Rätselhafte norwegische Hundekrankheit

Rätselhafte norwegische Hundekrankheit

Was bisher bekannt ist – Die Fakten.

Labortätigkeit
Labortätigkeit

Die rätselhafte Hundekrankheit, die zurzeit in Norwegen grassiert, wirft auch hierzulande immer mehr Fragen auf, seit bekannt geworden ist, dass ein erster Fall einer Infektion mit dem Bakterium „Providencia alcalifaciens“ im schleswig-holsteinischen Bad Oldesloe festgestellt worden sein soll.

Kein Grund zur Panik

Der zuständige „Fachdienst Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung“ des Kreises Stormarn bestätigte unserer Redaktion den Nachweis des Erregers Providencia alcalifaciens bei dem verstorbenen Hund aus Bad Oldesloe und verweist auf die Einschätzung der norwegischen Behörden, „dass aufgrund des Nachweises nicht geschlussfolgert werden kann, dass dieses Bakterium ursächlich für die Symptomatik ist! Darüber hinaus hatte der Hund aus dem Kreis Stormarn, bei dem der Erreger nachgewiesen wurde, nach hiesiger Erkenntnis keinen Aufenthalt in skandinavischen Ländern.“

Das Veterinäramt des Kreises Stormarn teilte weiterhin mit, dass es im engen Kontakt mit dem Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND) stehe, welches das aktuelle Geschehen in Norwegen weiter beobachtet. Ein analoges Geschehen zu den Vorkommnissen in Norwegen sei in Schleswig-Holstein aktuell nicht feststellbar. Grundsätzlich sollten erkrankte Tiere bei einem Tierarzt vorgestellt werden.

Zweifel am Wahrheitsgehalt des Falles in Bad Oldesloe, von dem die Lübecker Nachrichten zuerst berichteten, kamen zuvor auf, da eine Tierarztpraxis aus Bad Oldesloe diesbezüglich ein Dementi auf ihrer Homepage veröffentlichte, welches sich jedoch ausschließlich auf diese eine Praxis bezog.

Lesen Sie hier die Fakten, die bisher vom norwegischen Veterinärinstitut bekanntgegeben worden sind (Stand: 14.09.2019):

In den vergangenen Wochen sind bisher etwa 30 Hunde in mehreren Teilen Norwegens mit Symptomen verstorben, die auf eine akute hämorrhagische Gastroenteritis (Entzündung des Gastrointestinaltrakts) zurückzuführen sind. Ähnliche Symptome wurden auch bei mehr als 60 anderen Hunden beobachtet.

Akute Fälle einer hämorrhagischen Gastroenteritis werden zwar jedes Jahr bei Hunden in Norwegen und im Ausland gemeldet, jedoch in weit geringerer Anzahl als das in den letzten Wochen der Fall gewesen ist.

Um die Ursache dieser Krankheit bei Hunden zu ermitteln arbeitet das norwegische Veterinärinstitut (NVI) mit der norwegischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und mehreren anderen Einrichtungen in Norwegen und im Ausland zusammen, um die Ursache dieser Krankheit bei Hunden zu ermitteln. Es liegen jedoch noch keine endgültigen Ergebnisse vor.

Laufende epidemiologische Untersuchungen haben ergeben, dass sich von den 60 kürzlich gemeldeten Fällen von Hunden mit akutem blutigem Durchfall und Erbrechen, 46 bereits erholt haben. Die gesammelten Daten zeigen auch, dass in Situationen, in denen mehrere Hunde zusammenleben, in den meisten Fällen nur ein Hund krank geworden ist. Dies kann darauf hindeuten, dass diese Krankheit, wenn sie durch einen infektiösen Erreger verursacht wird, ein geringes Übertragungsrisiko zwischen Tieren darstellt. 

Symptome und Verbreitung

Berichte von Hunden, die plötzlich an diesem akuten blutigen Durchfall, Erbrechen und allgemeinem Krankheitszustand litten, wurden erstmals in der Region Oslo registriert. Weitere Fälle mit ähnlichen Symptomen wurden inzwischen in mehreren Landkreisen gemeldet: Nordland, Vestfold, Aust-Agder, Hordaland, Møre und Romsdal, Trøndelag, Buskerud, Hedmark, Rogaland, Østfold, Sogn und Fjordane, Telemark und Akershus.

Die norwegische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat bis zum Ende der vergangenen Woche Berichte über neun neue Fälle von einzelnen Hunden mit akutem blutigem Durchfall und Erbrechen erhalten, von denen mindestens einer bereits gestorben war. Diese Fälle stammen aus verschiedenen Regionen des Landes.

Bei Hunden, bei denen die Krankheit einen tödlichen Ausgang nahm, traten die klinischen Symptome in vielen Fällen plötzlich auf, und der Tod trat innerhalb von 24 Stunden ein.

Es gibt weiterhin keine Berichte über das vermehrte Auftreten ähnlicher Fälle in Nachbarländern und keine Hinweise auf eine Übertragung auf den Menschen.

Was bisher herausgefunden werden konnte

Autopsien an bisher 14 Hunden zeigten pathologische Anzeichen einer schweren hämorrhagischen Gastroenteritis. Bakteriologische Untersuchungen haben eine erhöhte Anzahl von Clostridium perfringens im Darm zusammen mit einem anderen Bakterium Providencia alcalifaciens identifiziert.

Es ist bekannt, dass beide Bakterien bei einer Vielzahl von Tieren und Menschen Durchfall verursachen. Gegenwärtig werden Gewebeproben, Magen- und Darminhalte von toten Hunden und Fäkalien von kranken Hunden auf das Vorhandensein von Viren, Pilzen, Toxinen und anderen möglichen Erregern untersucht.

Das NVI arbeitet derzeit an der Charakterisierung der in diesen toten Tieren gefundenen Bakterienisolate von Providencia alcalifaciens, analysiert aber auch gesunde Tiere auf das Vorhandensein derselben Bakterien. 

Dies soll wichtige Informationen liefern, um zu klären, ob Providencia alcalifaciens mit der Krankheit assoziiert ist. 

Darüber hinaus soll dies Aufschluss darüber geben, ob die aktuellen Fälle Teil einer Epidemie sind, oder ob es sich nur um Einzelfälle handelt, die nur über einen kurzen Zeitraum auftreten.

Bisher konnten die erhobenen epidemiologischen Daten keine Zusammenhänge zwischen den bereits untersuchten Fällen feststellen (Rasse, Alter, Futter, Kontakt mit anderen Tieren, Gebiete, in denen Tiere ausgeführt wurden usw.). 

Ursachen, die ausgeschlossen werden konnten

Aufgrund aktueller Ergebnisse wurden bereits mehrere Ursachen ausgeschlossen:

Bisher scheinen die Ergebnisse eine Vergiftung (z. B. durch Rodentizide oder Algentoxine) auszuschließen, aber andere Arten von Vergiftungen wie natürliche Toxine können noch nicht vollständig ausgeschlossen werden. Des Weiteren haben die Laborergebnisse keinen Hinweis auf Salmonellen oder Campylobacter (Bakterien, die häufig mit Gastroenteritis-Episoden in Verbindung gebracht werden) sowie auf Tularämie gegeben. Zusätzlich können auch Parvoviren (eine Viruserkrankung bei Hunden, die bekanntermaßen Durchfall und hohe Sterblichkeit bei jungen Hunden verursacht) und die Parasiten Giardia und Cryptospodiridum als Ursachen für diese Erkrankungen ausgeschlossen werden.

Eine nicht infektiöse Herkunft kommt ebenfalls noch infrage. Die fortlaufende Datenerfassung über eine Umfrage, die an mehr als 2.000 Tierärzte in Norwegen verteilt wurde, liefert dabei wichtige Informationen (z. B. Bewegung von Tieren, Ernährungsgewohnheiten, frühere Krankheitsbilder usw.), um den Ursprung der erhöhten Mortalität zu klären. Die angeschriebenen Tierärzte meldeten bis jetzt über 100 Fälle.

Empfehlungen der Behörden für Hundebesitzer

Die norwegische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat Hundebesitzern die folgenden Ratschläge erteilt: 

  • Beschränken Sie engen Kontakt mit anderen Hunden.

  • Lassen Sie den Hund beim Spazierengehen nicht andere Hunde „begrüßen“.

  • Vermeiden Sie, dass der Hund in Bereichen schnüffelt, in denen andere Hunde gewesen sind.

  • Wenn Sie blutigen oder sprudelnden Durchfall, Erbrechen und eine rasche Verschlechterung des Allgemeinzustands Ihres Hundes bemerken, suchen Sie sofort die Tierklinik oder den nächsten Tierarzt auf.

  • Rufen Sie Ihren Tierarzt an, bevor Sie Ihren Hund in die Klinik mitnehmen.

  • Befolgen Sie die Impfstoffempfehlungen.

In diesem Video erklärt die Forscherin Hannah Joan Jørgensen vom norwegischen Veterinärinstitut den Stand und die Arbeitsweise des Instituts, um die Ursache der Hundekrankheit zu finden.

Logo des Norwegischen Veterinärinstitutes
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