Brandenburg: Schalenwildmanagement nach Försterart

Brandenburg: Schalenwildmanagement nach Försterart

Wachsende Aufregung um Brandenburgs Jagdrecht: Auf dem Weg über eine Durchführungsverordnung, also quasi durch die Hintertür, will das Umweltministerium mehr „Öko“ durchsetzen. Zum Beispiel mit weitreichender Aufweichung der Muttertierschutzes beim Schalenwild.

Rotwild
Rotwild

Seit erste Details durchsickern, protestieren nicht nur Brandenburgs Jäger. Auch der Landkreistag beklagt in einer geharnischten Erklärung massive Eingriffe in kommunale Hoheitsrechte, bis hin zum Verfassungsverstoß.

Ein Satz, mit dem der Referatsleiter des Ministeriums eigentlich die Wogen glätten will, sagt irgendwie alles: „Im Land will niemand das Prinzip Wald vor Wild anwenden, und niemand will die Wildbestände ausrotten.“ Denn genau das vermutet die Jägerschaft hinter der Verordnung.

Der renommierte Wildbiologe Professor Hans-Dieter Pfannenstiel spricht von einer „Katastrophe für die Wildbestände“. Denn künftig sollen Forstämter über Mindestabschusszahlen bestimmen. Pfannenstiel: „Es wird vermutlich keine einzige Landeswaldoberförsterei geben, die keinen erhöhten Wildbestand hat: Dann werden die Kameraden die ganze Zeit Dampf machen.“

Der Verordnungsentwurf sieht nämlich vor, dass weibliches Reh-, Dam- und Muffelwild unbegrenzt geschossen werden darf, wenn einzelne Baumarten wie Buche, Kiefer oder Eberesche erhöhten Verbiss aufweisen.

Dirk-Henner Wellershoff, der Präsident des Landesjagdverbands: „Die Öffnung, dass bei überhöhtem Verbiss auf alles gejagt werden darf, ist nicht zielführend.“ Der umweltpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Dieter Dombrowski, sagt es noch härter: „Wenn für Rot-, Dam- und Muffelwild demnächst Mindestabschusspläne gelten sollen und bei erhöhten Wildschäden im Wald das Alters- und Geschlechterverhältnis keine Rolle mehr spielt, widerspricht dies den wildbiologischen Grundlagen einer nachhaltigen Jagd.“

Spannend: Während das Schalenwild nach dem Empfinden der Kritiker nahezu vogelfrei werden soll, wird die Jagd auf Gänse tiefgreifend erschwert, obwohl diese sich so stark vermehren, dass sie zum Artenschutzproblem werden.

Lars Dettmann, Geschäftsführer des Landesfischereiverbands: „Wir haben Teichgebiete in der Lausitz, wo es zum Fischsterben kam, weil die Ausscheidungen der Gänse die Teiche umkippen ließen“. Auf Blässgänse etwa will das Ministerium nur noch Kugelschüsse zulassen, vielfach kaum möglich, wenn Jäger Sicherheitsregeln beachten sollen.

Womöglich noch wichtiger ist die Kritik des Landkreistages: Dort ist schlicht von Verfassungsbruch die Rede, weil das Ministerium die Kommunalverbände nur unzureichend angehört habe, obwohl die Verordnung in deren Belange eingreife.

Kuriosa gibt es auch: Zum Beispiel das weitgehende Verbot von bleihaltiger Munition, mit dem Brandenburg der (wohl aus gutem Grund) noch ausstehenden bundeseinheitlichen Regelung vorgreifen will, bevor die einschlägigen Untersuchungen abgeschlossen sind. Bei der Bogenjagd auf Schwarzwild ist das Ministerium bekanntlich jetzt schon nicht sehr pingelig.