„Wir müssen Wildschweine weiterhin intensiv bejagen“

„Wir müssen Wildschweine weiterhin intensiv bejagen“

Im Interview mit Outfox-World erklärt der Präsident des Landesjagdverbands NRW, welche Maßnahmen er im Kampf gegen die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest für sinnvoll erachtet.

Ralph Müller-Schallenberg
Ralph Müller-Schallenberg

Die Angst vor der Afrikanischen Schweinepest dominierte in den letzten Wochen die Schlagzeilen. Die Bedrohung durch die Seuche wird konkreter, die Maßnahmen werden in vielen Bundesländern intensiviert. Von der Zulassung künstlicher Lichtquellen (wir berichteten), Aufhebung der Schonzeiten (wir berichteten) bis zum Einsatz von Nachtzieltechnik (wir berichteten), die Bundesländer wappnen sich gegen den Ausbruch der ASP in Deutschland. Outfox-World fragte bei Ralph Müller-Schallenberg, Präsident des Landesjagdverbands Nordrhein-Westfalen, nach, wie er die Situation für Deutschland und sein Bundesland sieht und welche Maßnahmen er im Kampf gegen die Seuche für sinnvoll erachtet.

Herr Müller-Schallenberg, wie stehen Sie zur deutlichen Intensivierung der Jagd?

Wir müssen Wildschweine weiterhin intensiv bejagen, insbesondere Jungtiere. Bachen unter zwei Jahren tragen inzwischen mit deutlich mehr als 50 Prozent zur Reproduktion bei. Dass wir schon bisher im Rahmen des gesetzlichen Rahmens intensiv Wildschweine gejagt haben, zeigt die Jagdstatistik: Die Zahl der erlegten Wildschweine hat sich innerhalb der vergangenen 20 Jahre verdreifacht und liegt derzeit auf Rekordniveau. Dies ist zunächst eine Erfolgsbilanz der Jäger!

Wir brauchen zukünftig in landwirtschaftlichen Kulturen verstärkt Bejagungsmöglichkeiten, etwa Jagdschneisen. Es darf keine bürokratischen Hürden geben! Hier ist die Politik gefordert. Die Zusammenarbeit von Landwirten, Lohnunternehmern und Jägern muss dabei von der Anbauplanung bis zur Ernte Hand in Hand gehen.

Befürworten Sie die Aussetzung von Schonzeiten?

Grundsätzlich befürworte ich als Präventionsmaßnahme gegen die ASP die Aussetzung von Schonzeiten. Für uns ist der Elterntierschutz allerdings nicht verhandelbar.

Sollte der Abschuss von Bachen erlaubt sein?

Nur nicht führende Bachen dürfen und sollen erlegt werden. Mit der Aussetzung der Schonzeiten wächst die Verantwortung eines jeden einzelnen Jägers.

Wie ist Ihre Position zum Einsatz von Nachtzieltechnik?

Der Einsatz von Nachtzielgeräten ist bislang waffen- und jagdrechtlich verboten.

Diese Frage kann nicht in NRW, sondern muss auf Bundesebene geklärt werden. Für den legalen Einsatz von Nachtzielgeräten ist die Änderung der entsprechenden Gesetze auf Bundesebene erforderlich.

Und wie stehen Sie zur Verwendung von Saufängen?

Der Tierschutz steht in unserer Verfassung und ist ein hohes schützenswertes Gut. Wenn es allerdings im Seuchenfall darum geht, in bestimmten Bereichen den Schwarzwildbestand auszulöschen, muss über drastischere Maßnahmen nachgedacht werden, um viel größeres Tierleid durch eine schnelle Ausbreitung der Seuche zu verhindern.

Ist eine Aufwandsentschädigung Ihrer Ansicht nach sinnvoll?

Zur Absenkung des Schwarzwildbestandes wäre die Einführung einer Aufwandsentschädigung in der Höhe von 25 Euro pro erlegtem Frischling sinnvoll, aufgebrochen bis 30 kg.

Die intensive Bejagung von Wildschweinen muss mit einer Sicherung der Vermarktung des Wildbrets zu vernünftigen Preisen, 2 Euro pro Kilogramm, kombiniert sein.

Sehen Sie die Erstattung der Gebühren für die Trichinenschau als empfehlenswert an?

Die vollständige Abschaffung der Gebühren für die Trichinenuntersuchung würde einen wichtigen Beitrag zur Senkung des Wildschweinbestandes leisten.

Was halten Sie für ein geeignetes Mittel zur Seuchenprävention und wie können Sie dies durchsetzen?

Als geeignete Mittel sehe ich eine intensive Schwarzwildbejagung, einen Eingriff in die Klasse der Zuwachsträger und die Erlegung von nicht führenden Bachen.

Wie sollen berufstätige Jäger noch mehr Tier schießen?

Durch die Ansitzjagd und vermehrte revierübergreifende Drückjagden. Die jetzt in NRW erlassene Schonzeitaufhebung für Schwarzwild dient auch dazu, dem einzelnen Schützen die Entscheidung so leicht wie möglich zu machen. Zudem führt dies natürlich zu einer stärkeren ganzjährigen Bejagung. Wir haben jetzt in NRW zwölf Mondphasen für die Schwarzwildjagd!

Es fällt auf, dass es immer wieder neue Forderungen und Erlasse gibt, kein Politiker aber wirklich in der Öffentlichkeit eine Lanze für die Jäger bricht. Was wünschen Sie sich von der Politik und sehen Sie das ähnlich?

Das sehe ich nicht so! Unsere Umweltministerin Christina Schulze Föcking und ihr Staatssekretär Dr. Heinrich Bottermann stehen in einem regelmäßigen Kontakt mit allen Betroffenen und Beteiligten und richten ihre Handlungen nach den fachlichen und sachlichen Notwendigkeiten aus.

Wie sollte man mit Jagdstörern vorgehen, die trotz offizieller Abschussforderungen noch jede Möglichkeit nutzen, um den Auftrag der Jäger zu torpedieren?

Eines vorweg: Das Verhalten von Jagdstörern und jenen, die ihnen durch ein verqueres Naturbild den geistigen Nährboden liefern, halte ich gerade in der jetzigen Gefahrensituation für absolut verantwortungslos.

Wo es zu Jagdstörungen kommt, brauchen wir staatliche Unterstützung, damit die Jagden entsprechend störungsfrei durchgeführt werden können. Wegen des drohenden enormen volkswirtschaftlichen Schadens sind die Jäger hier für die Allgemeinheit und den Tierschutz tätig.

Was glauben Sie, wann erreicht die ASP Deutschland?

Ich hoffe nie! Aber wir müssen leider darauf gefasst sein. Selbst in der schlimmsten denkbaren Situation möchte ich, dass uns Jägern nicht vorgeworfen wird, an der Problemlösung nicht ausreichend mitgewirkt zu haben.

Lassen Sie mich abschließend noch eines betonen: Wir Jäger in NRW stehen zu unserer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, den Landwirten als unseren natürlichen Partnern und dem gesamten ländlichen Raum!

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