„Das Waidwerk wird allzu oft zur Verfügungsmasse“

„Es ist nicht ökologisch, die Fuchsjagd verbieten zu wollen“

Das Waidwerk wird allzu oft zur Verfügungsmasse

Wer will Zustände wie in den Niederlanden, wo mehr als 50.000 Gänse vergast wurden?

Deutschlands oberster Jäger ist ein Fischer. Sein Vorname: Hartwig. 2011 wurde der langjährige niedersächsische Bundestagsabgeordnete zum Präsidenten des Deutschen Jagdverbandes (DJV) gewählt. Während seiner Amtszeit wurden unter anderem die Jagdgesetze in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen novelliert – mal grün-rot, mal rot-grün und keinesfalls im wirklich waidmännischen Sinne. Im zweiten Teil seines Interviews mit Outfox-World äußert sich Fischer u.a. zur Stellung der Jäger in der Bundespolitik. Den ersten Teil finden Sie hier.

Hartwig Fischer
Hartwig Fischer

Hartwig Fischer

Hartwig Fischer

Halten Sie die im Zuge der Novellierung des Jagdgesetzes erarbeiteten Änderungen zum Thema halbautomatische Waffen für akzeptabel?

Hartwig Fischer: Ja, denn damit gibt es in Kürze endlich wieder Rechtssicherheit für Besitzer von halbautomatischen Jagdgewehren. Angesichts der Diskussionen in den Bundesländern um die Verwendung bleihaltiger Jagdmunition war diese bundeseinheitliche Regelung überfällig.

Thema Schalldämpfer: In einigen Bundesländern sind sie erlaubt und es gibt keine Probleme. In anderen Bundesländern sind sie verboten und es wird mit der Angst vor mehr Kriminalität argumentiert. Wie stehen sie zu den „Flüstertüten“?

Hartwig Fischer: Bereits 2013 hat sich das DJV-Präsidium dafür ausgesprochen, die Nutzung von Schalldämpfern bundesweit zu ermöglichen – neben anderen Methoden des Gehörschutzes. Eine Verpflichtung für den Schalldämpfer lehnen wir ab. Die Angst vor Wilderei oder Kriminalität ist übrigens unbegründet: Bei einem hochwildtauglichen Kaliber wird der Geräuschpegel um etwa 30 Dezibel reduziert, es bleiben immer noch über 120 Dezibel. Der Schussknall ist also immer noch deutlich zu hören, aber eben ohne Gesundheitsrisiko.

Muss es beim Thema Schalldämpfer auch eine bundesweite Regelung durch das Bundesjagdgesetz geben?

Hartwig Fischer: Eine bundesweit einheitliche Regelung unterstützen wir grundsätzlich.

Wer sind Ihre Bündnispartner und wo verorten Sie die Gegner der Jagd? Sie sind ein politischer Mensch und kennen den Bundestag von innen und außen. Wie viel zählt die Meinung der Jäger noch im Bundestag? Mitunter haben wir den Eindruck, dass die Regierungsparteien eher auf Stimmungen der Großstadt-Wähler achten als auf die Interessen von Landwirten und Jägern.

Hartwig Fischer: Überall dort, wo Bündnis 90/Die Grünen in der Regierungsverantwortung stehen, versuchen sie die Regierungspartner am Nasenring durch die Kulturlandschaft zu ziehen. In Einzelgesprächen mit Politikern wird schnell klar, dass die Akzeptanz für die Jagd im Parlament sehr groß ist. In Koalitionsverhandlungen wird das Waidwerk dann aber allzu oft zur Verfügungsmasse. Das gilt übrigens auch für andere Bereiche wie die Landwirtschaft. Deshalb haben wir unter dem Dach des Aktionsbündnisses Forum Natur den Zentralausschuss Jagd ins Leben gerufen. Nur wenn wir Allianzen mit Leben füllen, können wir unsere Positionen mit Nachdruck vertreten. Immerhin sind im Forum Natur mehr als sieben Millionen Landnutzer vereinigt. Allianzen sind auch wichtig, um eine praktikable Lösung für halbautomatische Langwaffen zu erzielen. Hier führen wir mit dem Forum Waffenrecht und sechs weiteren Verbänden seit Wochen intensive Gespräche.

In einem Teil der Bundesländer haben wir neue Landesjagdgesetze. Was heißt für Sie dabei der politisch gewollte Zusatzbegriff „ökologisch“?

Hartwig Fischer: Ökologie, das ist streng genommen die Lehre vom Naturhaushalt. Seit Generationen leben Jäger das Prinzip der Nachhaltigkeit, sie handeln also ökologisch, im Sinne der Tier- und Pflanzenvielfalt. Seit es die organisierte Jägerschaft in Deutschland gibt, ist meines Wissens keine Tierart ausgestorben. Das ist unsere Stärke. Und diese müssen wir noch intensiver kommunizieren. Es ist nicht ökologisch, beispielsweise die Fuchsjagd verbieten zu wollen.

Dahinter steckt vielmehr der Plan, das Jagdrecht zugunsten des Naturschutzrechts zu beschneiden. Denn dieselben Menschen, die die Fallenjagd auf den Fuchs verbieten wollen, sind für ein Prädatorenmanagement unter der Regie des Naturschutzes. Dem Fuchs ist es aber herzlich egal, welches Etikett auf der Falle klebt. Hier müssen wir dieses falsche Spiel einiger Naturschutzverbände noch mehr entlarven. Das gilt übrigens auch für ein Verbot der Gänsejagd. Wer will ernsthaft Zustände wie in den Niederlanden, wo 2015 mehr als 50.000 Gänse vergast wurden?

Hand aufs Herz, Herr Fischer: Warum sollen Jäger heute noch die Unionsparteien wählen? Für eine Jagdverordnung wie in Hessen?

Hartwig Fischer: Der DJV ist politisch unabhängig und ich bin es als Präsident auch. Wir machen regelmäßig Wahlprüfsteine als Orientierungshilfe für unsere Mitglieder. Jeder Jäger muss für sich entscheiden, wo in der Parteienlandschaft die politischen Schwerpunkte pro Jagd nicht nur proklamiert, sondern auch umgesetzt werden. Das gilt für Europawahlen ebenso wie für Kommunalwahlen.

Sogar in Bayern, wo die CSU allein regiert, stöhnen viele Jäger, weil der Grundsatz „Wald vor Wild“ vom Staatsforst so oft einseitig gegen das Wild ausgelegt wird.

Hartwig Fischer: Für uns gilt der Grundsatz „Wald und Wild“. Denn eines bedingt das andere. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe zusammen mit dem Deutschen Forstwirtschaftsrat arbeiten wir derzeit an einem Papier zur Wildschadensbewertung. Die Prävention von Wildschäden aus jagdlicher und forstlicher Sicht steht an erster Stelle. Es geht aber auch um die praktikable Bewertung von Wildschäden – dazu haben wir eine einfache Methodik weiterentwickelt.

Der Bundestag arbeitet an einer Novelle des Bundesjagdgesetzes. Haben die Regierungsparteien die Kraft, in diesem Prozess die Jagd in ihren wesentlichen Traditionen zu bewahren? Oder folgen sie dem unguten Vorbild der meisten Länder?

Hartwig Fischer: Der derzeit vorliegende Entwurf geht in der Substanz in die richtige Richtung. Zu Änderungswünschen haben wir uns bereits schriftlich und mündlich geäußert. Sicherlich wird es im parlamentarischen Verfahren auch noch Änderungen geben, die wir dann bewerten müssen. Die drohende Zersplitterung durch teils widersprüchliche Landesgesetze wäre jedenfalls in einigen Bereichen gestoppt. Der DJV begrüßt, dass erstmals in einem Jagdgesetz technische Kriterien für die Wirksamkeit von Jagdbüchsenmunition berücksichtigt werden sollen. Künftig soll die Tötungswirkung maximiert und gleichzeitig der Bleieintrag ins Lebensmittel Wildfleisch minimiert werden. Ein pauschales Bleiverbot wäre also vom Tisch. Weiterhin positiv sind die geplanten bundeseinheitlichen Mindestvorgaben für die Jägerprüfung oder der einheitliche Schießübungsnachweis. Leider behindert derzeit der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer durch seine grundsätzliche Blockadehaltung einen wissensbasierten Weg. Wir haben die Bundesregierung aufgefordert, dass sich das Bundeskabinett schnellstmöglich mit dem zwischen den Ressorts bereits abgestimmten Entwurf des Bundesjagdgesetzes befassen muss. Da sich dieser Weg nicht abzeichnet, haben wir die Koalitionsfraktionen gebeten, auf der Grundlage des Referentenentwurfs eine Parlamentsinitiative zu halbautomatischen Jagdgewehren und zur Novelle des Bundesjagdgesetzes umgehend zu starten.

Eine stärkere Allianz der Landnutzer scheint mit Blick auf alle zukünftigen Entwicklungen das A und O zu sein. Wurden mit anderen Verbänden vielleicht schon Möglichkeiten ausgelotet?

Hartwig Fischer: Da sind wir schon einen Schritt weiter. Auf Länder- und auf Bundesebene gründen wir Allianzen bei politischen Anhörungen, bei notwendigen Klagen oder für Demonstrationen wie zuletzt in Sachsen-Anhalt. Politische Prozesse – egal ob auf Europa- oder Bundesebene – begleiten wir gemeinsam mit anderen Verbänden. Das gilt für die EU-Feuerwaffenrichtlinie ebenso wie für den Umgang mit halbautomatischen Jagdgewehren mit 2-Schuss- Einsteckmagazin. 

Herr Fischer, wir danken Ihnen für dieses ausführliche Gespräch.