Hochsitze – wo und wie viele?

Hochsitze – wo und wie viele? 

Burkhard Stöcker beschäftigt sich heute mit der Frage, wie viele und welche jagdlichen Einrichtungen in ein Revier gehören. Morgen, in der Fortsetzung, wird es um die richtige Wahl der Stellplätze gehen.

Allein hier auf diesem Bild lassen sich fünf Hochsitze erkennen (Symbolbild: Michael Kauer)
Allein hier auf diesem Bild lassen sich fünf Hochsitze erkennen (Symbolbild: Michael Kauer)

Wandert man als Jäger durch europäische Lande prüft man zwangsläufig allerorten die Revierqualität. Für mich ist das inzwischen ein beliebtes Spielchen geworden. Allerorten mache ich mir vor allem Gedanken zu den Wahlplätzen der Hochsitze: Passt es hier oder wäre es dort vielleicht besser? Vor allem, aber kommt immer wieder die Frage: warum steht hier denn keiner?

Wanderungen durch heimische Reviere mit dem „selektiven Hochsitzblick“ bringen vor allem ein Ergebnis: Hochsitze gibt es an Wiesen, Kahlschlägen, großen Lichtungen und Wildäckern. Wenn einem jedoch nicht gerade diese vier „typischen Hochsitzplätzchen“ begegnen, läuft man manchmal stundenlang durch hochsitzfreie Waldreviere. Nicht das ich etwas dagegen hätte jungfräuliche Wälder zu durchwandern – im Gegenteil. Nichts schöner, als nicht ständig daran erinnert zu werden, dass auch hier schon die Hockerei innerhalb der Jägerschaft die Oberhand gewonnen hat. Und ich möchte hier auch keinesfalls einem neuen „Hochsitzbaubauboom“ in unseren Wäldern das Wort reden – wenn ein Revier auch gänzlich ohne jagdliche Einrichtung solide bejagt wird, umso besser! Aber das Revier (vielleicht mit Ausnahme des Hochgebirges…) möchte ich sehen, in dem stramm gejagt wird, ohne dass sich jagdliche Einrichtungen finden.

Ich stelle mir doch als Jäger fast immer und überall die Frage nach der jagdlichen Ergiebigkeit und Nutzungsfähigkeit eines Revieres – kennen Sie ihre Hochsitzdichte? Wissen Sie, wieviel ihrer jagdlichen Fläche sie eigentlich mit ihren jagdlichen Einrichtungen erreichen? Gibt es Einstände die ungewollt völlig unbejagt bleiben – haben sie in ihrem Revier alle Möglichkeiten ausgeschöpft?

„Das Wild muss auch noch Rückzugsgebiete haben“ bekommt man häufig als Antwort, wenn man über eine nur mäßige Bejagung oder eine nur schwach ausgestattete Revierinfrastruktur spricht. Es ist natürlich nichts dagegen einzuwenden im Revier Wildruhezonen zu belassen, in denen das ganze Jahr über kein Schuss fällt und das Wild Ruhe haben soll und darf.

Prinzipiell will ich aber als Jäger den Wildbestand in meinem Revier nachhaltig und optimal nutzen. Weil ich als Jäger viele Jagderlebnisse verbuchen will, weil ich viel Wildbret ernten möchte und natürlich auch weil ich im Rahmen meiner jagdlichen Möglichkeiten den vielerorts stattfindenden Waldumbau von Nadel- zu mehr Laubholz unterstützen will. Es gibt kaum eine nachhaltigere, größere Revieraufwertung als den Umbau schnöder Nadelreinbestände in vitale Mischwälder! 

Gründe genug also, um sich intensiv Gedanken zu machen mein Revier auch in Bezug auf die Infrastruktur der jagdlichen Einrichtungen zu optimieren. Gegen ständige Wildruhezonen oder auch eine zeitlich begrenzte jagdliche Enthaltsamkeit spricht aber wie schon gesagt nichts und ich möchte hier wahrlich nicht den Eindruck erwecken ich würde dem Wild nicht ausreichend Ruhe gönnen!

Zahl und Wahl

Gehen wir einmal davon aus wir haben Sicht und Schussfeld im Umkreis von 100 Metern um unsere jagdlichen Einrichtungen (im Folgenden kurz JE genannt), was wohl schon mal auf einen Gutteil unserer JE kaum zutreffen dürfte.

Aber verfolgen wir einmal weiter dieses Rechenexempel. Wir bestreichen damit im Optimalfall also einen Kreis von maximal 200m Durchmesser – das sind nicht einmal vier ha. Gehen wir jetzt einmal von einer theoretischen „Optimaldichte“ von einer jagdlichen Einrichtung pro 10ha (Flächenbestreichung mit Hochsitzen von 1/10 = 1 Hochsitz pro 10ha Revierfläche) aus so bestreichen wir mit einer Einrichtung pro 10ha nicht einmal vierzig Prozent der Revierfläche – sechzig Prozent der Fläche bleiben unbejagt!

Übertragen sie dieses, zugegeben theoretische Beispiel, auf Ihr Revier und berechnen sie einmal den theoretischen Wert ihrer „Flächenbestreichung mit Hochsitzen“! Liegen Sie schon bei einem Wert von 1/10? Dann bleiben immer noch theoretisch 60% ihres Revieres unbejagt! Sollte ihre Hochsitzdichte unter dem Wert 1/10 liegen bspw. bei 1/20, bejagen sie von ihren jagdlichen Einrichtungen aus 20% ihres Revieres.

Natürlich lässt sich kaum so etwas wie eine „prinzipielle Optimaldichte“ bei JE angeben. Auch hier gilt natürlich das auch in der Forstwirtschaft so sehr geschätzte „Gesetz des Örtlichen“. Dies besagt prinzipiell nichts anderes, als dass jeder Standort nach dem ihm eigenen Gesetzen ein spezifisch auf ihn abgestimmtes Vorgehen braucht. So ist es natürlich auch in unseren Revieren in Bezug auf die Infrastruktur unserer JE! Was in dem einen Revier als ausreichend gelten mag kann schon im nächsten deutlich zu wenig oder auch zu viel sein – jedes Revier nach seinen Bedürfnissen und Potentialen!

Und nicht nur bei der Wahl der Zahl oder des Platzes gilt das Gesetz des Örtlichen – noch mehr vielleicht bei der Art der jagdlichen Einrichtung. Vor allem die Diskussion hohe oder niedrigere jagdliche Einrichtungen bewegt immer die Gemüter – alles andere ist meistens eher eine Frage luxuriöser oder eher asketischer Vorlieben, als jagdlicher Notwendigkeiten. Als Grundsatz sollte in unseren Wäldern gelten: je unauffälliger, niedriger und einfacher desto besser. Mit den Feinheiten der Außen- und Innenausstattung dürfen sich gerne weiterhin Baumarktfreunde, Heimwerker und Zubehörfanatiker beschäftigen – das ist Geschmackssache und hier nicht weiter von Belang.

Kommt es doch auf die Höhe an?

Für die höhere jagdliche Einrichtung sprechen zwei Dinge. Erstens: Man befindet sich außerhalb des Bodenwindes. Das ist sicherlich erst einmal positiv zu werten, muss allerdings garnichts heißen. Viele Einrichtungen an Bestandesrändern liegen in Bezug auf die Äsungfläche genauso im Wind, da der Wind am Bestandesrand abfällt und so die Witterung aus der Höhe in die Tiefe getragen werden kann, oder die Witterung wird an Bestandesrändern durch aufsteigende oder absteigende Winde so durcheinandergewirbelt, dass auch die Witterung aus der Höhe in Bodennähe getragen wird.

Zweitens: Sicherheit. Je höher die Einrichtung, desto eher habe ich sowohl auf geringe als auch auf große Entfernung einen Kugelfang. In einem so dichtbesiedelten Land mit immer mehr zunehmenden Outdooraktivitäten kein zu unterschätzendes Argument!

Wenn ich mir allerdings einmal die Unfallstatistik bei der Jagd anschaue, fällt mir nicht einmal ein Beispiel ein, bei der ein Unfall hätte verhindert werden können, weil die jagdliche Einrichtung zu niedrig war – wenn ich keinen Kugelfang habe, schieße ich nicht. Punkt. Ausrufezeichen! Baufällige Hochsitze, durchbrochene Leitersprossen, eingeschlagene Blitze oder unsichere Waffenhandhabung auf schwankendem Leiter- oder Kanzelterrain sind da eher Stichpunkte, die mir einfallen.

Natürlich hat auch jeder Revierinhaber seine persönliche Hochsitzstrategie, die auch sehr häufig viel vom Beständer durchscheinen lässt: da gibt es Reviere mit „turmhohen Edelkanzeln“ an jeder Ecke und solche eher spärlich bestückt mit ausschließlich unauffälligen Leitern. Und natürlich solche mit den berühmten „landschaftsangepassten Spezialkonstruktionen“ – da werden sämtliche wiederverwertbare Materialien der industriellen Neuzeit für den Hochsitzbau verwendet – was sonst in den Müll gewandert wäre… – die als Hochsitz getarnte „Sondermülldeponie“!

Ein Beitrag von Burkhard Stöcker für unseren Premiumpartner, die Stiftung Wald und Wild in Mecklenburg-Vorpommern.

Logo der Stiftung Wald und Wild in Mecklenburg-Vorpommern
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