Wahl in Schleswig-Holstein: Jagdpolitisch sehr konträre Positionen

„Die Möglichkeit für juristische Personen, einen Antrag auf Befriedung ihrer Eigentumsflächen aus ethischen Gründen stellen zu können, kann zu einer Aushöhlung und Zersplitterung des bewährten Reviersystems führen.“

„Wo Freiwilligkeit nicht ausreicht, setzen wir auf gesetzliche Regelungen“

Wahl in Schleswig-Holstein: Jagdpolitisch sehr konträre Positionen

Bevor die Bürger zwischen Nord- und Ostsee am 7. Mai wählen, verrät ein Blick in die Wahlprogramme, ob die Parteien weitere Änderungen planen, die die Jagd beeinflussen.

Flagge Schleswig-Holsteins
Flagge Schleswig-Holsteins

FDP

Bündnis 90/Die Grünen

Wenn die Grünen in Bundesländern mitregieren, gar den Umweltminister stellen, werden die Jagdgesetze geändert. So auch in Schleswig-Holstein unter Ressortchef Robert Habeck. Bevor die Bürger zwischen Nord- und Ostsee am 7. Mai ein neues Parlament wählen, verrät ein Blick in die Wahlprogramme, ob die Parteien weitere Änderungen planen, die die Jagd beeinflussen oder sogar restriktiv beschneiden. Genauso wichtig für die Wahlentscheidung ist die Frage, welche Koalitionen überhaupt denkbar sind, in denen dann jagdpolitische Konzepte umgesetzt werden können. Manches könnte dabei davon abhängen, ob die Linken in den Kieler Landtag einziehen. Ist das der Fall, sind sowohl eine Große Koalition, ein Bündnis von CDU, Grünen und FDP – die sogenannte Jamaika-Koalition – sowie vielleicht eine schwarz-grüne Kooperation möglich, um eine Mehrheit im Landtag zu haben. Auch eine Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen ist denkbar. Ein reines Zweierbündnis sowohl aus CDU und FDP wie auch von SPD und Grünen ist unwahrscheinlich. Und eine Zusammenarbeit mit der AfD lehnen alle derzeit im Parlament vertretenen Parteien ebenso ab wie die Linken.

Jagdpolitisch sind die Positionen der Parteien oft sehr konträr. Dabei machen die Politneulinge der AfD in ihrem Programm die umfangreichsten Aussagen zu dem Thema – und das ganz im Sinne der Jäger und zum Schutz des Wildes. Um dessen übermäßige Beunruhigung einzudämmen, sollen das unbegrenzte Waldbetretungsrecht auch außerhalb der Wege eingeschränkt und die Möglichkeit zur Ausweisung von Wildruhezonen eröffnet werden. „Die Jagd als Form des aktiven Naturschutzes und der Naturbewirtschaftung ist eine über viele hundert Jahre in Deutschland und Europa entstandene Form des Umgangs mit unserer Umwelt, aber auch ein Kulturgut, das es zu schützen gilt. Die Jagdverbände stellen die am besten ausgebildete Gruppe von aktiven Naturschützern und -bewahrern dar“, lautet das klare Bekenntnis.

Die AfD fordert, „dass Schulen über die Jagd sachlich und ohne ideologische Scheuklappen informieren“, nicht zuletzt, um so Nachwuchs für die Jagd zu gewinnen. Sie fordert eine Aufhebung des Jagdverbots mit bleihaltiger Munition und, dass die Liste der jagdbaren Arten „nicht weiter gekürzt wird und Jagdzeiten nur angepasst werden dürfen, wenn ein wildbiologischer Grund vorliegt oder andere Nutzer (im besonderen Land- und Forstwirtschaft) durch die Bestandzahlen der betroffenen Wildart beeinträchtigt werden“. Außerdem wird die Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht gefordert, um zukünftig eine „bestandsorientierte Bejagung“ zu ermöglichen. Grundstückseigentümer, die ihre Flächen jagdlich befrieden lassen, sollen für Folgeschäden durch mangelnde Bestandskontrolle haften müssen.

Ganz am anderen Spektrumsende in Sachen Ausführlichkeit bewegt sich die SPD mit ihren Aussagen. Schon den Begriff Jagd sucht man in ihrem Wahlprogramm vergeblich. So lässt sich nur schließen, was es heißt, wenn die Weiterentwicklung eines Biotopverbundsystems sowie eine naturnahe und nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder in Aussicht gestellt werden. Die Energiewende soll durch einen Ausbau der Windkraft fortgesetzt und der Ökolandbau gefördert werden.

„Seeadler, Fischotter, Biber, sogar der Wolf sind wieder da“, freuen sich Bündnis 90/Die Grünen und suggerieren, dies seien Erfolge ihrer Politik. Auch die Grünen wollen das Schutzgebiets- und Biotopverbundsystem fortentwickeln und obendrein ein „Umsetzungsprogramm zur Entwicklung von Wildnisgebieten auf zwei Prozent der Landesfläche (gut 31.000 Hektar)“ initiieren. Dabei geben sie freimütig zu, zur Durchsetzung ihrer Ideologie auch die Daumenschrauben anzuziehen. Denn: „Wo Freiwilligkeit nicht ausreicht, setzen wir auf gesetzliche Regelungen“, heißt es im Wahlprogramm. Da wissen die Jäger doch wenigstens, was diese Ankündigung bedeutet: „Gemeinsam mit dem Landesjagdverband, der Arbeitsgemeinschaft Naturnahe Jagd und den Naturschutzverbänden wollen wir die Grundlagen für ein modernes Jagdrecht schaffen.“

Dazu passt, dass der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) – die politische Vertretung der dänischen Minderheit und der nationalen Friesen – als dritter Partner der derzeit regierenden Küstenkoalition konsequent die Bewahrung der Biodiversität verfolgen will. Die Partei, die von der Fünf-Prozent-Hürde befreit ist und deshalb dem nächsten Landtag auf jeden Fall angehören wird, plädiert deshalb dafür, einen höheren Anteil der öffentlichen Wälder dauerhaft aus der Forstnutzung zu nehmen. Der SSW zielt zudem auf einen verstärkten Flächenankauf durch das Land und eine Aufforstung mit Mischwald.

Die Linke will dieses Ziel durch ein „Landesprogramm zur Umstellung auf naturnahe Waldwirtschaft“ erreichen. Landesforsten sollen nach dem Naturlandwald-Zertifikat angelegt werden. Außerdem spricht sich die Linke für einen Plan gegen die Bedrohung der Artenvielfalt aus, den sie in Zusammenarbeit mit Umweltschutzverbänden erarbeiten möchte. Von Jagd und Jägern ist dabei wie im gesamten Programm nicht die Rede.


Da tickt die FDP ganz anders. Sie attestiert zunächst einmal Land- und Forstwirten, Garten- und Landschaftsbauern, Imkern, Fischern sowie den Jägern, „hervorragend ausgebildete Fachleute“ zu sein. Deshalb setzt sie auf „eine Stärkung des eigenverantwortlichen Handelns im jagdlichen Bereich“, in Hegegemeinschaften und Jagdgenossenschaften sowie auf einen Abbau von bürokratischen Hemmnissen. Nutzungsbeschränkungen sind für die Liberalen Eingriffe in das Eigentum und auf das Nötigste zu beschränken. Die pauschale Stilllegung von Waldflächen lehnen sie ab. 

„Die Möglichkeit für juristische Personen, einen Antrag auf Befriedung ihrer Eigentumsflächen aus ethischen Gründen stellen zu können, kann zu einer Aushöhlung und Zersplitterung des bewährten Reviersystems führen. Die FDP wird das Landesjagdgesetz daher an dieser Stelle ändern“, heißt es überdies. Im Umgang mit dem Wolf fordern die Liberalen „eine ehrliche und sachliche Debatte“ sowie eine offensive Informationspolitik und klare Regelungen für Prävention und Schadensersatz. Geboten sei zudem eine „bessere Einbindung der Jägerschaft, gerade bei verunfallten oder verhaltensauffälligen Wölfen“.

In die gleiche Kerbe schlägt die CDU. Sie will ein Landesnaturschutzgesetz vorlegen, „in dem die wirtschaftliche Freiheit respektiert wird und das zugleich die besondere Verantwortung der Naturnutzer betont“. Dieses Gesetz werde vorrangig regeln, „dass die Verantwortung des Eigentums gestärkt und das Vorkaufsrecht durch das Land abgeschafft wird“. Sehr klar formulieren die Christdemokraten: „Wir stehen hinter den Jägern und werden die jüngsten Einschränkungen der Jagd wieder rückgängig machen. Die Jagd trägt einen großen Teil zum Naturschutz bei.“ Zurücknehmen, weil bundesweit einmalig und nicht gerechtfertigt, wollen sie die Möglichkeit, dass auch juristische Personen – also Vereine, Verbände und Organisationen – Flächen von der Jagdausübung befreien lassen können. Außerdem setzen sie sich dafür ein, den Krähenbestand zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, und sie wollen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass der landeseigene Wald „aktiv und gewinnbringend bewirtschaftet wird“. Nur in Ausnahmefällen soll er aus der Nutzung genommen werden.