Tierliebe ohne Maß und Ziel: Kieling, Wohlleben und Co.

Tierliebe ohne Maß und Ziel: Kieling, Wohlleben und Co.

Andreas Kieling
Andreas Kieling

Zu den größten Bedrohungen der Menschheit zählt nicht allein die Umweltzerstörung. Zur Gefahr wird zunehmend auch die überhöhte Tierliebe ohne Maß und Ziel. Und fern von allen Prinzipien der Arterhaltung.

Ein Blick auf die vergangenen Wochen zeigt, wie weit es schon gekommen ist: Der Tierfilmer und gelernte Berufsjäger Andreas Kieling stellt den Abschuss des Problemwolfs „Kurti“ in Relation zu jährlich 3500 Verkehrstoten (wir berichteten). Der Talkshow-Förster Peter Wohlleben zieht den unsäglichen Vergleich zwischen Jäger-Hochsitzen und den Wachttürmen an der ehemaligen DDR-Grenze (wir berichteten). Mitarbeiter des Essener Gruga-Parks bekommen Morddrohungen, weil die Gänseplage im Park auch mit Abschüssen gelindert werden soll (wir berichteten).

Was uns Jäger Kieling aus total abgehobener Position wohl sagen will: Bei derart vielen Verkehrstoten kommt es auf das Risiko, von einem Wolf angefallen zu werden, wohl nicht so sehr an. Kein Wort darüber, dass der Straßenverkehr ein Motor der Wirtschaft und damit der Nahrungsgrundlage vieler Menschen ist. Aber die Existenz der Werktätigen ist wohl nicht so wichtig wie Kielings Fehlurteil: „Seit zwei Tagen ist in Deutschland wieder die Wolfsjagd eröffnet.“

Es war ja keine Wolfsjagd, sondern der Abschuss eines einzelnen, verhaltensauffälligen Tieres, angeordnet von einem „grünen“ Umweltminister, der wohl ahnte, was ihm blühen würde, käme durch Kurti & Co. ein Mensch zu Schaden (wir berichteten). Kritik auf einem Niveau mit Förster Wohllebens Behauptung, dass die Sauen zur Stadtplage werden, weil sie im Wald nicht mehr sicher vor den Jägern sind. Und dann noch der Vergleich mit DDR und Todesstreifen.

Morddrohungen gibt’s längst nicht nur im Gruga-Park, sondern auch bei den Tierrechtler-Protesten zu Gesellschaftsjagden überall im Lande. Wer will leugnen, dass das „Mörder“-Geschrei geeignet ist, die Hemmschwelle zu Straftaten abzusenken? Wer wagt noch den Hinweis, dass die gesetzestreue Jagd ein „vernünftiger Grund“ ist, Tiere zu töten? Und kompromisslose Tierliebe keine Rechtfertigung, Mitmenschen an Leib und Leben zu bedrohen.

Noch schlimmer sind die (Lebens-)Lügen. Vor allem jene wie diese, dass der schweizerische Kanton Genf ganz ohne Jagd auskommt. Oder das Leugnen, dass in Holland die Wildgänse in Massen behördlich vergast werden, seit die Jagd unter dem Druck von Jagdgegnern weitgehend verboten wurde. Fast schon ein fester Bestandteil der Tierrechte-Szene ist es, erwiesen falsche Behauptungen wieder und wieder nachzubeten.

Wann erleben wir die ersten Proteste gegen Mückenspray und Fliegenfänger? Wann lassen wir die Ratten in unseren Siedlungen gewähren? Wann wird das Leugnen des natürlichen Fressverhaltens der Gattung Mensch zur Staatsräson? Und wann müssen Tiermäster wegen der Tierrechtler-Attentate einen Risikozuschlag auf ihre Preise fordern, der dann Niedrigverdiener besonders trifft?

Die Vorkämpfer einer Welt, in der Menschen im Gegensatz zu allen anderen Geschöpfen ihren Überlebenswillen aus eigener Verwirrung aufgeben, haben die Massenmedien schon ziemlich fest im Griff. Wie Andreas Kieling, der den Abschuss eines unberechenbaren Jungwolfs zum Gegenstand einer ganz eigenen Art von Patriotismus erhebt: „Ich könnte kotzen, dass so was in Deutschland möglich ist.“ Aber da hat er doch irgendwie auch wieder recht, seine Menschenferne betreffend.