Minister Lies unter Beschuss

Minister Lies unter Beschuss

Im Norden sind die Wolfsfreunde den Regierenden nicht mehr grün.

Heulender Wolf
Heulender Wolf

Niedersachsens SPD-Umweltminister Olaf Lies hat nach der Abschussgenehmigung für einen Wolf ernste Probleme – auch im eigenen Haus: Ein Teil seiner Wolfsberater protestiert öffentlich.

Näher betrachtet geht es um Erblasten: Das amtliche Wolfsmanagement in Niedersachsen wurde im Wesentlichen von Lies-Vorgänger Stefan Wenzel organisiert. Den stellten die Grünen, die bei der jüngsten Landtagswahl aus der Regierung flogen. Auch wegen interner Streitereien um Wenzels Wolfspolitik.

SPD-Mann Lies versuchte nach Amtsantritt aufzuräumen. Er versetzte die bisherige Leiterin des Wolfsbüros, die Biologin Verena Harms, ins zweite Glied und entzog dem Büro die Öffentlichkeitsarbeit. Für Presseauskünfte ist nun allein das Ministerium zuständig.

Die Entmachtung hatte Hintergründe: Frau Harms kam aus dem Frankfurter Senckenberg-Institut auf den Chefposten – und damit von einer Institution, die unter Kritikern der „Willkommenskultur“ zunehmend umstritten ist. Zumal dort auch das „Nationale Referenzlabor“ angesiedelt ist, das letztlich über Wolfsnachweise und damit über Entschädigungszahlungen entscheidet.

Dass Minister Lies dem Wolfsbüro die Zuständigkeit für die Pressearbeit entzog, wurde in der Szene als „Maulkorb“ interpretiert. Nun hat er auch noch einen Teil der offiziellen Wolfsberater gegen sich: 16 von ihnen protestierten am vergangenen Wochenende mit einem „Offenen Brief“ gegen die Entnahme-Anordnung und stellen dem Minister eine Fülle unbequemer Fragen.

Spannend: Zu den Ersten, die dem SPD-Mann Rückendeckung signalisierten, gehört ein CDU-Kollege. Der Landtagsabgeordnete Frank Schmädeke meldete in der Zeitung „Die Harke“ massive Zweifel an der Objektivität der rebellischen Wolfsberater an. Nach seiner Kenntnis seien diese im „Freundeskreis freilebender Wölfe“ organisiert.

Von diesem Freundeskreis stammten die ersten Strafanzeigen gegen Lies und die vom ihm beauftragten Wolfstöter ebenso wie gegen die amtliche Entnahme-Aktion in Schleswig-Holstein. Dort ist die Empörung noch größer als in Niedersachsen, weil der Kieler Umweltminister von den Grünen stammt. Die galten bisher als sichere Bank für die ungehinderte Verbreitung der Wölfe.

Zunehmend spannend wird im Norden außerdem die Frage nach der Rolle der Jägerschaft: Sie ist für das Monitoring der Wolfspopulation zuständig und stellt auch einen Teil der Wolfsberater. Eher unsicher scheint, ob sich tatsächlich Jäger für die amtlich angeordneten „Entnahmen“ hergeben.

Wer den Leitrüden des sogenannten Rodewalder Rudels in Niedersachsen töten soll, ist ebenso ein Staatsgeheimnis wie die personelle Organisation beim Abschuss eines Wolfs bei Pinneberg in Schleswig-Holstein. Verbürgt ist allein, dass die Behörden bei den Landesjagdverbänden um Hilfe nachsuchten, um die nicht nur rechtlich spannende Frage zu klären, ob die Entnahme-Kommandos in fremden Revieren jagen dürfen.

Andere Bundesländer – voran das „grün-schwarz“ regierte Baden-Württemberg – wollen solche Fragen klären, bevor sich das Problem in der Praxis stellt. Sie arbeiten an der Organisation amtlicher Entnahmeeinheiten und deren Rechtsgrundlagen.

Bayern geht eigene Wege. Die Regierungspolitiker von CSU und Freien Wählern sind sich einig, dass auch die jagdrechtlichen Voraussetzungen rasch auf den Weg kommen müssen. Und im Freistaat haben die Aufsichtsbehörden offenkundig auch nichts dagegen, wenn von Nutztierrissen betroffene Landkreise beim genetischen Wolfsnachweis nicht allein dem Senckenberg-Labor vertrauen.