Trojanische Rückepferde

Trojanische Rückepferde

In Zeiten der Klima-Diskussion tut die Forstwirtschaft gut daran, aus Öko-Träumen aufzuwachen. Sonst wird sie zum nächsten Opfer der Vulgär-Umweltschützer, die jedwede Art menschlicher Naturnutzung bekämpfen.

Zwei Rückepferde bei der Arbeit
Zwei Rückepferde bei der Arbeit

Logisch, wir alle träumen von einer heilen Welt. Mit glücklichen Tieren, naturbelassenen Wäldern und ganz ohne Agrarchemie. Aber in Wahrheit sind solche Träume Illusion. In der Tat gehört der Mensch zu den Hauptursachen der gern beklagten Veränderung. Aber die Aufgabe, gut acht Milliarden Artgenossen zu ernähren, verlangt Kompromisse. 

Das gilt auch für den Forst, der sich akut die Frage gefallen lassen muss, ob gestern noch gültige Rezepte genügen, wenn in Wahrheit längst die Hütte brennt? Wenn die verbleibende Zeit nicht ausreicht für den Waldumbau, der Generationen bräuchte. Fürs Klima sind Fichten jedenfalls wichtiger als gar keine Bäume. Und, nebenbei bemerkt, ein Produkt der Forstwissenschaft vergangener Generationen. 

Im Extrem zeigen die meisten deutschen Nationalpark-Wälder, wo die Reise ohne überfällige Korrekturen hingeht: Riesige Kahlflächen statt Urwald. Millionen Euro Steuergelder in den Sand gesetzt mit Buchenpflanzen, die nicht hochkommen und so für das Klima eine teure Nullnummer bleiben. Ausgeträumt sogar die schönen Bilder von Rückepferden und Plenter-Wirtschaft. 

Ohne „Vollernter“ wird es nicht gelingen, die massenhaft absterbenden Käferbäume aus dem Wald zu schaffen – um so wenigstens das Schlimmste zu verhindern. Als willkommener Helfer der Öko-Forstwirtschaft haben Buchdrucker & Co. erst mal Pause. Wie so manche Experimente, die den Hitze-Test der letzten Sommermonate nicht bestanden haben, da nun auch alte Buchen und Eichen sterben und früher kaum beachtete Laubbaum-Schadinsekten in Massen schwärmen. 

Die Verfechter der kompromisslosen Naturlehre flüchten sich in Experimente mit exotischem Gehölz. Und in Kampfansagen gegen Reh und Hirsch. Als wäre es nicht weit wichtiger, auf Käfer-Jagd zu gehen. Um zu retten, was womöglich noch zu retten ist. Und zur Abwechslung auch, um wieder ein wenig Geld zu verdienen mit dem Wald, von dem einst ganze Landstriche lebten. 

Wenn die Politik nun aus Angst vor Wahlniederlagen Milliarden für den Forst verspricht, ist sie gut beraten, darauf zu achten, dass das Geld wirksam eingesetzt wird: Nicht zur Fortsetzung von Experimenten, sondern mit dem Ziel, Bäume zu retten und mit bewährten Methoden für Nachwuchs zu sorgen. Es ist nicht die Zeit für Förster, die mit Bäumen sprechen. Sondern für solche, die anpacken. 

Am Rande: Wälder, die sich (nicht nur fürs Klima!) rechnen, sind den allermeisten Wahlberechtigten auch als Erholungsraum gut genug. Normalverbrauchern macht Öko-Urwald eher Angst. So wie sie gern mal ein Reh bestaunen und die Wölfe mögen – so lange diese nicht im eigenen Vorgarten nach Beute suchen. 

Der Versuch, im Wald die Uhr zurückzudrehen, bleibt Illusion, wenn sich der Rest der Welt immer schneller von der Natur entfernt. Und kaum jemand die Frage wagt, ob es möglich ist, die Wachträume von der Bilderbuch-Natur zu retten und zugleich um jedes Menschenleben auf dem übervölkerten Planeten zu kämpfen.