WWF outet sich zum Jagdtourismus

WWF outet sich zum Jagdtourismus

Riedböcke
Riedböcke

Nun ist die Bombe geplatzt: Ein Jahr nach dem millionenfach in den sozialen Netzwerken betrauerten Tod des Löwen „Cecil“ (wir berichteten) hat die weltgrößte Naturschutzorganisation sich zum Jagdtourismus geoutet. In der Szene wusste man seit Langem, dass die „spin doctors“ des „Worldwide Fund for Nature“ etwas zum Thema zusammenbrauen.

Emotionale Tierfreunde hofften auf einen Verriss. Radikale Tierrechtsorganisationen hofften auf ein ausgewogenes Papier, damit sie mit ihren schrillen und einseitigen Verurteilungen der Jagd im Konkurrenzkampf um die dreistelligen Millionenbeträge der spendenfreudigen Tierfreunde weiterhin die Nase vorne behalten. Die Spendensammler unter dem Logo des Pandas waren deshalb auch sehr besorgt. Positive Aussagen zum kontroversen Thema Auslandsjagd könnten die über fünf Millionen Spender des WWF verschrecken. Die meisten haben vom praktischen Naturschutz wenig Ahnung und wollen einfach etwas Gutes für die wilden Tiere tun. 

Aus WWF-Kreisen verlautet, dass die Ausarbeitung des Positionspapiers der in mehr als 80 Ländern vertretenen Nichtregierungsorganisation deshalb auch so lange gedauert hat. Man hat nicht nur wissenschaftlichen Sachverstand zu Rate gezogen, sondern das Thema auch breit zwischen den Fachleuten der internationalen Organisation diskutiert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die meisten Auslandsjäger würden das auch unterschreiben. 

Laut WWF haben wissenschaftliche Untersuchungen und die praktische Erfahrung gezeigt, dass die Trophäenjagd ein wirksames Mittel für den Naturschutz sein kann, wenn sie als Teil einer breiten Mischung unterschiedlicher Strategien und Maßnahmen daherkommt. Voraussetzung ist eine rigide Kontrolle der Jagdausübung, um Missstände zu verhindern.

Ungeregelte, nicht nachhaltige Jagd kann hingegen die Wildbestände ernsthaft schädigen. Der WWF lehnt deshalb strikt jegliche Jagd ab, die Tierarten oder Naturräume nicht nachhaltig nutzt, sondern gefährdet. Ganz wichtig ist es dem WWF, Trophäenjagd auch nur dann zu unterstützen, wenn im Einzelfall nachgewiesen werden kann, dass diese Bejagung einen konkreten Nutzen sowohl für den Naturschutz als auch für die vor Ort lebenden Menschen erbringt. Als Beispiele für eine solche positive Jagd werden Namibia und die Jagd auf Schraubenziegen (Markhor) in Pakistan genannt. In beiden Fällen haben die Wildbestände ganz enorm vom Jagdtourismus profitiert, ebenso die Dorfgemeinschaften, die Seite an Seite mit den Wildtieren leben. Als Negativbespiel wird die Jagd auf gezüchtete Tiere und in Kleingattern („canned shooting“) genannt. Ohne es explizit zu nennen, ist hier vor allem das Erschießen von dafür eigens gezüchteten Löwen in Südafrika gemeint, was ja auch von Jagdorganisationen wie dem DJV oder dem CIC verurteilt wird. Ein weiteres genanntes Negativbeispiel ist die Bejagung von Bären und Leoparden im pakistanischen Himalaya. Allerdings ist hier davon auszugehen, dass es sich nicht um regulierten Jagdtourismus, sondern um einheimische Jäger und Wilderei handelt. 

Der WWF äußert sich auch zur kontroversen Frage, ob gefährdete Tiere, die auf roten Listen stehen, gejagt werden dürfen. Wenig informierte Tierfreunde lehnen dies ja ganz vehement ab. Der WWF schließt sich der Meinung von CITES und den Jagdverbänden an: Wenn solche Jagd strikt kontrolliert wird und dem Überleben der Tierart nützt, dann ja.

Im Positionspapier werden genaue Kriterien aufgeführt, welche Formen von Jagd abgelehnt werden. Ebenso werden die Voraussetzungen aufgeführt, unter denen der WWF Jagdprogramme unterstützt und die Standards, die Jagd dann einhalten muss. Der WWF ist bereit, Regierungen und Naturschutzbehörden in Sachen Trophäenjagd zu beraten, um die Qualität des Jagdtourismus zu verbessern. Das Positionspapier ist vor allem für die afrikanischen und zentralasiatischen Entwicklungsländer von Bedeutung. 

Mit seiner Position zum Jagdtourismus hat der WWF nicht nur Sachverstand gezeigt, sondern auch Mut bewiesen. Es wird jetzt interessant sein, zu beobachten, wie die Organisation auf die zu erwartende Kritik, die oft unsachlich sein wird, reagiert. Werden die Spenden zurückgehen, wenn eine Naturschutzorganisation den Spendern nicht nach dem Mund redet, sondern aufzeigt, dass praktischer Naturschutz komplex ist, und manchmal auch unkonventioneller Lösungen bedarf? Der WWF hatte auch in Vergangenheit schon eine schriftliche Position zur Jagd. Sie war weniger pointiert, vertrat aber letztlich auch die nachhaltige Nutzung von Wildtieren, einschließlich der Jagd. Im Konfliktfall knickte der WWF allerdings ein, wie das Gerangel um König Juan Carlos in Spanien vor vier Jahren zeigte. Der König hatte völlig legal in Botswana, einem Land mit einer viel zu hohen Elefantenpopulation, auf diese Dickhäuter gepirscht. Der WWF Spanien entzog ihm deshalb den Titel eines Ehrenpräsidenten.