Klage gegen hessische Jagdverordnung erfolgreich

Klage gegen hessische Jagdverordnung erfolgreich

Hessischer Staatsgerichtshof bestätigt Argumentation des LJV: Keine sachliche Begründung für die Schonzeit von juvenilen Füchsen, Waschbären und Marderhunden.

Der Hessische Staatsgerichtshof sieht keine schlüssige Begründung für die Schonzeit von juvenilen Füchsen, Waschbären und Marderhunden (Fotos: edbo23/Bruno/Germany/adege)
Der Hessische Staatsgerichtshof sieht keine schlüssige Begründung für die Schonzeit von juvenilen Füchsen, Waschbären und Marderhunden (Fotos: edbo23/Bruno/Germany/adege)

Am Mittwoch (12. Februar 2020) hat der Hessische Staatsgerichtshof in Wiesbaden sein Urteil im Verfahren über den Normenkontrollantrag der FDP-Fraktion Hessen gegen die Hessische Jagdverordnung verkündet und damit die sachlichen Argumente des LJV gegen eine Schonzeit von Jungfüchsen, Jungwaschbären und juvenilen Marderhunden bestätigt. Der Staatsgerichtshof hat weiterhin bestätigt, dass das Jagdrecht insofern dem Tierschutzgesetz vorgeht, als die Jagd ein vernünftiger Grund im Sinne des Tierschutzrechts ist.

Der LJV hat die Klage der FDP-Fraktion begleitet und entsprechend dem Delegiertenbeschluss aus dem Jahr 2016 unterstützt. Im Übrigen lässt das Urteil den Schluss zu, dass hinsichtlich der anderen bestandhabenden Jagd- und Schonzeiten grundsätzlich auch Änderungen durchgeführt werden können. In diese Richtung wird der LJV auf politischen Ebene weitere agieren.

Nunmehr sind die seit Bestehen der neuen Jagdverordnung stetig geforderten Schonzeitaufhebungen des LJV für juvenile Füchse und Waschbären als erfolgreich zu bezeichnen.

Wie der Staatsgerichtshof weiter feststellte, unterliegt sowohl das Jagd- als auch das Jagdausübungsrecht dem Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 45 HV (vgl. Art. 14 GG).

Auszüge aus der Pressemitteilung 2/2020 des Hessischen Staatsgerichtshofes vom 12.02.2020:

„Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Tierschutzgedanke als solcher nicht geeignet ist, eine Verkürzung der Jagdzeiten zu rechtfertigen, sofern mit ihm allein die Absicht verbunden ist, Tiere vor ihrer Tötung auch dann zu bewahren, wenn diese zulässigerweise im Rahmen einer weidgerechten Jagdausübung erfolgt.
Der größere Teil der von der Antragstellerin angegriffenen Jagdzeitbestimmungen genügt diesen Anforderungen. Die Regelungen zur Bejagbarkeit von Minks, Nutrias, Damwildschmalspießern und -schmaltieren, Baummardern, Iltissen, Hermelinen, Mauswieseln, Elstern, Rabenkrähen, Rebhühnern, (adulten und juvenilen) Ringeltauben, Türkentauben sowie Lach-, Sturm-, Silber-, Mantel- und Heringsmöwen sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Verordnungsgeber hält sich bei diesen Tierarten im Rahmen des ihm zustehenden Einschätzungs- und Beurteilungsspielraums. Ausreichende Gründe für die jeweilige Einschränkung der Jagd finden sich insbesondere im Ziel des Elterntierschutzes sowie im beabsichtigten Bestandsschutz einzelner Tierarten, soweit der Verordnungsgeber diesen für erforderlich halten durfte.“

„Die für Marderhunde und Waschbären (§ 2 HJagdV) sowie für Steinmarder, Füchse und Blässhühner (§ 3 Abs. 1 HJagdV) vorgenommenen Einschränkungen der Jagdzeiten stellen sich demgegenüber teilweise als unverhältnismäßig dar. So ist der für die Begründung der Schonzeiten für Waschbären, Marderhunde und Füchse herangezogene legitime Zweck des Elterntierschutzes nicht geeignet, zugleich auch die Jagd auf die juvenilen, d.h. noch nicht geschlechtsreifen, Tiere dieser Arten zu begründen. Das für Steinmarder angeordnete Jagdverbot ist in Bezug auf den Monat Februar nicht gerechtfertigt, weil es insoweit zur Erreichung eines legitimen Zwecks nicht erforderlich ist. Der Elterntierschutz kommt hier nicht zum Tragen, weil nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand von einem Beginn der Setzzeit des Steinmarders nicht vor dem Monat März ausgegangen werden kann. Schließlich fand das für Blässhühner bis zum 31. Dezember 2019 ausgesprochene Jagdmoratorium unter Berücksichtigung der zu den Beständen dieser Tierart vorhandenen Datenlage keine Rechtfertigung in dem von der Landesregierung insofern angeführten Erfordernis des Bestandsschutzes.“

Hessische Jagdverordnung verstößt nicht gegen den Grundsatz des Parlamentsvorbehalts

„Der Erlass der streitgegenständlichen Jagdzeitbestimmungen im Wege des Verordnungsrechts verstößt nicht gegen den Grundsatz des Parlamentsvorbehalts.
Der aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Demokratieprinzip abgeleitete Vorbehalt des Gesetzes verpflichtet den Gesetzgeber, alle grundlegenden normativen Entscheidungen selbst zu treffen. Wesentliche Entscheidungen dürfen nicht auf den Verordnungsgeber delegiert werden. Damit sind einer Delegation von Entscheidungsbefugnissen auf die Exekutive gerade in grundrechtsrelevanten Bereichen Grenzen gesetzt. Gefordert ist damit aber kein parlamentarischer Totalvorbehalt, sondern nur, dass der Kernbereich der Gesetzgebung beim Parlament verbleiben muss.
Die Jagdzeitbestimmungen in der Hessischen Jagdverordnung werden dieser Vorgabe gerecht. Die maßgeblichen Leitlinien des Jagd- und Jagdausübungsrechts sind bereits dem Hessischen Jagdgesetz zu entnehmen. Ergänzend sind die fortgeltenden Vorschriften des Bundesjagdgesetzes auch durch den Landesverordnungsgeber zu beachten. Dass dem Verordnungsgeber innerhalb des dadurch vorgegebenen Rahmens bei der Bestimmung der Jagdzeiten für die einzelnen Tierarten ein eigener Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum zukommt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.“

Stellungnahme von Wiebke Knell, MdL, jagdpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion Hessen (PM vom 12.02.2020):

„Wir Freie Demokraten sind hochzufrieden mit dem Urteil des Staatsgerichtshofs zur Jagdverordnung. In fünf Fällen hat der Staatsgerichtshof deren Verfassungswidrigkeit festgestellt. Deshalb ist heute ein guter Tag für alle, die eine waidgerechte Jagd und das verfassungsrechtlich garantierte Eigentumsrecht unterstützen. Der Staatsgerichtshof hat damit willkürlichen und fachlich nicht begründeten Schonzeiten ein Ende gesetzt“, erklärt die jagdpolitische Sprecherin der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, Wiebke KNELL. Der Prozessbevollmächtigte der Freien Demokraten Prof. Dr. Michael Brenner ergänzt: „Dabei hat der Staatsgerichtshof ausdrücklich bestätigt, dass Jagdrecht und Jagdausübungsrecht verfassungsverbriefte Eigentumsbetätigung sind und daher die Einschränkungen der Jagdzeiten einzelner Tierarten einer hinreichenden sachlich gerechtfertigten Begründung bedürfen. Auch die Feststellung des Staatsgerichtshofs, dass eine waidgerechte Jagd nicht dem Tierschutz entgegensteht, ist eine erfreuliche Klarstellung.“

Dass die Klage der Freien Demokraten gegen die Jagdverordnung schon vor dem Urteil Wirkung gezeigt hat, offenbart die bereits vorgenommene Änderung bei den Schonzeiten für die Waschbären. Die Kehrtwende beim Waschbären bereits vor dem Urteil lasse vermuten, dass sich Ministerin Hinz offenbar des Verfassungsverstoßes durchaus bewusst war. „Das ist zumindest bedenklich. Wir Freie Demokraten fordern Ministerin Hinz auf, nun umgehend eine Jagdverordnung vorzulegen, die der Hessischen Verfassung entspricht und nicht den Ansprüchen eines Parteitags der Grünen. Einmal mehr ist Ministerin Hinz dabei entlarvt worden, dass sie grüne Parteipolitik über die Hürde der Verfassungsmäßigkeit hinausgetrieben hat“, so Knell abschließend. Die heutigen Klarstellungen des Staatsgerichtshofs seien nun zukünftig das Maß der Dinge für die Exekutive bei der Einschränkung von Jagdzeiten.

Hintergrund:

Die Fraktion der FDP im Hessischen Landtag hat am 12. September 2016 einen Normenkontrollantrag vor dem hessischen Staatsgerichtshof eingelegt. Dieser richtete sich gegen die Regelungen der Jagdzeiten in den §§ 2 und 3 der Hessischen Jagdverordnung vom 10. Dezember 2015.

Die FDP-Fraktion sah ihre parlamentarischen Rechte sowie die Eigentumsrechte der Grundeigentümer (Verpächter) und Jagdausübungsberechtigten verletzt. Ein so umfangreicher Eingriff in die Jagd- und Schonzeiten hätte nach der Rechtsauffassung der FDP-Fraktion im Hessischen Jagdgesetz und nicht im Rahmen einer Ministeriumsverordnung geregelt werden müssen. Einer Gesetzesänderung wiederum hätte das gesamte Parlament zustimmen müssen.

 

Die komplette Pressemitteilung des Staatsgerichtshofes als pdf-Download finden Sie hier.

Das Urteil des hessischen Staatsgerichtshofs als pdf-Download hier.

 

Quelle: Pressemitteilung des Landesjagdverbands Hessen vom 12. Februar 2020, Bad Nauheim