Sauen in Fukushima: Von wegen strahlende Aussichten

Sauen in Fukushima: Von wegen strahlende Aussichten

Berichte aus Fukushima belegen: In Atom-Katastrophengebieten gilt das Recht der Stärkeren.

Wildschweine im Maisfeld
Wildschweine im Maisfeld

Das hatten wir schon mal nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl: Jetzt kommen auch aus dem japanischen Fukushima Berichte über wachsende Artenvielfalt. Aber sie sind nur die halbe Wahrheit. Und ein Beweis, dass sich in unberührter Natur hauptsächlich Arten wie Wildschweine und Raubtiere durchsetzen.

Letztendlich lässt sich im menschenleeren Sperrgebiet um die japanischen Unglücksreaktoren studieren, was manche Naturschützer nicht gerne wahrhaben wollen: Die Stärksten setzen sich durch. Die Zahl der Sauen hat sich enorm vervielfacht. Die der Schwarzbären stieg ebenfalls rasant. Und auch das Raubzeug nimmt überhand. Auch deshalb, weil Wühlmäuse mit den hohen Ausfällen bei der Geburtenrate gut klar kommen.

Ebenfalls klar: Mit so viel „Natur“ kommt der Mensch nicht so gut zurecht. Die ersten Erkundungen zur möglichen Wiederbesiedlung der Strahlengebiete kommen zu dem Schluss, dass aggressive Sauen und Bären zum Problem werden könnten. Vor Begegnungen mit den Schwarzbären hat die Bezirksregierung nach mehreren, auch tödlichen, Zwischenfällen bereits eindringlich gewarnt.

Laut New York Times stieg die Zahl der im Fukushima-Sperrgebiet erlegten Wildschweine innerhalb von drei Jahren von 3000 auf 13.000. In der Stadt Nihonmatsu, 70 Kilometer westlich vom Unglückskraftwerk, hat die Kommunalverwaltung Massengräber für 1800 Sauen angelegt: Zum Verzehr ist das verstrahlte Wildbret ja ungeeignet.

All das erinnert an Tschernobyl: Dort waren nach der Atomkatastrophe erst mal nahezu alle Bäume tot. Beim Wiederaufwachsen der Flora setzten sich Birken und Weiden durch. Was das für die Lebensgemeinschaften bedeutet, die von anderen Baumarten abhängig sind, sollte klar sein. Der ukrainische Wildbiologe Sergey Gashak fand heraus, dass in der Todeszone heute etwa 15-mal mehr Wildschweine leben als vor der Kernschmelze im Jahr 1986. Wölfe, Bären und Raubvögel sind so zahlreich wie sonst allenfalls in Naturreservaten.

Wie in Japan auch warnen in Bezug auf die Ukraine vor allem ausländische Forscher davor, die Folgen für Natur und Artenvielfalt aus durchschaubaren Gründen kleinzureden. Vor allem bei vielen Vogelarten, zum Beispiel Schwalben, gibt es massenhaft schlimme Fehlbildungen und Nahrungsausfall durch das Aussterben wichtiger Insekten. In der Tat regelt die Natur auch schlimme Zwischenfälle irgendwie von selber. Die Frage bleibt, ob das dem Menschen recht sein kann. Auch im Hinblick auf über Jahrtausende entstandene Lebensgemeinschaften.