Die Liebe zum Wein teilen Mensch und Tier

Die Liebe zum Wein teilen Mensch und Tier

Neef an der Mosel
Neef an der Mosel

Die Moselregion ist ein Touristenmagnet und Ursprung der zum Teil besten Weine Deutschlands. Der Riesling begeistert Genießer auf der ganzen Welt. Um ihn in den Steillagen herzustellen, ist viel Wissen und vor allem harte Arbeit gefragt. Trauben und Reben sind allerdings auch bei Wildtieren äußerst beliebt und das macht den Winzern zu schaffen. Jedes Jahr stehen sie daher vor einer riesigen Herausforderung: Sie müssen die Weinberge vor Wildschweinen, Rehen und Muffelwild schützen.

Elektrozäune sollen Wildtiere vom Weinberg fernhalten.
Elektrozäune sollen Wildtiere vom Weinberg fernhalten.

Hans-Peter Amlinger ist einer der größten Winzer an der Terassenmosel. Sein Weingut „Amlinger und Sohn“ in Neef ist gut 130 Jahre alt, die Tradition des Weinanbaus in der Familie geht sogar bis ins 15. Jahrhundert zurück. Wenn er nicht im Weinberg arbeitet, Touristen durch den Keller führt oder launige Weinproben abhält, ist er als Vorsitzender der Jagdgenossenschaft Neef zuständig für Abschusspläne, Wildschäden und die Organisation von Drück- und Treibjagden.

Diese sind an der Mosel vor allem wichtig, um die Schäden an den Weinbergen zu reduzieren. Denn auch Wildtiere lieben den Wein. „Das Rehwild frisst im Frühjahr die jungen Triebe und im Herbst die reifen Trauben. Das Schwarzwild lässt sich nur die reifen Trauben schmecken“, sagt Amlinger. Neben der Jagd setzen die Winzer der Region vor allem auf elektronische Schutzzäune. Wer einmal durch die Weinberge spaziert, sieht sie überall. „Wenn wir uns damit nicht schützen würden, lägen die Schäden mindestens bei 30 bis 40.000 Euro pro Jahr.“ Aber auch die Schutzzäune halten die Tiere nicht immer ab und sie sind sehr arbeitsintensiv. Ein Kontakt mit dem Boden und der Strom ist weg. Deshalb muss das Gras rund um die Zäune fast wöchentlich geschnitten werden.

Die „Kamikaze-Bache“ macht den Weg in den Weinberg frei

Fast schon mit Bewunderung spricht Hans-Peter Amlinger von der Schlauheit der Wildschweine. „Die Tiere lernen unglaublich schnell dazu und lassen sich immer wieder etwas Neues einfallen. Wir haben schon beobachtet, dass die Bache wie ein ‚Kamikaze-Krieger‘ in den Elektrozaun rennt. Sobald der dann den Boden berührt ist der Strom weg und die Rotte kann unbeschadet in den Weinberg laufen.“ Aber auch den Drückjagden gehen einige Tiere geschickt aus dem Weg. „Bei einer Treibjagd ist es vorgekommen, dass es einer Rotte Schwarzwild zu laut und ungemütlich wurde. Sie ist dann kurzerhand bei unserer Weinlage Frauenberg in die Mosel geflüchtet, auf die andere Seite geschwommen und ohne Hast im Bremmer Calmont verschwunden.“

Trotz aller Bewunderung – um Schäden zu vermeiden führt an der Jagd kein Weg vorbei. Das ist in den steilen Hängen der Mosel aber gar nicht so einfach. Im Weinberg selbst kann kaum gejagt werden. Durch die Reihen gibt es keine gute Sicht, der Steinboden sorgt für gefährliche Querschläger, ein ordentlicher Kugelfang ist vor allem bergab nicht gegeben und durch die vielen Touristen kann eine Gefährdung für Menschen nicht ausgeschlossen werden. Daher setzen die Jäger an der Mosel oder in anderen Weinbauregionen besonders auf gemeinsame Drück- und Treibjagden in angrenzenden Waldgebieten. „Bei uns im Revier, 550 Hektar, sind dabei rund 110 Schützen im Einsatz“, sagt Hans-Peter Amlinger. „Treiber mit Hundemeuten unterstützen die Jagd und scheuchen das Wild in sichere Schusspositionen hinein. Weil parallel auch die anderen Reviere intensiv bejagt werden, konnten wir die Schäden auf ein erträgliches Maß reduzieren.“

Vollkommen frei von Schäden werden die Winzer aber mit Sicherheit niemals sein. Dafür sind vor allem die Wildschweine zu schlau und der Wein bzw. die Trauben zu lecker!