Die Nachsuche – das oberste Gebot der Waidgerechtigkeit

Die Nachsuche – das oberste Gebot der Waidgerechtigkeit

die Nachsuche ist eine Arbeit für Spezialisten, die Hund und Hundeführer volle Konzentration abverlangt.

Bayrischer Gebirgsschweißhund
Bayrischer Gebirgsschweißhund

Ob für eine geflügelte Ente oder ein laufkrankes Stück Rotwild – die Nachsuche gilt als oberstes Gebot der Waidgerechtigkeit. Die Nachsuchenarbeit ist daher auch nur mit geeigneten Jagdhunden (wir berichteten) waidgerecht und tierschutzkonform. Dieses betrifft meiner Meinung nach auch die Nachsuche auf Wasserwild – sie ist nur mit Jagdhunden erfolgreich, die eine Schwimmspur ausarbeiten können. Deshalb ist auch die Einarbeitung und Prüfung unserer Jagdhunde nach der Prof. Dr. Müller-Methode unverzichtbar.

Bekanntlich werden zur Nachsuche auf Niederwild vielseitig geprüfte und geführte Jagdhunde eingesetzt. Allerdings ist oftmals auch für die Nachsuche auf Rehwild – was zum Niederwild zählt – ein Spezialist erforderlich.                                                                                                                           

Wenn es nun um das Thema Nachsuche auf Schalenwild geht, scheiden sich oftmals die Geister. Das trifft auch dann immer zu, wenn es um die Frage geht, ob man einen Spezialisten rufen soll? Bewusst habe ich hier nicht „Schweißhundführer“ und „Schweißhund“ (Hannoverscher Schweißhund oder Bayerischer Gebirgsschweißhund) geschrieben, da ich die Leistungsfähigkeit auf der Wundfährte von anderen Jagdhunderassen nicht in Frage stellen möchte – bestimmte Voraussetzungen von Hund und Führer als Gespann erfüllend. Vielseitig geführten Jagdhunden sind aber auch oftmals gegenüber den reinen Schweißhunden (HS und BGS) Grenzen gesetzt. So sind unter anderem auch bestandene Prüfungen (wir berichteten) bis zur Verbandsschweißprüfung oder Verbandsfährtenschuhprüfung lediglich als Einstieg in die Praxis zu betrachten. Allerdings bedarf auch der Schweißhund (mit und ohne Ahnentafel des Verein Hirschmann e.V. oder des Klubs Bayerischer Gebirgsschweißhunde 1912 e.V.) eine entsprechende Einarbeitung, Prüfungen, Auslastung und Führung. So macht auch der Besitz eines Schweißhundes noch längst nicht den Schweißhundführer aus – was leider oftmals verkannt wird. Dort, wo im Jahr nur wenige Nachsuchen anfallen, braucht man meiner Meinung nach auch keinen eigenen Schweißhund.

Nachsuchenarbeit nur mit geeigneten Jagdhunden 

Um einige weiterführende Fragen zu klären, haben wir mit Bernd Krewer gesprochen – ein im In- und Ausland bekannter und anerkannter Jagdkynologe, Buchautor und langjähriger Schweißhundführer.

Was sollte eine Hundeführer (als Führer einer auf Vielseitigkeit verwendbar gezüchteten Rasse) nach einer bestandenen Prüfung beim Einstieg in die Nachsuchenpraxis beachten und welche Kenntnisse sollte er haben oder sich aneignen?

Er sollte Passion und Zeit haben. Nachsuchen richten sich nicht nach beruflichen Terminen und die Vollmondphasen, in denen naturgemäß die meisten auf der Einzeljagd verursachten Schwarzwildnachsuchen anfallen, auch nicht. Wer nur am Wochenende und während seines Urlaubs Zeit hat, bringt keine optimalen Voraussetzungen für die Nachsuchenarbeit mit.

Er sollte sich vorab in der einschlägigen Nachsuchen-Literatur schlau machen – gerade die gibt es ja zur Genüge. Er sollte Kontakt zu einem viel beschäftigten Nachsuchenführer aufnehmen und diesen, so oft es geht, bei Nachsuchen als „zweiter Mann“ begleiten. Dabei kann er mehr lernen als aus allen Büchern der Welt!

Viele Hundeführer sagen: „Ich will meinen Hund ausschließlich für einfache Totsuchen gebrauchen.“ Was würden Sie diesen Hundeführern empfehlen und was ist hierbei zu beachten?

Eine Nachsuche ist dann (garantiert!) einfach, wenn am Anschuss ein halbes Pfund Lunge liegt. Ein Leberschuss bei einer Sau kann bereits hohe Anforderungen an Hund und Führer stellen. Umgekehrt ist ein Rumpftreffer bei einem Reh in 99 Prozent aller Fälle eine „einfache“, weil kurze Nachsuche. Die Pirschzeichen am Anschuss richtig ansprechen zu können und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen, ist bereits die halbe Miete.

Bei unklaren Treffern und nicht eindeutigen Pirschzeichen am Anschuss wird es kein Schweißhundführer dem Führer eines nicht spezialisierten Jagdhundes verübeln, wenn er mit seinem Hund 100 bis maximal 200 Meter der Wundfährte am Riemen nachhängt (vorausgesetzt, der eigene Hund ist keine heiße Hündin!), dann aber abbricht und die (zwei- und vierbeinigen) Spezialisten um Hilfe bittet. Jeder vierbeinige BP-, VPS-, VGP-, VSwP/VFSP-Absolvent wird diese maximal 200 Meter ohne Probleme schaffen. 

Da Hunde unterschiedlicher Rassen und Größen oftmals zur Nachsuche geführt werden oder zur Nachsuche geführt werden sollen, stellt sich auch die Frage: Wenn ist unbedingt ein hochläufiger Hund  mit entsprechender Wildschärfe als sogenannter Loshund bei der Nachsuche mitzuführen?

Man sollte immer einen hochläufigen, wildscharfen und laut jagenden Loshund mitführen, wenn der „Riemenarbeiter“ bei der notwendigen Hetze wegen zu kurzer Läufe (Teckel) oder mangelnder Wildschärfe (Retriever, Beagel) den Erfolg der Nachsuche gefährden können. Im Schwarzdorn, im Raps und in ausgedehnten Brombeerverhauen ist auch der mittelgroße bis große Hund bei kranken „mittelgroßen bis großen“ Sauen gefährdet. Er setzt dem Schlag des Keilers viel Masse entgegen und dabei kann eine Menge zu Bruch gehen. Viele Schweißhundeführer setzen hier als Loshunde Deutsche Jagdterrier ein, die sehr viel wendiger sind und dem Keilerschlag weniger Masse entgegensetzen. Wo dem großen oder mittelgroßen Hund die Rippen brechen, fliegt der Terrier oft nur durch die Luft.

Foto: Karin Alperth
Foto: Karin Alperth

Kein Herumprobieren mit ungeeigneten Hunden 

Foto: Joachim Orbach
Foto: Joachim Orbach

Wenn die Nachsuche mit dem eigenen Hund nicht zum Erfolg geführt hat, stellt sich die Frage: Welche Fehler sollte der Hundeführer denn nicht machen?

Auf keinen Fall schnallen und den Hund „frei-verloren“ suchen lassen! Nur der Schweißriemen zwingt den Hund zu der für jede Nasenarbeit zwingend notwendigen Konzentration!

Hunde, die häufig bei Bewegungsjagden eingesetzt werden, können gelegentlich auf gesunden Fährten zum Erfolg also zur Beute führen, nämlich dann, wenn das gejagte Wild vor den Hunden erlegt wird. Bei solchen Hunden „reißt“ der Faden, obwohl sie ja eigentlich gelernt haben, dass nur die Wundwitterung und der Schweiß in der Fährte Erfolg verspricht. Bei solchen Hunden kann und sollte man sich auf die Verleitungssicherheit nicht mehr verlassen. Sie werden jeder frischen Verleitung folgen, die die kalte, vielleicht nicht mehr schweißende Wundfährte kreuzt.

Und nun die Grundsatzfrage: Wann sollte man einen Spezialisten (Hund und Führer) einer anerkannten Schweißhundestation oder Nachsuchenstation zur Nachsuche rufen?

Nachsuchen sind praktizierter Tierschutz und fester Bestandteil dessen, was wir Waidgerechtigkeit nennen. Jedes Herumprobieren mit ungeeigneten Hunden auf den Fährten kranken Wildes verlängert dessen Leiden und Schmerzen und ist im hohen Maße unwaidgerecht.

Kein Schweißhundführer wird es einem Jäger übel nehmen, wenn dieser ihn nach einem Schuss auf eine „Vollmond-Sau“ um Mitternacht anruft und um die Nachsuche bittet. Dann kann dieser planen und frühzeitig seinen Hund am Anschuss ansetzen. Das wird unter Umständen die Leiden des kranken Wildes verkürzen und vielleicht auch den Vorgaben der Wildbrethygieneverordnung noch gerecht werden.

Gestatten Sie mir eine Abschlussbemerkung: Unsere Schweißhundführer sind die wahren Helden der Jagd – auch in unseren Tagen! Ihre Arbeit ist aus meiner Sicht höher einzuschätzen als manche ehrenamtliche Tätigkeit jagdlicher Funktionäre mit Schlips und weißem Kragen. Das sollte endlich einmal auch entsprechend gewürdigt werden – zum Beispiel durch beitragsfreie Ehrenmitgliedschaft in jagdlichen Organisationen.

Zur weiteren Information: Der Klub für Bayerische Gebirgsschweißhunde 1912 e.V. hat eine Broschüre zum Thema „Nachsuche ist Verpflichtung“ herausgegeben: Hier klicken.

Wenn Sie mehr über Jagdhunde wissen wollen, finden Sie hier Informationen zu verschiedenen Rassen:

Unsere Jagdhunde (XXIII): Der Deutsch-Drahthaar
Unsere Jagdhunde (XXII): Der Bayerische Gebirgsschweißhund
Unsere Jagdhunde (XXI): Die Westfälische Dachsbracke

Unsere Jagdhunde (XX): Die Deutsche Bracke
Unsere Jagdhunde (XIX): Der Barbet – Ein treuer Gefährte für Jäger und Familien
Unsere Jagdhund (XVIII): Die Steirische Rauhhaarbracke
Unsere Jagdhunde (XVII): Eleganz in grau – der Weimaraner
Unsere Jagdhunde (XVI): Der Beagle als Jagd- und Familienhund
Unsere Jagdhunde: (XV): Ein kastanienbraunes Temperamentsbündel – Der Irish Setter
Unsere Jagdhunde (XIV): Der Hannoversche Schweißhund
Unsere Jagdhunde (XIII): Versicherung für Vierbeiner
Unsere Jagdhunde (XII): Der Deutsch Kurzhaar

Unsere Jagdhunde (XI): Ambitionierter Apportierhund – der Labrador Retriever
Unsere Jagdhunde (X): Der Jämthund – das schwedische Kraftpaket
Unsere Jagdhunde (IX): Dackel, Teckel, Dachshund – ein verlässlicher Jagdbegleiter
Unsere Jagdhunde (VIII): Die Schweizer Laufhunde – Vier auf einen Streich
Unsere Jagdhunde (VII): Der kleine Münsterländer
Unsere Jagdhunde (VI): Ideal für Jagd und Familie – der Cocker Spaniel
Unsere Jagdhunde (V): Wissenswertes über Zecken
Unsere Jagdhunde (IV): Der Pointer – Sprinter mit Spürnase!
Unsere Jagdhunde (III): Die Alpenländische Dachsbracke
Unsere Jagdhunde (II): Magyar Vizslas – Majestätische Vierbeiner
Unsere Jagdhunde (I): Vom Welpen zum Waidmannsheilbringer