Träumen von Jamaika

Träumen von Jamaika

An den Rändern der Öko-Szene machen sich Tagträume zur Machtergreifung über die Agrar- und Umweltpolitik einer Jamaika-Koalition im Bundestag breit. Aber das ist wohl reines Wunschdenken.

Jamaika-Flagge
Jamaika-Flagge

Vorab: Wenn es um Maximalforderungen aus der Tierrechte-Szene geht, waren die Grünen schon vor der Bundestagswahl nicht mehr das, was sie in den Jahren zuvor waren. Eher setzen sich dort unter dem Eindruck einbrechender Beliebtheitswerte jene Pragmatiker durch, die bereit sind, die Kirche im Dorf zu lassen.

Klar ist außerdem: Gegen die Interessen breiter Bevölkerungsschichten wie der bäuerlichen Landwirtschaft und der urbanen Industriegesellschaften gibt es keine tragfähigen Mehrheiten. Das wissen mittlerweile sogar die Sozialdemokraten, die ihre Bundesumweltministerin fern jeder Bodenhaftung gewähren ließen.

CDU und, vor allem, CSU werden alles daran setzen, ihr Stammpublikum nicht weiter zu irritieren – ganz gleich, wer auch immer in einer künftigen Koalition die Ressorts Umwelt und Landwirtschaft besetzen wird. Und es wird keinen Koalitionsvertrag geben, der auf diesem Feld Raum für Minderheitenpositionen lässt.

Jamaika-Koalition als Regierung der Realpolitiker?

Wenn derart ungleiche Partner zusammenfinden müssen, um überhaupt noch eine regierungsfähige Mehrheit zu finden, ist dies die Stunde der Realpolitiker. Und die Stunde einer schonungslosen Analyse der Defizite, die den etablierten Parteien den Niedergang eingebrockt haben.

 Zu diesen Defiziten gehört mit Sicherheit auch das getrübte Gefühl für die Dinge, die den Menschen wirklich wichtig sind. Sicher kein Unfallhilfswagen für verletzte Wölfe, wenn es in ländlichen Region zunehmend an der ärztlichen Versorgung der Menschen fehlt. Und sicher kein Streit um Nilgänse, die den Menschen die Freibad-Freude vermiesen.

Wenn Stuttgarts grüner Ministerpräsident rigorose Diesel-Fahrverbote verweigert und sogar grüne Umweltminister der Hexenjagd auf Bauern abschwören, werden die wahren Kräfteverhältnisse erkennbar. Die Bürger, die letztendlich das Sagen haben, wollen sicher auch Fortschritte beim Umwelt- und Tierschutz. Aber nicht nach den Vorstellungen einer radikalen Mini-Minderheit, sondern mit Maß und Ziel.

Wie immer das kommende Bundeskabinett aussehen wird – und wer immer die Ministerposten besetzt –, es wird eine Regierung mit Augenmaß und Sinn für breite Bevölkerungsschichten sein. Oder sie wird scheitern, auch zum Schaden jener Minderheiten, die ihre Anliegen bisher am liebsten über die Interessen der großen Mehrheit hinweg durchsetzen wollen.

Wer’s nicht glauben will, mag weiter träumen. Und damit einen Wandel befördern, der dafür sorgen wird, dass nicht nur Sozialpolitik und Hilfsbereitschaft, sondern auch Öko-Themen nicht mehr besonders wichtig scheinen.