Professoren nennen NABU-Forderungen eine Frechheit

Professoren nennen NABU-Forderungen eine Frechheit

Das brandenburgische Bündnis für maximale Schalenwildbekämpfung empört nicht nur betroffene Jäger. Namhafte Wildbiologen sprechen den beteiligten Verbänden nicht nur die Sachkunde ab, sondern auch Rücksichtnahme auf den Tierschutz.

Wald bei Vollmond (Foto: Florian Kurz)
Wald bei Vollmond (Foto: Florian Kurz)

Die Professoren Hans-Dieter Pfannenstiel und Christoph Stubbe beklagen „pauschale und unbewiesene Behauptungen“. Der Forderungskatalog, den NABU, ÖJV und weitere Verbände zum neuen Jagdgesetz für Brandenburg verbreiten, gehe an den Problemen vorbei: „Eine auch noch so scharfe und erbarmungslose Bejagung des in Rede stehenden Schalenwildes ändert nichts an den deutlich höheren Schäden durch Trockenheit, Waldbrände, Insektenkalamitäten und Forstmaschinen.“

Beispielhaft nennen die Wissenschaftler die Abneigung so mancher Forstleute gegen natürlichen Nachwuchs auf Schadflächen: „Der Einwand, der dort entstehende Wald aus vorwiegend Kiefer und Birke sei nicht wertvoll, ist entlarvend. Es geht wohl eher um Ökonomie als um Ökologie. Das ist durchaus legitim, sollte aber auch so kommuniziert werden.“

Die bekennenden Jäger Pfannenstiel und Stubbe erinnern den NABU und den Ökologischen Jagdverband an die dort gern beschworene Nähe zur Natur. „Zwanghaftes Aufforsten“ werde „an den Ungewissheiten“ des Klimawandels scheitern: „Da sollte man die Maxime ´Natur Natur sein lassen` des Naturschutzes schon eher in Betracht ziehen, zumindest auf einem Teil der betreffenden Flächen.“

Während es beim Waldbau bei grundsätzlichen Empfehlungen bleibt, werden die jagdlichen Forderungen der Öko-Verbände von den beiden Wildbiologen regelrecht zerpflückt. So sei die Behauptung, die Kirrung sei „ein wesentlicher Grund für die aktuell extrem problematische Situation beim Schwarzwild“ im Zusammenhang mit der ASP-Seuche „eindeutig falsch“: „Gemessen bspw. an den nach der Maisernte auf den Schlägen verbleibenden Ernteresten, sind die auf ordnungsgemäß betriebenen Kirrungen ausgebrachten Futtermengen vernachlässigbar.“

Gegen die Forderung nach Verbot der Kirrungen, an denen immerhin jedes zweite Wildschwein erlegt wird, setzen die Professoren Fakten: „Alleine die Maisanbaufläche hat sich in Deutschland seit 1960 von knapp 60.000 Hektar auf heute ca. 2,5 Mio. Hektar vergrößert.“  Und: „Die Schwarzwildstrecke in Deutschland ist seit 1935/36 von 36.642 Stück auf 882.112 Stück im Jagdjahr 2019/20 gestiegen.“

Hinweise auf krachend gescheiterte NABU-Wildtierreservate verkneifen sich die Experten. Sie verweisen vielmehr auf die Folgen einer weitgehend wahllosen Schalenwildbejagung, der endgültig Tür und Tor geöffnet wäre, wenn sich das NABU-Bündnis mit der Forderung nach Abschaffung von Schonzeiten und Abschussplänen durchsetzen sollte.

Wörtlich: „Als Ziel von Hegegemeinschaften zu bezeichnen, viele Trophäenträger mit möglichst großen Trophäen zu erlegen, ist einfach falsch und zeugt von großer Unkenntnis der Verfasser, die sich auf Verhältnisse vor ca. 30 Jahren beziehen. Auf Grund jagdwissenschaftlicher Ergebnisse werden heute diese Ziele nicht nach Qualitäten von Geweihen, sondern nach Altersklassen definiert.“

„Die Behauptung, ´Verhütung von Wildschäden auf fremden Flächen gehört nicht zu ihrer (der Pächter) unmittelbarer Motivation, auf die Jagd zu gehen`, ist eine unglaubliche Frechheit“, heißt es weiter: „Alleine die in den meisten Pachtverträgen festgelegte Pflicht zum Ersatz von Wildschäden zwingt die Jäger zur aktiven Verhütung solcher Schäden.“

Und: „Eine ebensolche Frechheit ist die pauschale Behauptung, ihrem Hobby nachgehende Jäger hätten kein Interesse an angepassten und damit geringeren Wildbeständen.“ Vielmehr seien so manche Waldschäden auch einer falschen Jagdstrategie geschuldet: „Wenn Reh und Hirsch im Wald genügend unbejagte Äsungsflächen fänden und wenn in den stoffwechselkritischen Phasen (bspw. April und Januar) nicht gejagt würde, sähe die Situation der Wildschäden auch im Wald deutlich anders aus.“

Das zielt auch auf die Forderung von NABU & Co., dass Jagdrechtsinhaber (revier)grenzenlos jagende Hundemeuten dulden sollen. Und auf Regie-Drückjagden zur Notzeit. Mit Strecken, die längst auch engagierte Tierschützer erzürnen – von den Alpen bis in den Harz.

Statt der Forderung, Schonzeiten, Hegegemeinschaften und Abschusspläne abzuschaffen, empfehlen Pfannenstiel und Stubbe „die Berücksichtigung neuerer wildbiologischer Erkenntnisse“. Diese zeigen, „wie wichtig eine ausreichenden Zahle adulter Hirsche für den Bestand ist“.

Zitat: „Bei zu wenigen reifen Hirschen verschiebt sich das Geschlechterverhältnis der Kälber in Richtung weiblich. Damit kommt eine Spirale in Gang, bei der trotz jährlich steigender Abschusszahlen Bestände weiter anwachsen. Das ist auch in den Eigenjagden des Landes zu beobachten, wo durch übermäßigen Abschuss junger und mittelalter Hirsche nicht genügend Individuen ins Reifealter kommen.“

Dass ausgerechnet aus dem Land der Nazi- und SED-Bonzenjagd „Schorfheide“ ein Anwachsen der Waldschäden durch die Wiedervereinigung beklagt wird, erstaunt besonders. Wenn seit nun dreißig Jahren das Bundesjagdgesetz auch in Brandenburg gilt, sei das kein Schaden, sondern Nutzen. Das zeige nicht zuletzt ein Blick in die Eigenjagd des brandenburgischen ÖJV-Vorsitzenden Mathias Graf von Schwerin. Dort hätten sich, schreiben die Wildbiologen, unter „den heute gültigen jagdrechtlichen Vorschriften Wilddichten eingestellt, die den waldbaulichen Zielen des Grafen Schwerin entsprechen“.