Jagdführung: Zweckbündnis für begrenzte Zeit (I)

Jagdführung: Zweckbündnis für begrenzte Zeit (I)

Hochsitz
Hochsitz

Nachdem gut zwei Monate lang weitgehende Ruhe in Wald und Feld geherrscht hat, beginnt am 1. Mai wieder die Jagdzeit. Geschossen werden dürfen Rehböcke und Schmalrehe, in etlichen Bundesländern auch Schmalspießer und Schmaltiere von Rot- und Damwild. Wer aber auf Ansitz oder Pirsch gehen möchte und kein eigenes Revier hat, muss von Freunden oder Bekannten eingeladen werden oder kommerzielle Angebote nutzen. Spätestens dann wird er in aller Regel von einem Jagdführer begleitet. Auch viele Jungjäger erlegen ihre ersten Stücke Schalenwild unter Anleitung. Mal ist es der Lehrprinz, der den Eleven zu Schuss bringt, mal begleitet der Vater den Sohn oder die Tochter.

Spießer
Spießer

Die Absicht, mit der das geschieht, ist stets die gleiche: Ein möglichst schneller Erfolg der Jagd ohne große Beunruhigung des Reviers soll sichergestellt werden – und außerdem, dass am Ende auch wirklich das richtige Stück zur Strecke gelegt wird, also nicht etwa Ricke statt Schmalreh oder junger Zukunftshirsch statt Spießer. Die mangelnde Erfahrung und Sicherheit beim Ansprechen des Wildes kann also ebenso ein Grund für die Jagdführung sein wie fehlende Revierkenntnisse des Gastes. Schließlich soll der Gast im richtigen Revier jagen und nicht beim Nachbarn. Insofern beginnt die Jagdführung schon mit der Einweisung in die örtlichen Gegebenheiten und reicht über das Anstellen des Schützen bei einer Drückjagd bis zur Schussfreigabe.

Mancher Gast empfindet die Begleitung als hilfreiche Unterstützung, mancher als unangemessene Kontrolle. Der eine Jagdführer erlebt den Gast als dankbaren Genießer, der andere den nächsten Schützen als besserwisserischen Schnösel. In jedem Fall treffen Menschen aufeinander mit unterschiedlichsten Eigenschaften, Vorlieben und Charakteren:

Typologie der Jagdführer

Das Spektrum der Jagdführer umfasst sowohl den engagierten und versierten Freizeitjäger, den Berufsjäger oder Forstbeamten in heimischen Revieren als auch den Professional Hunter bei Auslandsjagden in Afrika. Es gibt also auch unter den Jagdführern solche und solche:

Der Eilige will schnell ans Ziel. Der Gast soll also möglichst umgehend seinen Abschuss tätigen und wieder verschwinden. Bei der Pirsch nimmt der Eilige nur die notwendigste Rücksicht auf die körperliche Verfassung seines Gastes. Alles muss möglichst schnell gehen.

Der Phlegmatische lässt am liebsten den Jäger allein im Revier umherlaufen, oft genug nur unzureichend über die Grenzen und Orte mit den besten Erfolgschancen aufgeklärt. Die Sicht von Kanzeln und Leitern, auf die er den Waidmann oder die Waidfrau schickt, ist immer mal wieder nicht völlig frei geschnitten, sodass Äste und Strauchwerk die Sicht und das Schussfeld beschränken. Das Gegenteil ist der Pedant, der mit seinem Hang zum Perfektionismus nichts dem Zufall überlässt.

So richtig traut der Kontrolleur seinem Gast nicht. Am deutlichsten wird das, wenn´s ernst wird. Noch bevor der Gast den Schießfinger gekrümmt hat, ist auch der Kontrolleur im Anschlag. Und macht das beschossene Stück auch nur noch wenige Gänge, reißt er ebenfalls Funken, um die Beute an den Fleck zu bannen. Beim Gast hinterlässt dieses gesamte Gebaren oft ein mulmiges Gefühl und die Freude an der Erlegung ist erheblich getrübt.