Lebensraum-Projekt: Jede Wiese zählt

Lebensraum-Projekt: Jede Wiese zählt

Mit einem ambitionierten Wildwiesen-Projekt will der Landkreis Fürstenfeldbruck auf den Insektenschwund reagieren. Obwohl die Anlage der Flächen erst einmal arbeitsintensiv ist, ist die Resonanz auf dieses Vorhaben unverhofft groß.

Wildwiese
Wildwiese

Vögel zwitschern, Bienen erfüllen mit ihrem Summen die Luft: Diese Erfahrung wird immer rarer. Eine Studie von Wissenschaftlern aus Deutschland, England und den Niederlanden konnte belegen, dass die Gesamtzahl fliegender Insekten seit 1989 um mehr als 75 Prozent abgenommen hat (wir berichteten). Was die Forscher herausfanden, ist vielerorts auch für Laien ganz offensichtlich, die in der Natur Augen und Ohren offenhalten – Insekten und Niederwild schwinden, die Folgen sind alarmierend.

Im „Brucker Land“ (Bayern) hat man sich entschlossen, dem entgegenzuwirken. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, wollen Gemeinden und Pfarrgemeinden mit dem Projekt „Brucker Land blüht auf“ gemeinsam Wildblumenwiesen und Blühstreifen anlegen, um Lebensräume für Insekten zu schaffen. Gestartet wurde das Projekt vom Brucker Forum und Brucker Land, die schon im Herbst vereinbart hatten, mit den Gemeinden im Kreis zusammenzuarbeiten.

Mindestens vier Kommunen müssen sich beteiligen, damit schon in diesem Jahr die ersten Wildwiesen erblühen, so die Vorgabe. Bei der Auftaktveranstaltung zeigte sich bereits ein unverhofft großes Interesse an dem Projekt: Fast 80 Vertreter aus den Kommunen und Gemeinden in Fürstenfeldbruck versammelten sich, um dem Vortrag des Biologen und Naturgartenplaners Reingard Witt zu lauschen. Er erklärte, was es beim Anlegen von Wildwiesen und Blühstreifen zu beachten gilt: So sollte man nur heimische Blumen und Stauden verwenden, die sich selbst erhalten. Viele der Samenmischungen, die man im Laden kaufen kann, enthalten Samen einjähriger, nicht heimischer Pflanzen. Die blühen zwar schön, müssen aber immer wieder neu ausgesät werden. Heimische Pflanzen hingegen bieten Vögeln wertvolles Winter-Futter in Form von Samen, wenn man sie im Herbst nicht mäht.

Im Unterhalt sind die Wildblumenwiesen und Blühstreifen recht anspruchslos und kostengünstig. Je nach Standort müssen sie nur ein- bis dreimal jährlich gemäht werden. Die Anlage der Flächen ist jedoch im ersten Jahr erst einmal arbeitsintensiv und aufwendig. Dafür machte Witt deutlich, dass nicht nur große Wiesen geeignet sind, sondern auch kleine, ungenutzte Flächen auf Kreisverkehren oder Grünstreifen am Straßenrand. Jede noch so kleine Wiese zählt. Und der Aufwand lohnt sich, wie das Beispiel einer bayerischen Gemeinde zeigt: In Haar östlich von München legt Witt schon seit 1997 Blühstreifen an. Dort hat sich inzwischen ein Schwarm von 30 Distelfinken angesiedelt, die sich von den Distelsamen ernähren. Nebenbei liefern die Blüten wichtige Nahrung für Falter.

Margit Pesch vom Brucker Land sagte auf Nachfrage der Süddeutschen, sie sei „völlig platt von der Resonanz.“ Das Thema sei offenbar in den Köpfen angekommen. Von den Blühflächen profitieren letztlich Tier, Natur und Mensch gleichermaßen. Einerseits werten Flächen, auf denen aromatisch duftende und bunt blühende Wiesenkräuter stehen, auch den Lebensraum des Menschen auf, andererseits bieten die Wiesen einen wichtigen Lebensraum und Nahrung für Niederwild oder Bestäuber-Insekten, die eine entscheidende Rolle in der Natur spielen.

Das Projekt im Brucker Land zeigt, dass auch Vorhaben, die klein anfangen, einen großen Unterschied beim Thema Artenschutz machen können. Weitere bemerkenswerte Artenschutz- und Lebensraumprojekte gibt’s hier zum Nachlesen:

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