Grausiger Rückschlag für die Rotwild-Bekämpfer

„Was ihr nicht jagt, das lassen wir eben im Gatter keulen.“

„Eines ist für mich nach diesen Vorfällen klar: In Tirol werden wir Gatterabschüsse künftig verbieten. So etwas wird es in Tirol nicht geben.“

Grausiger Rückschlag für die Rotwild-Bekämpfer

Das Tiroler Gatter-Gemetzel sorgt für massive Proteste und Wendemanöver in der Politik

45 Minuten dauerte das Gemetzel im „Tötungsgatter“. Einige Stücke weisen gebrochene Äser auf, da sie wahrscheinlich in Panik versuchten durch den Zaun zu flüchten und sich dabei verletzten. (Fotos: Gemeinde Kaisers/Tirol)
45 Minuten dauerte das Gemetzel im „Tötungsgatter“. Einige Stücke weisen gebrochene Äser auf, da sie wahrscheinlich in Panik versuchten durch den Zaun zu flüchten und sich dabei verletzten. (Fotos: Gemeinde Kaisers/Tirol)

Josef Geisler, Landeshauptmann-Stellvertreter in Tirol

Landesveterinär Josef Kössler

Gegen die Macht der schrecklichen Bilder sind die Argumente der Reduktions-Propheten offenbar machtlos. Binnen weniger Stunden sorgten Fotos und Video-Aufnahmen vom Blutbad im „Tötungsgatter“ beim Bergdorf Kaisers für einen Sturm der Empörung, dem sich auch verantwortliche Politiker schnell beugen mussten.  

Josef Geisler, Landeshauptmann-Stellvertreter in Tirol, hatte die Aktion im Vorfeld noch verteidigt: „Die vorliegenden Zahlen bestätigen, dass die Regulierung des Rotwildbestandes und die konsequente Bekämpfung von Tbc beim Rotwild absolut notwendig sind.“ 

Unter dem Eindruck massiver Proteste über Tirol und Österreich hinaus, vollzog Geisler die Kehrtwende:

Zur Erinnerung: Das Rotwild war über Wochen in einem eigens angelegten Reduktionsgatter angefüttert worden. Am vergangenen Wochenende schlossen sich die Tore. Sonntagabend rückte die Eingreiftruppe der Landesverwaltung an. Gegen 21 Uhr eröffneten die beiden Amtsschützen das Feuer. 

Nach offizieller Darstellung ein voller Erfolg: „33 Stück Rotwild wurden im Rahmen der Tbc-Bekämpfung Sonntagnacht im Wildgatter in Kaisers von erfahrenen Schützen in kürzester Zeit schonend und tierschutzgerecht entnommen.“ 

Die Bewohner des Bergdorfs, die das Treiben hinter dem Gatter-Zaun verfolgten, berichten von wahllosem Geballer. Nach einer Dreiviertelstunde seien immer noch krank geschossene Tiere schwer atmend in ihrem Blut gelegen. Am Ende nahmen sich Jäger aus der protestierenden Zuschauer-Menge ein Herz und erlösten die letzten Opfer der Staatsaktion. 

20 Stück Rotwild sollten bei der Nachtjagd fallen, zur Bekämpfung der Rindertuberkulose. Am Ende waren es 33 Tiere.

Bürgermeister Norbert Lorenz lässt die Begründung nicht gelten: „Tbc im Lechtal ist bei Rindern und Rotwild unter Kontrolle!“

So sieht es auch Christine Miller vom Verein „Wildes Bayern“. Bei der Tbc-Verbreitung gebe es im Oberen Lechtal seit drei Jahren keine Auffälligkeiten mehr, sagt die promovierte Wildbiologin. 

Spannend: Der Protest, aus der in Österreich sonst sehr lauten Tierrechtler-Szene, ist bisher kaum zu vernehmen. Irgendwie verständlich, wenn die dort gern hochgelobten „Ranger“ so ein Fiasko anrichten. Direkt vor Ort hingegen Bayerns Tierschutz-Vizepräsidentin Tessy Lödermann (wir berichteten hier), seit vielen Jahren engagierte Kämpferin gegen die organisierte Schalenwildvernichtung, nicht nur in Bayern.  

Die Tiroler FPÖ beklagt „bestialischen Massenmord“ an Rotwild und verlangt den Rücktritt von Landesveterinär Josef Kössler. Der hatte auf dem Höhepunkt der Tbc-Debatte im Jahr 2013 den Jägern gedroht:

Thomas Schreder, Biologe und Vizepräsident beim Bayerischen Landesjagdverband, ist „entsetzt“ und erinnert daran, dass es auch in Bayern Versuche gab, die Gatter-Abschüsse unter dem Druck des Tuberkulose-Risikos durchzusetzen: „Doch gemeinsam mit der Staatsregierung, mit den Behörden, dem Tierschutz und den örtlichen Kreisvereinen und Hegegemeinschaften ist es dem BJV gelungen, eine solche Tierquälerei als Maßnahme abzuwenden.“  

Im März 2013, als der bayerische Landtag Gatter-Abschüsse von 358 Stück Rotwild zur Tuberkulose-Bekämpfung zuließ, blieb der Landesjagdverband jedoch dezent zurückhaltend: „Wir begleiten die Untersuchungen mit Engagement,“ kommentierte BJV-Verbandsgeschäftsführer Joachim Reddemann seinerzeit. Und der ÖJV hatte schon damals kaum Bedenken.

  

Hier ein Link zu den österreichischen Fernseh-Nachrichten.