Pragmatik statt Ideologie

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Hochsitz
Hochsitz

Bei der bisher überraschend geräuschlosen Regierungsbildung in Baden-Württemberg ist auch der vorletzte Akt glatt über die Bühne gegangen. Es fehlt noch die formale Zustimmung der Parteitage. Erfahrungsgemäß wird da nur noch abgenickt, was vorher ausgehandelt wurde. Alles andere wäre eine Überraschung. Nicht einmal im Ansatz war außen wahrzunehmen, dass da ein Scheitern drohen könnte, wenn auch eingeräumt wird, dass es „mitunter hart und laut“ zugegangen sei. Das ist normal. 

Wilfried Kretschmann hat sich so präsentiert, wie er gewählt wurde: als starker Ministerpräsident, der die Fäden geschickt in der Hand hält und schwierige Klippen umschiffen kann, ohne dabei im Unverbindlichen zu bleiben. Pragmatik statt Ideologie könnte auch die Überschrift der Koalition lauten. Kretschmann ist eben kein Typ, der nach außen polarisiert. Die Wirkung in seine Partei hinein ist da etwas anders, aber niemand in der grünen Spitze wagt es, das zu thematisieren. Letztlich ist er derjenige, der mit seiner Sachlichkeit, Bedächtigkeit und Standfestigkeit eher Profileigenschaften erfüllt, die sich traditionelle Unionswähler eigentlich wünschen. In den Reihen der CDU des Landes gab es da keine Alternativen mit entsprechendem Charisma und Durchsetzungsvermögen. 

„Verlässlichkeit, Nachhaltigkeit, Innovation“, sind Kernthemen beider Koalitionspartner, wobei die Innovation wohl programmatisch die größtmögliche Brisanz in Auslegungsunterschieden bergen könnte.

Gerade vor dem Hintergrund des Landesjagdgesetzes und seiner Entstehung in Baden-Württemberg hat der Ministerpräsident offensichtlich dazugelernt

Vermeintliche Minderheitenpositionen prägen heute zunehmend die Realpolitik. Dabei ist es im Südwesten ein geschickter Schachzug, dass die Entwicklung des ländlichen Raumes (CDU) und die Umweltpolitik (Grüne) in Ressorts und Zuständigkeiten entkoppelt wurden. Das ist möglicherweise zukunftsweisend, wenn Union und Grüne auch anderswo immer weiter zusammenfinden.

Gerade vor dem Hintergrund des Landesjagdgesetzes und seiner Entstehung in Baden-Württemberg hat der Ministerpräsident offensichtlich dazugelernt. Zunehmend moderat gehen die Realos auch mit Blick auf andere Bundesländer und die Politik im Bund mit der Wahl im nächsten Jahr immer vorsichtiger mit den Themen der Landnutzer und des ländlichen Raumes um. Fakten sind nun einmal nicht auszuhebeln. Der Begriff Umweltpolitik wurde in diesen Reihen bisher oft auf den ländlichen Raum verengt, obwohl er einen viel breiteren Wirkungsbereich hat. In den Städten, in Ballungsräumen und generell im urbanen Bereich ist mehr Umweltpolitik notwendig als etwa im Zusammenhang mit der Jagd. Es spricht sich auch in diesen Kreisen zunehmend herum, dass es schon immer die Jäger waren, die sich vorbildlich und nachgewiesen sachkundig im ländlichen Raum und in der Natur engagieren – trotz aller einseitig-politischen Gängelungen. Sie stehen bei der Sache! Das merken auch Kritiker.

In Kretschmanns Personalliste, in der aus ganz anderen Gründen der des bisherigen Agrarministers Bonde fehlt, taucht keine Unwucht auf; der alte und neue Ministerpräsident beansprucht die Spitzenposition, der Rest wurde auf Augenhöhe und sparsam erledigt, obwohl das nach diesem eindeutigen Wählervotum und der Abstrafung der über Jahrzehnte führenden Partei im Lande nicht gerade selbstverständlich war. Die CDU bekommt wieder die Chance, sich um den ländlichen Raum zu kümmern. Das ist für die Jäger gut so, auch wenn sie sich anderswo nicht mehr so richtig auf die Union verlassen können – siehe Sachsen-Anhalt. Dort hatte die CDU trotz massiver Proteste aus dem ländlichen Raum das Umweltministerium an die Grünen abgetreten – obwohl diese nur gerade eben die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen hatten. Auch ein offener Brief einer breiten Allianz des ländlichen Raums hatte für kein Einlenken der Partei gesorgt. Der ländliche Raum wurde damit als Koalitionsgeschenk geopfert, um um jeden Preis regieren zu können (wir berichteten).