber anderen Ländern noch zu wenig Beachtung. Der reine neue Wirtschaftswald mit überwiegend anderen Baumarten als die Fichte steht zwar auch im Fokus, wenn es um den naturnahen Wald geht. Man muss aber auch anderen Waldbetriebsarten den gebührenden Platz in unserer Kulturlandschaft einräumen.

Sicherlich dürfte sich durch die Waldschäden in vergangenen Jahren einiges ändern. Hier kommt es aber auch auf einen vernünftigen und abwechslungsreichen Waldbau und die Subventionspolitik an, die wiederkäuendes Schalenwild nicht als Schädlinge des Waldes betrachtet.

Fazit

Wir Jäger müssen uns aber auch als Anwälte des Wildes verstehen, wenn wir die waidgerechte Jagd erhalten wollen und nicht zu Schädlingsbekämpfern degradiert werden wollen. Insbesondere sollten daher meiner Meinung nach in Zusammenarbeit mit Wildbiologen und anderen Fachbereichen auch vernünftige Wege in der Forstwirtschaft aufgezeichnet werden, wo unserem Wild noch die Lebensgrundlagen zugestanden werden. Bedenken wir aber auch stets, dass Wildtiere in unserer oftmals naturfremden Welt Mitgeschöpfe als ein Teil unserer Kulturlandschaft und keine Schädlinge sind. Wo Wald, Wild und Mensch in Einklang gebracht werden sollen, kann daher die Devise nur „Wald und Wild“ und nicht „Wald vor Wild“ lauten.

Wenn wir als Jäger nicht nur Jagdscheininhaber, sondern auch Jäger sein wollen, sind auch wir die Worte von Prof. Dr. Alexander Herzog (Tierarzt) zu bedenken: „Wir haben nur Anspruch auf die Ausübung der Jagd, wenn wir die Waidgerechtigkeit wieder voranstellen und den Schöpfer im Geschöpfe ehren.“