Der Waldumbau, die Rendite und das Wild

Der Waldumbau, die Rendite und das Wild

Hightech-Werkstoffe aus Laubholz sollen Fichtenbalken und sogar Beton und Eisen ersetzen

Buchenwald im Herbst (Foto: Hans Braxmeier)
Buchenwald im Herbst (Foto: Hans Braxmeier)

Im Staats- und Privatwald türmt sich das unverkäufliche Holz. Die Erzeugerpreise sind im Keller. Zugleich soll der Waldumbau gelingen. Obwohl die Experten streiten, ob das ökologisch erwünschte Laubholz auf dem Bau jemals Fichte und Kiefer ersetzen kann. Wie so oft im Forst sind obendrein die Folgen für Wild und Natur ein gern verdrängtes Risiko.

Wenn es nach dem forstlichen Mainstream geht, wird die Enkelgeneration unseren Wald vielerorts nicht wiedererkennen. Buchen statt Fichten im Alpenvorland wie im Harz, Ahorn vielleicht statt Kiefern im fränkischen im Reichswald. Ab und an werden wir sogar die Birken dulden, die ganzen Förster-Generation für viel zu durstig und zu nutzlos galten. Und es werden auch Hölzer aus fernen Ländern wachsen in der Hoffnung, dass diese dürren Hitzesommer besser überstehen. 

Wir werden lernen, dass der umgebaute Wald anders sein wird. Weil unter dichten Laubholz-Kronen ein anderer, ärmerer Unterwuchs gedeiht als unter Fichten, Kiefern oder Tannen. Pilzsammler werden es bald merken und die Fans des Auerwilds, das reichlich Ameisenhaufen und anderes Kleingetier braucht, um die Küken groß zu füttern. Reh und Hirsch geraten womöglich endgültig in die Sündenbockrolle des Waldvernichters, weil sie massiv an Bäumen äsen (müssen). Die Sauen, jetzt schon kaum in den Griff zu bekommen, finden noch mehr Mast.

Über alledem lastet auch noch die unbequeme Wahrheit, dass sich der Wald bei allen Öko-Schwüren finanziell rechnen soll. Selbst wenn ein paar Nationalpark-Förster von einer „neuen, anderen Natur“ träumen, die dort entstehen soll, wo Käfer und Hitze ihr Werk vollendet haben. Ernüchternd nur, dass auch in solchen Kreisen der Natur gern nachgeholfen wird.  Ganz ohne Plantage geht’s vermeintlich nicht. Und nicht mit der Demut, Flora und Flora der Schöpfung zu überlassen.

Handfester sind andere, durchaus kommerziell zu deutende Signale: Wie eingangs erwähnt, arbeiten Wissenschaftler an Lösungen, die kommerzielle Komponente durch den Waldumbau zu retten. Statt aus schnöder Fichte sollen Häuslebauer den Dachstuhl aus Buchenholz zimmern lassen. Schichtverleimt und auch wegen des hohen Abfallanteils bisher konkurrenzunfähig teuer.

Schlüsselsatz aus einer aktuellen Studie, die das Bundeslandwirtschaftsministerium bei der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) bestellte: „Für Laubholz gibt es erhebliche Potenziale der Verwendung im Industrieholz, aber es kann noch kein Ersatz für Nadelholz beim Bauen sein.“

Die „Cluster-Initiative Forst und Holz“ der bayerischen Staatsforsten sieht das Problem, hofft aber dennoch auf Lösungen: „Der Holzbau in Bayern ist durch Nadelholz geprägt. Konstruktive Bauprodukte wie Vollholz, Brettschichtholz, Brettsperrholz und Furnierschichtholz sind dabei überwiegend aus Fichte gefertigt. Durch den Waldumbau in Bayern steht jedoch zukünftig mehr Laubholz zur Verfügung. Bauprodukte für den tragenden Bereich bieten auch dafür eine vielversprechende Anwendungsmöglichkeit.“

Wie beim Schienengüterverkehr sind die Schweizer auch da eine Runde weiter: Im Jura-Dorf Les Breuleux eröffnete eben ein Werk für Hightech-Holzbauteile, die es an Festigkeit mit Beton und Stahl aufnehmen sollen. Die Hallen zwar noch überwiegend   aus Fichte, aber die Produkte aus Laubholz als Grundmaterial. Mit Holzbauten, jetzt schon bis 80 Meter hoch, wollen die Schweizer künftig noch höher hinaus und rechnen – wie der deutsche Forst – mit sinkenden Nadelholzbeständen.

Dass solche Holzverbundwerkstoffe mit (reichlich) Energie- und Chemieeinsatz entstehen, hat im Gegensatz zur Holzheizung noch kaum Erregungspotential in der öffentlichen Debatte. Baden-Württembergs Agrarminister könnte aufkeimenden Zweifeln bald Wind aus den Segeln nehmen: In Lenningen, nicht weit von Stuttgart, wurde letzten Winter das „Technikum Laubholz GmbH“ gegründet.

„Wir werden im Lenninger Tal einen Forschungscampus errichten, der klimafreundliche Materialien aus Laubholz entwickelt, die beispielweise erdölbasierte Kunststoffe ersetzen können“, verspricht Forstminister Peter Hauk (CDU). Die Ziele reichen von (Holz)kohlefaser-Bauteilen für die (Auto)industrie bis zu ökologisch unbedenklichem Ersatz für verpönte Plastikverpackungen.