Kinder retten Rehkitze
In Saterland (Niedersachsen) helfen derzeit zahlreiche Kindergartenkinder den ansässigen Hegeringen bei der Rehkitzrettung im Vorfeld der Wiesenmahd. „Kids for Kitz“ heißt das engagierte Projekt, für das die Kinder bisher 450 Wildscheuchen gebastelt und teilweise selbst in den 17 Revieren aufgestellt haben. Saterland steht beispielhaft für viele weitere Regionen im gesamten Bundesgebiet. Entstanden ist die Idee durch eine Privatinitiative vom bayerischen Untermain. Zahlreiche Hegeringe führen aktuell gemeinsam mit Kindergärten ähnliche Aktionen unter dem gleichen Motto durch. Die Wildscheuchen sollen die Wildtiere vor der jetzt anstehenden Wiesenmahd vertreiben und sie so vor dem Mähtod bewahren. Outfox-World hat mit Daniela Schütte vom Hegering Ramsloh gesprochen, die das Projekt „Kids for Kitz“ in ihrem Hegering angestoßen hat.
Wie ist die Idee für die Aktion „Kids for Kitz“ entstanden?
Der Grundgedanke entstand im vergangenen Sommer beim Absuchen der Wiesen nach Kitzen. Irgendwie waren oft zu wenig der hier viel eingesetzten Wildscheuchen, also Stöcken mit Flatterbändern oder Plastiktüten, vorhanden.
Da meine Kinder, beide im Kindergarten, sehr interessiert und vor allem von den kleinen Kitzen fasziniert waren, kam ich auf den Gedanken, das Interesse der Kinder mit dem Mangel an Wildscheuchen zu verbinden. Dieser Gedanke ließ mich nicht wieder los und so entstand nach und nach die Idee, eine Zusammenarbeit der Hegeringe mit den Kindergärten zu organisieren und das Herstellen der Wildscheuchen mit einer kleinen „Lehrstunde“ in Sachen Wildkunde für die Kinder zu verbinden.
Wie kam die Kooperation mit den Hegeringen zustande?
Da ich selbst Mitglied in zwei von drei Hegeringen der Gemeinde Saterland sowie im Vorstand des Hegeringes Ramsloh bin, habe ich direkt den Kontakt zu den Hegeringsvorsitzenden gesucht und ihnen von dem bestehenden Projekt erzählt.
Nachdem ich von deren Seite sofort Zuspruch erhielt, habe ich mit den Leiterinnen der Kindergärten gesprochen, um zu erfahren, ob dort überhaupt Interesse an so einer Zusammenarbeit besteht. Diese waren ausnahmslos begeistert und so entstand das Projekt „Kids for Kitz“ bei uns im Hegering.
Wie lief das Projekt ab?
Als erstes musste das Material besorgt werden – knapp 450 Bambusstecken und somit 25 Stück für jedes Revier, die anschließend auf die Kindergärten verteilt wurden. Die Kosten hierfür wurden zum Teil von den Hegeringen oder von den jeweiligen Revierpächtern getragen. Dann haben die Kinder Streifen, unter anderem aus bunten Plastiktüten und Flatterbändern, an die einzelnen Stöcke angebracht – und das mit großem Eifer und viel Freude!
In der Zwischenzeit wurde bei den Revierpächtern angefragt, wer Lust und Zeit hätte, mit den Kindern mal eine Wiese abzusuchen, damit diese auch direkt sehen und verstehen, wozu sie die „Tütenstöcke“ gebastelt haben. Da alle angesprochenen Revierinhaber diese Aktion befürworten, konnten jedem Kindergarten Termine unter fachkundiger Anleitung der Jäger angeboten werden. Dabei sollten sie auch die Gelegenheit bekommen, ihre selbstgebastelten Wildscheuchen aufzustellen.
Leider konnten nicht alle Kindergärten die Termine wahrnehmen. Alternativ haben wir daher kurzfristig die „Rollende Waldschule“ der Jägerschaft Cloppenburg geholt, und damit einen Kindergarten während seiner „Waldwoche“ besucht.
Wie waren die Reaktionen der Kinder?
Die Kinder waren alle total begeistert, haben viel gefragt und auch viel davon zu Hause erzählt, wie mir einige Eltern mitteilten.
Wie groß sind die Erfolge durch die Aufstellung der Flatterbänder?
Es funktioniert sehr gut. Das Wichtigste ist natürlich, dass die Landwirte frühzeitig Bescheid geben, wann wo gemäht wird. Meistens wird am Abend vor der Mahd die Wiese abgesucht und Kitze, Gelege et cetera werden gegebenenfalls umgesetzt und die Wildscheuchen auf der Fläche verteilt.
Erfahrungsgemäß hält das die Rehe für etwa zwei Tage von der Wiese fern. Die Stöcke werden dann meistens am nächsten Tag – direkt vor der Mahd – wieder eingesammelt.
Wie begleiten die Kindergärten das Projekt weiterhin? Sind weitere Aktionen mit dem Hegering geplant?
Zum einen durften und dürfen die Kinder die Jäger begleiten, um den Sinn der selbst gebastelten Wildscheuen zu begreifen. Das geht nun mal am besten, wenn die Kinder es selber sehen und auch mithelfen können.
Da nicht alle Kindergärten Zeit hatten und auch nicht immer alle Kinder mitkommen konnten, werde ich für jeden Kindergarten noch eine Art Collage mit Fotos der eingesetzten Stöcke, der gefundenen Kitze und Gelege sowie vielen weiteren Informationen dazu anfertigen. Diese können dann in den Kindergärten ausgestellt werden, damit die Kinder und auch die Eltern sich das Projekt nochmal in Ruhe anschauen können.
In den einzelnen Hegeringen werden außerdem immer mal wieder verschiedene Aktionen angeboten, beispielsweise werden die Kindergärten und Grundschulen mit der „Rollenden Waldschule“ besucht und informiert oder Aktivitäten über die Ferienpassaktionen angeboten.
Warum ist es Ihrer Ansicht nach so wichtig, schon die ganz Kleinen für das Thema zu sensibilisieren?
Ich finde es immer wieder erschreckend, zu sehen und zu hören, wie naturfremd viele Kinder sind. Es mag hier auf dem Land nicht so extrem sein wie in der Stadt, aber auch hier bei uns fällt doch auf, dass Kindern häufig schon die Grundkenntnisse der Abläufe in der Natur fehlen. Selbst alltägliche, häufig vorkommende Tierarten aus Feld, Wald und Garten können nicht benannt und auseinandergehalten werden.
Aber auch den Erwachsenen fehlt häufig das Verständnis für die Natur und Tierwelt. Daraus entsteht leider nur zu oft dann auch eine falsche, auf Unkenntnis basierende Meinung über die Jagd und Jäger.
Ich halte es für wichtig, dass die Kinder nicht nur unsere heimischen Tiere kennen, sondern auch frühzeitig sensibilisiert werden für Tier-, Natur- und Umweltschutz. Die Kinder sind unsere Zukunft und die Zukunft unserer Umwelt.