Jäger und Sammler, aber keine Fischer

Fisch stand vor 27.000 Jahren nicht auf dem Speiseplan der Jäger und Sammler Südeuropas

Menschlicher Schädel (Mollet III) von Serinyà aus früheren Ausgrabungen. (Foto: Joaquim Soler)
Menschlicher Schädel (Mollet III) von Serinyà aus früheren Ausgrabungen. (Foto: Joaquim Soler)

Überaschenderweise ernährten sich die Menschen auf der iberischen Halbinsel in der Periode des späten Gravettien nicht von Fisch, sondern stattdessen von Pflanzen und Landtieren wie Hasen, Rotwild oder Pferden. Dies konnte ein internationales Forscherteam erstmals anhand einer Isotopenstudie an menschlichen Fossilien aus den Höhlen von Serinyà in Katalonien nachvollziehen. Die Forschungsteams von Dr. Dorothée Drucker, Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment (SHEP) an der Universität Tübingen, und Joaquim Soler, Institut für Historische Forschung der Universität Girona veröffentlichen ihre Ergebnisse im Fachmagazin Journal of Human Evolution.

In der kulturellen Periode des Gravettien (33.000-25.000 Jahre vor heute) ernährten sich die Jäger und Sammler entsprechend den lokalen Umweltbedingungen: Stand in Mitteleuropa das Mammut auf dem Speiseplan, so waren es in Großbritannien Pferd und Rentier; an der französischen und italienischen Mittelmeerküste wurden Meerestiere verspeist. Im letzten glazialen Maximum (27.000-23.000 Jahre vor heute) zwang das sehr kalte und trockene Klima die Menschen zum Rückzug in südliche Regionen. Besonders die iberische, italienische und griechische Halbinsel wurden verstärkt besiedelt.

Die Fossilien von insgesamt vier Menschen aus dem spanischen Serinyà blieben lange Zeit unerforscht, da es Zweifel an ihrem Alter gab. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Girona datierten sie nun mit der Radiokarbonmethode auf ein Alter von 25.000-27.000 Jahren. Das sehr gut erhaltene Kollagen aus den Knochen ermöglichte eine Isotopenanalyse am SHEP in Tübingen. Mit solchen Analysen lässt sich feststellen, woraus sich die Nahrung der untersuchten Menschen im Wesentlichen zusammensetzte.

Ausgrabung Mollet III in Serinyà im Jahr 2014, dabei wurden menschliche Fossilien entdeckt. (Foto: Joaquim Soler)
Ausgrabung Mollet III in Serinyà im Jahr 2014, dabei wurden menschliche Fossilien entdeckt. (Foto: Joaquim Soler)
Aus einem menschlichen Knochen aus der Sammlung der Höhlen von Serinyà wird im Archäologischen Museum von Banyoles eine Probe entnommen. (Foto: Dorothée Drucker)
Aus einem menschlichen Knochen aus der Sammlung der Höhlen von Serinyà wird im Archäologischen Museum von Banyoles eine Probe entnommen. (Foto: Dorothée Drucker)

Erstmals kombinierte das Forschungsteam dies zusätzlich mit einer neuen Methode: In Zusammenarbeit mit Dr. Yuichi Naito (derzeit Nagoya Universität in Japan) löste es einzelne Aminosäuren aus dem Kollagen und analysierte deren Isotopenzusammensetzung. Dies habe ermöglicht, noch detaillierter nachzuvollziehen, ob die Ernährung der steinzeitlichen Menschen auf pflanzlichen Proteinen, Fleisch oder Fisch basierte, so die Autoren, und auch, welche Tiere genau verzehrt wurden.

Nach den Ergebnissen basierte die Ernährung auf terrestrischen Ressourcen, also Pflanzen und Landtiere aus der Region, insbesondere kleine Beutetiere wie Kaninchen. Die Aminosäure-Isotopen bestätigen, dass Fische hingegen kaum verzehrt wurden – bislang hatte man angenommen, dass Menschen in der klimatisch harten Zeit auf Nahrung aus Gewässern angewiesen waren. So lerne man immer wieder dazu, was die Lebensweise und Ernährung der Steinzeit betreffe, sagt Dorothée Drucker. „Offensichtlich wurden nur in einigen wenigen Populationen dieser Zeit gefischt, sogar in Küstenregionen. Scheinbar war die terrestrische Umwelt auch in diesem kalten Klima produktiv genug, um die Menschen zu ernähren.“

Publikation:
Dorothée G. Drucker, Yuichi I. Naito, Neus Coromina, Isaac Rufí, Narcís Soler, Joaquim Soler: “Stable isotope evidence of human diet in Mediterranean context during the Last Gla-cial Maximum”. Journal of Human Evolution, https://doi.org/10.1016/j.jhevol.2021.102967

 

Quelle: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

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