„Jeder Jäger ist ein Botschafter“

„Jeder Jäger ist ein Botschafter“ 

„Wir machen unsere Arbeit so transparent wie möglich“

Deutschlands oberster Jäger ist ein Fischer. Sein Vorname: Hartwig. 2011 wurde der langjährige niedersächsische Bundestagsabgeordnete zum Präsidenten des Deutschen Jagdverbandes (DJV) gewählt. Während seiner Amtszeit wurden unter anderem die Jagdgesetze in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen novelliert – mal grün-rot, mal rot-grün und keinesfalls im wirklich waidmännischen Sinne. Wie der 67-jährige Verbandschef den Begriff Jagd definiert und welche Herausforderungen für den DJV er ausmacht, verdeutlicht er im ersten Part des zweiteiligen Interviews mit Outfox-World.

Hartwig Fischer
Hartwig Fischer

Die Jagd befindet sich an der Schnittstelle zwischen einer Jahrhunderte alten Tradition und der Zukunft einer offenen und transparenten Gesellschaft mit grundlegend veränderten Werten. Was ist für Sie die Definition des Begriffs Jagd?

Hartwig Fischer: Jagd ist angewandter Naturschutz. Im Dialog mit anderen Naturnutzern wie Landwirten, Waldbesitzern oder Imkern gestalten Jäger die Kulturlandschaft mit. Zwei Aspekte sind die Vermeidung von Wildschäden und die Prävention von Seuchen. Ein weiterer Aspekt ist sicherlich angewandter Naturschutz mit jagdlichen Mitteln, gerade in Hinblick auf eingeschleppte Fleischfresser wie den Waschbär. Nicht zu vergessen ist Wildfleisch als gesundes, beliebtes Lebensmittel. Ohne Tradition verleugnen zu müssen, sind Jäger mit ihrem Aufgabenspektrum in der Gesellschaft prinzipiell anerkannt. In Zeiten von Internet und ganz besonders sozialen Medien ist jeder einzelne Jäger tagtäglich ein Botschafter seines Handwerks – ob er nun will oder nicht. Respekt und Dialogbereitschaft sind im Umgang mit Radfahrern, Reitern oder Geocachern im Revier genauso wichtig wie in den digitalen Welten.

Warum gehen Sie zur Jagd und was möchten Sie als Präsident der Jäger erreichen?

Hartwig Fischer: Mir geht es primär um das intensive individuelle Naturerlebnis. Und natürlich auch um das Beutemachen, denn Wildbret ist einfach lecker. Als DJV-Präsident will ich die Akzeptanz der Jagd in der Öffentlichkeit weiter steigern. Wir Jäger kommen aus der Mitte der Gesellschaft, aus allen Berufsgruppen – das zeigt unsere aktuelle Mitgliederbefragung, die wir auf dem Bundesjägertag vorgestellt haben. Anknüpfungspunkte sind also da, wir müssen sie nur nutzen. Ältere Umfragen zeigen: Wer Kontakt hat mit Jägern, denkt über die Jagd deutlich positiver. Deshalb ist die Aktion „Gemeinsam Jagd erleben“, bei der Jäger Gäste mitnehmen, so wichtig. Jeder Jäger ist ein Botschafter der Jagd – nutzen wir die Chance.

Wie bündelt ein Verband wie der DJV die Interessen seiner von Individualität geprägten Klientel?

Hartwig Fischer: Wir machen unsere Arbeit so transparent wie möglich, um Verständnis zu fördern und auch Anreize für die Mitarbeit zu geben. Wir beteiligen die Mitglieder, wenn es um die Erarbeitung von Inhalten geht und nutzen moderne Kommunikationsformen: Wir übertragen Fachveranstaltungen per Live-Stream, laden ein zum Chat mit Präsidiumsmitgliedern oder berichten mit tagesaktuellen Fotostrecken und Videos in den sozialen Medien. Diese haben auch den Vorteil, dass wir in den direkten Dialog mit Verbandsmitgliedern treten können. So sind wir ganz nah dran an deren Wünschen und Interessen. Für die 2013 verabschiedete „Grundsatzposition Jagd“ beispielsweise hatten alle Kreisjägerschaften Gelegenheit, Änderungsanträge einzureichen. Viele der über 140 Anträge wurden in die Standortbestimmung eingearbeitet. Auf dem Bundesjägertag in Wolfsburg haben wir ein Arbeitspapier für eine Grundsatzposition Jagd vorgestellt, das dann auch wieder in den Mitgliedsorganisationen diskutiert wird und 2017 verabschiedet werden soll.

Was sind für den Verband aktuell die größten Herausforderungen?

Hartwig Fischer: Unsere große Herausforderung ist es, auch den Politikern deutlich zu vermitteln, dass Jagd in der Bevölkerung ein hohes Ansehen genießt. Und dass eine so wichtige gesellschaftliche Aufgabe wie die Jagd keineswegs der Klientelpolitik geopfert werden darf. Wir erleben leider allzu oft, dass unsere Arbeit als Jäger draußen zwar gelobt und wertgeschätzt wird,  jedoch trotzdem bei Koalitionsverhandlungen von Politikern als Spielball dient.

Wie DJV-Präsident Hartwig Fischer zur Novellierung des Bundesjagdgesetzes steht und wie er die Haltung der Politik gegenüber der Jägerschaft bewertet, lesen Sie im zweiten Teil des großen Outfox-World-Interviews.

Hartwig Fischer