Jagdrechtlicher Blick über den Tellerrand

Jagdrechtlicher Blick über den Tellerrand

Jagdgesetz ist nicht gleich Jagdgesetz – in Österreich und in der Schweiz ist der staatliche Umgang mit Wild, Natur, Jagd und Jägern mitunter anders geregelt als in Deutschland.

Bergpanorama
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Ein frischer Blick auf die Jagdpolitik in Deutschland ermöglicht eine Auseinandersetzung mit der Politik der Nachbarn. Wie halten’s die Österreicher und Schweizer mit dem Jagdrecht?

Nicht nur Deutschland diskutiert Änderungen des Jagdrechts auf Bundes- und Länderebene. Auch in Österreich und der Schweiz sind Gesetzesänderungen ein aktuelles Thema. Da lohnt ein Blick über den Tellerrand. Vielleicht lässt sich ja etwas lernen über den staatlichen Umgang mit Wild, Natur, Jagd und Jägern.

Gesetzeslage in Österreich

Wie bei uns gilt auch in Österreich das Prinzip der Revierjagd, die das Jagdrecht an den Besitz von Grund und Boden knüpft. Allerdings werden Jagdgesetze auf Landesebene beschlossen, sodass es neun verschiedene Jagdgesetze gibt, die sich allerdings weitgehend gleichen. Lediglich einige Themenbereiche, die mit der Jagd in Beziehung stehen – wie das Waffen- oder das Tierschutzgesetz –, sind bundesweit geregelt.

Im Burgenland hat Landesrätin Verena Dunst vor einem Monat den Entwurf eines neuen Landesjagdgesetzes vorgelegt. Ein Expertengremium aus Vertretern von Forst, Landwirtschaft, Jagd und Grundeigentümern hat ihn erarbeitet. Demnach sollen ab Beginn kommenden Jahres keine neuen Jagdgatter mehr genehmigt werden. Niederösterreich hat bereits im vergangenen Jahr ähnlich entschieden. Bislang ist im Burgenland erlaubt, Wild auch zur Jagd in Gehegen zu halten. Tierschützer protestieren deshalb immer wieder gegen die acht genehmigten Gatter. Außerdem sollen Landwirte künftig bei Wildschäden eine Eigenbeteiligung von zehn Prozent tragen müssen. Zwar wurde im neuen Gesetzesentwurf die Zahl der Paragrafen um ein Viertel auf 143 reduziert und eine Entbürokratisierung des Gesetzes als Ziel formuliert, doch der Landesjagdverband glaubt an das Gegenteil und kritisiert eine falsche Marschrichtung, fehlende Absprachen mit der Jäger-Interessenvertretung und eine mögliche Verfassungswidrigkeit.

Bereits seit Jahren wird in Kärnten über ein neues Jagdgesetz debattiert. Dabei fordern die Grünen die Aufnahme einer Zielbestimmung zum Schutz vor waldgefährdenden Wildschäden, die Erstellung von Abschussplänen auf Basis eines Wildeinfluss-Monitorings sowie den schrittweisen Ausstieg aus der Verwendung von Bleimunition. Die bestehende Verpflichtung, Wild im Winter zu füttern, soll in eine Kann-Bestimmung umgewandelt werden. Nach der ersten entsprechenden Klage wird nun auch in Kärnten diskutiert, ob ein Grundbesitzer aus ethischen Gründen die Jagd auf seinen Flächen verbieten darf.

Bereits vor einem Jahr hat Tirol sein Jagdgesetz novelliert. Nun sind kleinere Eigenjagden als zuvor erlaubt und höhere Abschussquoten vorgeschrieben. Bei deren Festsetzung wird der Ist-Zustand des Jungwaldes berücksichtigt. Außerdem sind die Zeiten der Wildfütterung beschränkt worden. Bei schweren Verbissschäden am Wald kann laut Gesetz die Fütterung gänzlich unterbunden werden. Künftig solle es durch die Novelle zum Jagdgesetz ein Miteinander von Jagd und Forst geben, wünscht sich die Politik. Der enorme Protest der Jäger hatte sich vorrangig gegen die Absicht gerichtet, mit zweifelhaften Methoden den Rotwildbestand um ein Drittel auf 20.000 Stück zu verringern.

In einer im Juli verabschiedeten Novelle hat der Landtag Steiermark das Auswildern von Fasanen und Rebhühnern zu reinen Jagdzwecken verboten. Es soll vor allem witterungs- und beutegreiferbedingte Ausfälle kompensieren. Voraussetzung ist, dass im jeweiligen Revier ein entsprechender Lebensraum mit einem Feldhuhnbesatz vorhanden ist. Darüber hinaus wird das Auswildern in Volieren verboten – stattdessen werden mindestens 500 Quadratmeter große Auswilderungsbiotope vorgeschrieben – und die Zahl der auszuwildernden Fasane und Rebhühner der Festlegung und genauen Kontrolle der Bezirksjägermeister unterstellt.

Und so läuft das in der Schweiz

In der Schweiz besteht das Jagdrecht einerseits aus einem Bundesgesetz und andererseits aus den Jagdgesetzen der einzelnen Kantone. Ersteres regelt im Wesentlichen die Festlegung der jagdbaren Arten und der Schonzeiten sowie die Ausscheidung von eidgenössischen Jagdbanngebieten (Schutzzonen). Alles andere ist kantonale Zuständigkeit. Das soll gewährleisten, dass beim Jagdbetrieb auf die regionalen Eigenheiten Rücksicht genommen wird, also auf vorkommende Wildarten, Lebensräume, Probleme und Traditionen.

Dabei steht das Jagdrecht grundsätzlich dem Staat zu. Das hat in der Schweiz zu drei verschiedenen Systemen geführt: Die deutschsprachigen, mehrheitlich im Mittelland gelegenen Kantone üben die Revierjagd aus und verpachten Einzelreviere an Jagdgesellschaften. In den meisten anderen Kantonen gilt die Patentjagd. Dort kann jeder Jäger mit einem staatlichen, gebührenpflichtigen Jagdpatent im ganzen Kantonsgebiet mit Ausnahme der Jagdbanngebiete jagen. Dabei ist festgelegt, welche und wie viele Tiere er während der kurzen Jagdzeit erlegen darf. Als einziger Kanton praktiziert Genf die Verwaltungsjagd (Regiejagd), die Privatpersonen von der Jagd ausschließt. Einzig staatlich besoldete Bedienstete stellen dem Wild nach.


Im Spannungsfeld der Zuständigkeiten von Bund und Kantonen steht die geplante Änderung des Jagdgesetzes, für die der Bundesrat am 24. August die sogenannte Vernehmlassung eröffnet hat. Bis 30. November können nun die Kantone, politische Parteien, Verbände und weitere Interessenten ihre Stellungnahmen abgeben. JagdSchweiz, der Dachverband der eidgenössischen Waidmänner und -frauen hat inzwischen einen entsprechenden Entwurf veröffentlicht. Darin stimmt er ausdrücklich zu, dass künftig regulierende Eingriffe in Bestände – nicht nur des Wolfes (wir berichteten), sondern auch anderer konfliktträchtiger geschützter Arten – möglich werden, wenn trotz zumutbarer Präventionsmaßnahmen das Entstehen eines Schadens oder die konkrete Gefährdung von Menschen drohen. Der Verband versteht darunter auch Höckerschwan, Luchs und Biber. Auch die geplanten inhaltlich vereinheitlichten kantonalen Jagdprüfungen sowie deren gegenseitige Anerkennung sind ganz im Sinne der Jäger. Und die Neuausrichtung der Jagdbanngebiete zu Wildschutzgebieten wird befürwortet, wenn dadurch die Jagd nicht zunehmend beschränkt, sondern primär die Freizeitnutzung dieser Gebiete besser gesteuert werden kann.

Neu sollen im Gesetz die Moorente, das Rebhuhn und der Haubentaucher geschützt, die Saatkrähen hingegen als jagdbar erklärt werden. Auf keine Gegenliebe der Revierpraktiker stößt die Absicht, die Schonzeit für das Schwarzwild am 1. März beginnen zu lassen und damit um einen Monat zu verkürzen. Auch der Umgang mit nicht einheimischen Arten soll neu geregelt werden. So ist geplant, dass zum Beispiel Damhirsch, Sika und Mufflon, denen bislang eine Schonzeit eingeräumt wurde, künftig zur Bekämpfung invasiver gebietsfremder Arten ganzjährig jagdbar sind.

Mit einer „Totalrevision“ seines Jagdrechts hat der Kanton Solothurn bereits auf die geplanten Änderungen auf Bundesebene reagiert. Besonders auffällig ist die Reduzierung des Beitrags von Jägerinnen und Jägern an Wildschäden von bisher 50 auf 35 Prozent. Diese Zahlungen sollen zudem nicht höher sein als der jährliche Mindestpachtzins ihres Jagdreviers. Im Gegenzug erhält der Kanton griffige Instrumente, um bei untragbaren Wildschäden eine effiziente Bejagung des verursachenden Wildes zu fördern.

Insgesamt soll das Solothurner Gesetz ausdrücklich dafür sorgen, dass „die Jagdausübung langfristig attraktiv bleibt und in Zukunft genügend Nachwuchsjägerinnen und -jäger gefunden werden können“. Dazu beitragen soll die Möglichkeit, dass Jagdvereine ihre Aufwendungen bei Wildunfällen im Straßenverkehr den Verursachern in Rechnung stellen können. Bemerkenswert ist außerdem folgende Aussage: „Neu wird die Entschädigung beim Vorkommen von Großraubtieren geregelt. Durch die Präsenz von Großraubtieren kann der Wildbestand in einem Jagdrevier stark abnehmen, was zu einer massiven Senkung der Erträge aus dem Verkauf von erlegten Wildtieren führen kann. Als Kompensation für den finanziellen „Verlust“, den Jagdvereine dadurch erleiden, entschädigt der Kanton die betroffenen Jagdvereine.“