„Klimahysterie“ ist Unwort des Jahres 2019

„Klimahysterie“ ist Unwort des Jahres 2019

Außerdem wurden von einer unabhängigen Jury die Wörter „Umvolkung“ und „Ethikmauer“ als Unwörter 2019 kritisiert.

Eisbär auf einer kleinen Eisscholle.
Eisbär auf einer kleinen Eisscholle.

Mit dem Wort „Klimahysterie“ werden Klimaschutzbemühungen und die Klimaschutzbewegung diffamiert und wichtige Debatten zum Klimaschutz diskreditiert, begründet die Jury der institutionell unabhängigen und ehrenamtlichen Aktion „Unwort des Jahres“ ihre Wahl.

Der Ausdruck wurde 2019 von vielen in Politik, Wirtschaft und Medien – von der F.A.Z. über Unternehmer bis hin insbesondere zu AfD-Politikern – verwendet. Er pathologisiere pauschal das zunehmende Engagement für den Klimaschutz als eine Art kollektiver Psychose. Vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Klimawandel sei das Wort zudem irreführend und stütze in unverantwortlicher Weise wissenschaftsfeindliche Tendenzen, heißt es in der Begründung weiter.

Des Weiteren wurden die Wörter „Umvolkung“ und „Ethikmauer“ als Unwörter 2019 von der Jury kritisiert:

„Umvolkung“: Der Ausdruck „Umvolkung“ erhielt 2019 durch ein ZDF-Interview mit dem neuen AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla größere Aufmerksamkeit. Es handelt sich um einen Schlüsselbegriff einer rechtsextremen Verschwörungstheorie. Diese behauptet, dass es einen geheimen Plan (der sog. Eliten) gebe, die weiße Mehrheitsbevölkerung in Europa, Australien/Neuseeland und den USA durch (vornehmlich muslimische) Flüchtlinge und andere nicht-weiße Einwanderer auszutauschen. Sie ist fester Bestandteil der Ideologie der AfD und bildet die Grundlage für ein politisches Programm, das auf die kulturelle Homogenität der Bevölkerung zielt und zugewanderte Menschen insofern diskriminiert, als sie als gefährliche, sich schnell vermehrende „Austausch“-Masse dargestellt werden. Zudem diente die mit dem Wort auf einen Begriff gebrachte Verschwörungstheorie im Jahr 2019 auch dem Massenmörder von Christchurch als Legitimationsgrundlage für sein Verbrechen. Sein Manifest zu der Tat trägt den Titel „The Great Replacement“ („Der große Austausch“). Dennoch erklärte Chrupalla, er halte das Wort „Umvolkung“ „nicht für rechtsextrem“.

„Ethikmauer“: Der Ausdruck „Ethikmauer“ steht (wie z. B. auch „Moralkeule“) exemplarisch für Ausdrücke, die jede moralisch-ethische Argumentation als ein Zeichen naiver Fortschrittsverweigerung diskreditieren. Er wurde in einem Kommentar der Zeitung „Die Welt“ am 1. August 2019 verwendet. Der Kommentar bezog sich auf eine Meldung über japanische Forschungen zur Züchtung menschlicher Organe in Tieren zu therapeutischen Zwecken. Gegenüber der Kritik an solcher Forschung vermerkt der Autor: „Bei dieser Forschung zum Wohl des Menschen kann man sich nicht hinter einer Ethikmauer verstecken.“ Mit der Wahl dieses Ausdrucks – so der Einsender/die Einsenderin des Unwortes – werde „jede ernsthafte Auseinandersetzung mit ethischen Grundsatzfragen als Fortschrittsverweigerung diskreditiert“. Zudem negiere diese Wortwahl, auf welch hohem ethischen Niveau in der Gesellschaft um grundsätzliche Zukunftsfragen gerungen werde. 

Die Jury bestand aus folgenden Mitgliedern:

den vier SprachwissenschaftlerInnen Prof. Dr. Nina Janich/Sprecherin (TU Darmstadt), Prof. Dr. Kersten Sven Roth (Universität Magdeburg), Prof. Dr. Jürgen Schiewe (Universität Greifswald) und Prof. Dr. Martin Wengeler (Universität Trier) sowie dem Autor und freien Journalisten Stephan Hebel. Als jährlich wechselndes Mitglied war in diesem Jahr der Kabarettist Urban Priol beteiligt.

Quelle: Pressemitteilung der Sprachkritischen Aktion Unwort des Jahres vom 13. Januar 2020, Darmstadt