Wildunfälle: Shitstorm und Zensur wegen Aufklärungsversuch

Wildunfälle: Shitstorm und Zensur wegen Aufklärungsversuch

Wildunfälle sind grausam, aber sie passieren. Dass manche lieber die Augen davor verschließen, musste ein Jagdpächter bei Facebook erfahren.

Unfallbild einer Ricke
Unfallbild einer Ricke

Rein rechnerisch kollidiert in Deutschland alle zwei Minuten ein Auto mit einem Wildtier, Tendenz steigend (wir berichteten). Daher werden von den klassischen Warnreflektoren über Ultraschall bis hin zu Smartphone-Apps immer mehr Methoden getestet, um Wildunfälle zu verhindern. Alle diese Maßnahmen können jedoch nur funktionieren, wenn Autofahrer nicht rasen und sich verantwortungsvoll und aufmerksam verhalten.

Kracht es dann doch, ist das meist alles andere als schön. Ein von der Stoßstange zerfetzter Hase, aus dem Mutterleib gerissene Rehkitze: Das sind Bilder, die man nicht so schnell vergisst, weder als Autofahrer, noch als Jäger. Waidmänner und -frauen setzen sich daher schon lange dafür ein, dass das Thema in der Öffentlichkeit präsent bleibt. Schließlich sind sie als zuständige Jagdpächter auch diejenigen, die neben der Polizei als erstes am Unfallort sind und angefahrene Tiere von ihrem Leid erlösen müssen, nicht selten erst nach langer Nachsuche.

Soziale Medien können zusätzlich zu den Aufklärungskampagnen und Präventionsmaßnahmen eine gute Möglichkeit sein, die Öffentlichkeit für das Thema Wildunfälle zu sensibilisieren. Das fand auch ein Jagdpächter aus Radevormwald nahe Wuppertal, wie lokalkompass.de berichtete. Der Berufsfeuerwehrmann Eckhardt Weber wurde vor einigen Tagen von der Polizei zu einem Wildunfall auf der B229 gerufen. Der Fahrer war geflüchtet, das tote Wild lag auf der Straße. Weber beschloss, die unschöne Szene zu fotografieren und postete die Bilder anschließend in einer lokalen Facebook-Gruppe mit über 6000 Mitgliedern, um über das Thema aufzuklären und auf die Unfallflucht aufmerksam zu machen.

Aufklärung bitte nur schön und weichgespült

Die Reaktionen folgten prompt: Weber wurde vorgeworfen, „pervers“ und „obszön“ zu sein. Laut dem Bericht wurde er als „sensationssüchtiger, kranker Typ und ekliger Widerling“ bezeichnet, der „ethisch moralisch zum menschlichen Abschaum zählt.“ Das zugegebenermaßen recht drastische Bild wurde samt Beitrag daraufhin vom Gruppenadministrator entfernt – jegliche Diskussion zum Thema war unerwünscht.

Dass Debatten in Facebook-Gruppen gerne mal eskalieren und manche Gruppenadmins lieber zensieren, anstatt zu administrieren, damit dürfte jeder Facebook-Nutzer schon eigene Erfahrungen gemacht haben. Doch im aktuellen Beispiel fragt man sich tatsächlich, wie sinnvoll soziale Medien noch sind, wenn ein Opfer von Hasskommentaren mit dem Löschen seines Beitrags abgestraft wird, und die Verursacher der Empörungswelle am Ende Recht bekommen. Die Reaktionen folgen der Logik einer rosaroten Filterblase: „Wenn es nicht in meiner Timeline auftaucht, dann gibt es das auch nicht.“

Jäger sind beliebte Buhmänner im Internet

Wieder einmal wurde ein Jäger, der auf ganz reale Zustände hinweisen wollte, zur Zielscheibe von Hass. Doch es wäre falsch, jetzt einfach nur die Opferkarte auszuspielen. Die Kluft zwischen Natur und Sofa hat sich inzwischen so sehr vergrößert, dass Jäger und Naturnutzer Aufklärungsarbeit leisten und daran festhalten müssen, auch wenn die Reaktionen manchmal alles andere als positiv sind. Genau das hat Eckhardt Weber übrigens getan: Das Foto veröffentlichte er nach dem Shitstorm auf einer Filesharing-Plattform, weit weg von Facebook-Filtermechanismen und Kommentarspalten. Denn Wildunfälle sind blutige Realität – sie passieren, auch wenn sie in keiner Timeline auftauchen.