Von wegen Schnee-Katastrophe

Von wegen Schnee-Katastrophe

So viel Aufregung wegen ein bisschen Schnee. Anschaulicher lässt sich die Naturferne der Moderne kaum illustrieren.

Schneelandschaft
Schneelandschaft

Grüne Weihnachten bis hinauf nach Skandinavien, Schneeballschlachten in Athen und Istanbul. Das Wetter spielt verrückt. Und mit ihm die Vollkasko-Zeitgenossen, die zu einem beträchtlichen Teil wohl schon vergessen haben, wie sich ein richtiger Winter anfühlt. 



Jäger und Landwirte wissen: Viel Schnee war früher ganz normal und milde Winter gab es früher auch, aber nur manchmal. Und sie wissen, was droht, wenn die kalte Jahreszeit nicht mehr das ist, was sie mal war. Das Wasser der Schneeschmelze in den Bergen wird uns und der Natur fehlen. Die Natur wird sich verändern.



So manche Zugvögel werden zu Standvögeln. Die Sauen vermehren sich noch stärker, wenn es kaum noch Notzeit gibt. Wenn es mal Schnee gibt, kommt er kurz, aber heftig. Das Risiko für Wind- und Schneebruch wächst. Und nebenbei wird „Schlittenfahren“ für die Kinder zum Fremdwort. 


Sicher ist nur: Runter kommt das Wasser irgendwann immer. Aber immer öfter im Frühling und im Frühsommer. Ein Jahrhunderthochwasser jagt das nächste, auch zum Schaden der Wildtiere. Es gefährdet nicht nur Menschen, sondern auch die Bodenbrüter. 



Wir werden noch mehr Deiche bauen, noch mehr Flüsse begradigen und noch mehr Schneekanonen installieren. Wir werden noch mehr Bergwald verhunzen, damit die Wintersportindustrie noch eine Weile überlebt – und das Schalenwild noch mehr den Sündenbock abgeben muss. 



Gegen Naturferne hilft nun mal keine Winterreifenpflicht. Und auch nicht die Hysterie der Massenmedien, die ab fünf Zentimeter Neuschnee den Notstand ausrufen. Biathlon und Langlauf auf Kunstloipen zwischen grünen Hängen sind da kein Triumph der Technik, sondern Armutszeugnis. Zumal, wenn der neue Häuptling der führenden Wirtschaftsweltmacht den Klimawandel leugnet.

Die Natur wird’s überleben

Die Natur wird all das wohl überleben, irgendwie. Aber sicher nicht so, dass es ohne Verluste an liebgewonnener Natur und Kreatur abgeht. Vegetation wird sich weiter verändern, nicht nur durch den Anbau von Energiepflanzen, sondern auch durch natürliche Verdrängung, schon zu beobachten am gar nicht so unerklärlichen Aussterben vieler Insektenarten. 



Anpassungsfähigkeit ist da ein Zauberwort, das in Wahrheit nicht optimistisch stimmen sollte. Denn das bedeutet vor allem auch Wandel und Abschied vom Gewohnten, auch in der Tierwelt. Und wenn es dann zwischendurch tatsächlich wieder mal richtig Winter werden sollte, trifft er auf Menschen, die das für eine Katastrophe halten.