Streitpunkt: Drückjagden im Forst

Streitpunkt: Drückjagden im Forst

Trotz der drohenden Afrikanischen Schweinepest ist die Bereitschaft zu revierübergreifenden Drückjagden mit dem Staatsforst bei vielen Jagdpächtern gering. Oft verständlich, bei einem Blick auf so manche winterliche Rehwild-Strecken.

Schwarzwild im Schnee
Schwarzwild im Schnee

Vorab ein Dankeschön an unseren User „Grimbart“. Er hat uns in seinem Beitrag zum Wolfstod einer Dachsbracke auf die Idee gebracht, das Thema Drückjagd noch einmal genauer in den Fokus zu nehmen. „Grimbart“ meint: „Im Januar durchgeführte Bewegungsjagden müssen sehr kritisch gesehen werden, wegen des erhöhten Energiebedarfs der Wiederkäuer, die sich eigentlich in einem Ruhemodus befinden“.

Schonzeitverstöße An der Tagesordnung

Tatsächlich sind Januar-Drückjagden unter Forst-Regie keine Seltenheit, regional sogar scheinbar an der Tagesordnung. Und die Kritik vieler Jäger bezieht sich nicht nur auf die Jahreszeit, sondern vor allem auch auf Schonzeitverstöße beim Rehwild und die übergroßen Rehwildstrecken bei Gesellschaftsjagden, die eigentlich vor allem der Schwarzwild-Reduktion gelten sollten.

Dabei richtet sich die Empörung nicht nur gegen extreme Fälle wie eine Drückjagd im fränkischen Staatsrevier Edelmannsberg, wo neben sechs Sauen auch 61 Rehe erlegt und so der gesamte legale Rehwild-Abschuss von drei Jahren auf einen Sitz erfüllt wurde (wir berichteten). Strecken mit vielen Rehen und wenig Sauen finden sich so regelmäßig, dass der Jäger und CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüsslein Revierpächtern geraten hat, revierübergreifende Jagden nur noch dann mitzutragen, wenn ausschließlich Schwarzwild freigegeben wird.

Obwohl der Fall aus Franken im vergangenen Jahr überregionale Schlagzeilen provozierte, geht es offenbar munter weiter: Im Forst bei Landsberg (Oberbayern) fanden Spaziergänger jetzt im Januar die abgeschnittenen Köpfe von vier Rehen. Die Polizei ermittelte zunächst gegen vermeintliche Wilderer. Bis die Sache an die Öffentlichkeit kam und der Forstamtschef offenbarte, dass die Sache auf das Konto einer Gesellschaftsjagd der Forstbetriebe gehe.

Der Verdacht der Spurenbeseitigung nach rechtswidrigen Bock-Abschüssen bestätigte sich in Landsberg nur zum Teil: Drei der vier Schädel waren Kahlwild zuzuordnen. Das erinnert an eine Staatsdrückjagd im bayerischen Landkreis Neuburg, die dort bis heute nicht nur Jäger erregt. Mitten in der Schonzeit schleppte sich dort ein waidwunder Bock in ein Nachbarrevier – verfolgt von sechs Hunden, die das Tier jämmerlich zu Tode brachten.

Verstöße ohne Konsequenzen

Viel zu befürchten haben die Verantwortlichen für solche Schonzeitvergehen nicht: In Bayern hat der Landwirtschaftsminister bereits vor knapp fünf Jahren verfügt, solche „Versehen“ bei Staatsjagden nicht mehr anzuzeigen – auch wegen der Verbiss-Situation. Der Minister meint: „Diese Regelung ist pragmatisch, waidgerecht und schützt den verantwortungsvollen Jäger bei einem fahrlässigen Rehbockabschuss vor staatlicher Verfolgung.“

Bayern steht da nicht allein: In Sachsen wurde die Rehbockjagdzeit im Jahr 2012 bis zum 31. Januar verlängert. Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen folgten solchen Beispielen. In Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt wurde wie in Bayern die Verfolgung von Schonzeitvergehen im Verwaltungsvollzug eingestellt. Der geneigte Leser merkt: Da sind Bundesländer dabei, die sogar bei invasiven Arten die Schonzeit ausdehnen wollen oder wollten.

Viele schlechte Beispiele – aber auch gute Vorsätze

Dass schlechte Beispiele auch in Kommunalwäldern Schule machen, zeigt sich aktuell in München: Dort haben Revierpächter die Stadtförster angezeigt, nachdem Stöberhunde bei einer städtischen Drückjagd ein Reh über die Reviergrenze hetzten und jämmerlich zugrunde richteten. Dem Tier habe eine ganze Keule gefehlt, als er es endlich erlösen konnte, berichtete der Jagdnachbar im „Münchner Merkur“.

Während anderswo der Streit um Reh- und Rotwild-Reduktion bei Schweinejagden erst richtig anfängt, haben sich Privatjäger und Forstleute in der Oberpfalz nach längerer Sendepause im Zeichen der Schweinepest an einen „Runden Tisch“ gesetzt. Ergebnis: Man will es wieder miteinander versuchen. Aber zumindest bei der ersten revierübergreifenden Drückjagd im Altlandkreis Vohenstrauß wird dann ausschließlich Schwarzwild beschossen.

Ob es bei den guten Vorsätzen bleibt, wird sich zeigen. Gerade auch in der Oberpfalz war die Jäger-Wut bisher besonders ausgeprägt: Vor allem nach einer Schwarzwild-Staatsjagd über drei Reviere, bei der am Ende neben zwei Sauen 38 Rehe auf der Strecke lagen und erboste Nachbarn über „Blutrausch“ klagten.