Nachtsichttechnik im Detail: Analog und Digital

Nachtsichttechnik im Detail: Analog und Digital

Direkt auf der Waffe montiert ist der Einsatz von Nachtsichttechnik In Deutschland sehr stark reglementiert. Doch auch bei der reinen Beobachtung zeigen die Geräte ihren enormen Wert. Bloß stellt sich auch hier mittlerweile die Frage nach analog oder digital. 

Geisterhaftes Grün oder monochrome Graustufen. Das ist jedoch nur der sichtbarste Unterschied zwischen analoger und digitaler Nachtsichttechnik. (Beispielbild: pixabay.com/hashan)
Geisterhaftes Grün oder monochrome Graustufen. Das ist jedoch nur der sichtbarste Unterschied zwischen analoger und digitaler Nachtsichttechnik. (Beispielbild: pixabay.com/hashan)

Nachtsichttechnik begleitet die Menschheit bereits seit den Tagen des Zweiten Weltkrieges. Und auch wenn sich speziell im militärischen Bereich schon seit einigen Jahren immer stärker Wärmebildgeräte mit Detektionsfähigkeit im fernen Infrarot auch für den einzelnen Soldaten durchsetzen, so baut dennoch ein Großteil der Geräte auf die grundsätzliche technische Funktion, vorhandenes Restlicht zu verstärken (Restlicht- bzw. Bildverstärker). Allen diesen Geräten eigen ist, dass sie auch als Bildwandler fungieren können, der für die Augen vieler Lebewesen unsichtbares Licht im nahen Infrarotbereich in sichtbares Licht umwandelt.

Dafür stehen prinzipiell zwei unterschiedliche Techniken: Analoge Nachtsichttechnik sowie solche, die auf digitaler Restlichtverstärkung basiert. Wie beides im Detail funktioniert, erklären wir jetzt.

Kurzer Exkurs: Generationen

Wer sich tiefer mit Nachtsichttechnik befasst, wird immer wieder über Generationenangaben stolpern. Damit ist vor allem bei analoger Nachtsicht der konkrete technische Aufbau gemeint, womit wiederum die Leistungsfähigkeit verbunden ist:

Generation 0 (ab 1939):              Reine Bildwandler, die nur mithilfe von Infrarotlicht arbeiten können.

Generation 1 (frühe 1960er):       Restlichtverstärkung um das 1000- bis 8000-fache.

Generation 2 (Verlauf 1970er):    Restlichtverstärkung um das 20.000-fache.

Generation 3 (Späte 1980er):      Restlichtverstärkung um das 30- bis 50.000-fache.

Generation 3+ (frühe 2000er):    Wie Generation 3, aber größere Lebensdauer der Röhren und Detailverbesserungen.

 

Sehr günstige, heutige (zivile) Geräte gehören typischerweise zur Generation 1, ggf. mit Detailverbesserungen. Mittelklassige Geräte gehören typischerweise zur Generation 2, ebenfalls meist mit Detailverbesserungen.

Da Geräte der dritten Generation so leistungsfähig sind, sind sie am Markt relativ rar und zudem kostenmäßig im Bereich sehr guter Binokulare oder Zielfernrohre angesiedelt. Hier spielt es zudem auch eine gewichtige Rolle, dass die USA aus Gründen der Rüstungskontrolle den Export von Geräten und auch Röhren sehr stark reglementiert haben (vgl. ITAR 22); ähnliche Regularien gibt es auch in Deutschland und der EU – wodurch natürlich der Markt verkleinert und somit die Produkte immens verteuert werden, da Herstellung und Verkauf innerhalb eines Landes bzw. Länderverbunds erfolgen müssen.

Hierzu sei auch vor der oft freigiebigen Verwendung von Generationsbezeichnungen durch Händler und Hersteller gewarnt. Diese sind meistens mit Verbesserungen indizierenden Bezeichnungen versehen oder verwenden Fantasie-Generationen. Die einzige Nachtsichtgeneration, die offiziell mit einem Plus gekennzeichnet ist, ist Gen. 3+ und diese ist für Zivilisten praktisch nicht erhältlich.

Analoge Nachtsichtgeräte: Funktion

Analoge Nachtsichttechnik wird so genannt, weil zur Umwandlung bzw. Verstärkung des vorhandenen Lichts keinerlei digitale Prozesse involviert sind.

Die dahinterstehende Technik ist eine mit Hochspannung beaufschlagte Vakuum-Elektronenröhre bestehend aus einer Fotokathode auf der Objektiv- und einem Leuchtschirm als Anode auf der Okularseite mit einem Vakuum und einer Mikrokanalplatte (letztere ab Generation 2) dazwischen – prinzipiell also ein (weit entfernter) Verwandter jener Röhre, die noch bis vor einigen Jahren TV-Geräte betrieb. Hier passiert folgendes:

1. Über die Objektivlinse treten Photonen des vorhandenen Lichts bzw. einer Infrarotlichtquelle in die Fotokathode ein. Hierin werden sie in Elektronen umgewandelt.

2. Auf ihrem Weg durch das Vakuum lösen diese Elektronen weitere Elektronen aus den Atomen in der Röhre heraus.

3. (ist eine Mikrokanalplatte vorhanden, so fungiert diese als nochmaliger Verstärker der Elektronenanzahl und beschleunigt diese zusätzlich.)

4. Die multiplizierten Elektronen treffen auf den Leuchtschirm. Dort sorgt jedes Elektron dafür, dass dieser auf der Okularseite wiederum Photonen ausstößt, die sich als sichtbare Lichtpunkte präsentieren – aufgrund der technischen Natur des auf Phosphor basierenden Leuchtschirms sind diese in monochromen Grüntönen gehalten, eben dem typischen „Nachtsicht-Grün“.

Digitaltechnik hat sich in Fotografie und Film längst durchgesetzt, auch im Bereich der Nachtsichtgeräte wird sie immer wichtiger. (Bildquelle: Pulsar-nv.com)
Digitaltechnik hat sich in Fotografie und Film längst durchgesetzt, auch im Bereich der Nachtsichtgeräte wird sie immer wichtiger. (Bildquelle: Pulsar-nv.com)

Der Grund, warum jeder Bildverstärker auch als Bildwandler fungieren kann, ist, dass die Fotokathode auch Photonen aus dem nicht sichtbaren Bereich des Lichts in Elektronen umwandelt.

Dabei ist die Mikrokanalplatte jedoch nicht das Einzige, was die Nachtsicht-Generationen unterscheidet:

Generation 0:      S1-Fotokathode auf Silberoxid-Cäsium-Basis. Lebensdauer: 1000 Stunden.

Generation 1:      S20-Fotokathode auf Natrium-Kalium-Antimon-Cäsium-Basis. Lebensdauer: 2000 Stunden.

Generation 2:      S25-Fotokathode auf verbesserter Natrium-Kalium-Antimon-Cäsium-Basis. Lebensdauer: 7000 Stunden.

Generation 3:      Gallium-Arsenid-Fotokathode, Mikrokanalplatte mit Ionenbarriere beschichtet.              Lebensdauer: 20.000 Stunden.

Allen Röhren heutiger Herstellung ist zudem gemein, dass sie durch Weiterentwicklungen ein teils deutlich geringeres Bildrauschen aufweisen als gleichartige Röhren früherer Fabrikate.

Dabei sei dringend darauf hingewiesen, dass die Röhren durch zu starkes Licht auch im ausgeschalteten Zustand irreparabel beschädigt werden können. Besonders die Objektivschutzkappe sollte nur in dunkler Umgebung abgenommen werden.

Digitale Nachtsichtgeräte: Funktion

Prinzipiell verstärken auch digitale Nachtsichtgeräte vorhandenes Umgebungslicht bzw. können Infrarotlicht umwandeln. Allerdings zeigt das Forward FN455, ein beliebtes, zeitgenössisches Monokular, dass hierin vollkommen andere technische Prinzipien zur Anwendung kommen.

Digitale Nachtsichttechnik wurde erst mit der massiven Weiterentwicklung von bilddarstellenden Sensoren in den vergangenen rund 20 Jahren möglich. Hierbei läuft die bildgebende Funktion folgendermaßen ab: 

1. Über die Objektivlinse trifft das vorhandene Licht (egal ob sichtbar oder Nah-Infrarot) auf einen CCD- oder CMOS-Sensor.

2. Die Oberfläche dieser Sensoren besteht aus Millionen von einzelnen Bildpunkten (Pixel). Je mehr Pixel und je größer die Fläche des Sensors, desto lichtempfindlicher ist er.

3. Jede Lichtinformation wird in ein elektrisches Signal umgewandelt und in einen Prozessor geleitet.

4. Dieser Prozessor verstärkt das Signal hinsichtlich eines notwendigen und technisch möglichen Schwellwerts. Simpel ausgedrückt: Er rechnet die Lichtinformation des einzelnen Pixels heller.

5. Die Informationen aller Pixel werden gebündelt und in einen Mini-Bildschirm geleitet, der auf der Okularseite in das Gerät integriert ist. Auch hier wird ein monochromes Bild angezeigt, allerdings in Graustufen.


Der Vorteil dieser Technik ist, dass hierbei sämtliche Limitierungen, die sich bei analogen Nachtsichtgeräten automatisch ergeben, der Vergangenheit angehören. Wie groß die Verstärkung ist und wie wenig Rauschen das Bild zeigt, hängt nur von den digitalen Komponenten ab und kann durch nachgeschaltete Prozessoren ähnlich nochmals verbessert werden, wie es beispielsweise im Bereich der Fotobearbeitung bei der simplen Aufhellung eines Motivs Usus ist. Günstige Geräte zeigen zwar Bildrauschen, hängen bei Bewegungen auch einige Sekundenbruchteile hinterher, bei hochwertigeren Geräten sind diese Nachteile jedoch verschwunden.

Analoge versus digitale Nachtsichttechnik: Gibt es aus Sicht der Jagd einen Gewinner?

Für den Leser dieser Zeilen stellt sich nun höchstwahrscheinlich die Frage, auf welche Technik er fürs Revier setzen sollte. Hier kommt es im allerhöchsten Maße darauf an, was man auszugeben bereit ist.

Grundsätzlich ist bei heutigem Stand die digitale Nachtsichttechnik bei gleicher Leistungsfähigkeit deutlich günstiger als analoge Geräte. Und sie ist auch so leistungsfähig, dass sie Geräte bis einschließlich Generation 2 problemlos erreicht. Das bedeutet, die Masse aller Jäger, die Nachtsichttechnik vor allem in typischen Beobachtungssituationen im Revier und, wo legal, den Schuss auf jagdübliche Distanzen benötigen, kann schon jetzt auf hochwertige Digitalgeräte setzen.

Doch ähnlich, wie es einstmals auch in der Digitalfotografie aussah, verhält es sich momentan bei der Nachtsicht: Den Leistungsgipfel halten derzeit noch die analogen Geräte – so unerschwinglich sie für Zivilisten auch sein mögen. Da die Entwicklung allerdings so rasend schnell vonstattengeht, wird wohl auch dieser Vorsprung in den nächsten Jahren verlorengehen. Darauf deutet nicht zuletzt die Praxis westlicher Militärs hin: Diese vergibt die Bezeichnung „Generation 4“ ausschließlich für analoge Geräte, die sich zusätzlich auf nachgeschaltete digitale Bildverbesserung stützen.

Dementsprechend scheint auch im Bereich der Nachtsicht der digitale Siegeszug unaufhaltsam und nur noch wenige Jahre vor der Vollendung zu stehen.