Politik und Sauenplage – ein Trauerspiel
„Vor dem Hintergrund der Pachtverträge, des Aufwandes in der Hege und Pflege des Wildes, der Beseitigung von Unfallwild auf Kosten der Jäger und der Wildschadensbegleichung wäre der Erlass von zehn Euro eine kleine politische Anerkennung.“
Von Vorpommern bis in den Schwarzwald nimmt die Wildschwein-Plage überhand. Der Politik fällt meistens nur der Ruf nach den Jägern ein. Und dann lässt sie uns im Regen stehen – wie jetzt in Brandenburg.
Längst sind die Sauen nicht mehr nur ein Wildschadenproblem. Überall in Deutschland sterben Menschen bei Verkehrsunfällen mit den mächtigen Tieren. Die gefährliche afrikanische Schweinepest ist auf breiter Front im Vormarsch. Stadtmenschen beklagen die Verwüstung ihrer Gärten. Und Behörden geben Spaziergängern Verhaltensregeln für den Umgang mit aggressiven Schweinen.
Dass die Jäger es richten sollen, ist eine naheliegende Forderung. Aber in der Praxis tut die Politik meist nur wenig dazu, die Umsetzung zu unterstützen. Wie jetzt in der Stadt Brandenburg, wo sich der zuständige Rathausreferent (kein Grüner, sondern ein CDU-Mann) beharrlich weigert, auf zehn Euro Gebühr pro Sau für die Trichinenschau zu verzichten: „Ein öffentliches Interesse an der Dezimierung des Wildbestandes ist hier nicht zu erkennen“, heißt es zur Begründung.
Nun können Ahnungslose trefflich fragen, wieso eine nicht ganz billige Passion mit Steuergeldern subventioniert werden soll. Aber wer ein wenig Ahnung von der Materie hat, der weiß um die Probleme: Vielerorts in Deutschland lässt sich Wildbret, zumal Sauen, nur noch zu Spottpreisen verkaufen. Gesellschaftsjagden sind ein beliebtes Ziel militanter Tierschützer. Und obendrein müssen Jagdpächter noch für die enormen Schäden aufkommen, die das Schwarzwild auf den Feldern anrichtet.
Birgit Didczuneit-Sandhop
Der Verzicht auf zehn Euro Beschaugebühren wäre wenigstens eine Geste, nicht mehr angesichts der enormen Lasten, die vor allem die Jäger treffen. Auch durch die ebenfalls von Regierungspolitikern angerichtete Misere, dass viele Landwirte nur noch überleben, wenn sie im Zuge der sogenannten Energiewende Mais für Biogasanlagen pflanzen und so der explosionsartigen Sauenvermehrung weiteren Vorschub leisten. Nebenbei: Das ist kein Vorwurf an die Bauern, die selber Opfer einer naturfernen Politik sind.
Noch schlimmer ist, dass sich viele Politiker (wie man sieht, nicht nur solche von den Grünen) wählerwirksam dem Trend zur Jagdgegnerschaft ohne Maß und Ziel anbiedern. Und sogar den von selbsternannten Experten verzapften Unsinn nachplappern, dass erhöhter Jagddruck für noch mehr Sauen sorgt. Oder sie machen sich zu nützlichen Idioten mit der These, dass die Wölfe das Problem schon richten werden.
In Wahrheit sind Wölfe gegen ausgewachsene Sauen genauso machtlos wie eine Kuschelpolitik, die dem weitgehend ahnungslosen Zeitgeist folgt. Wenn da keine Umkehr erfolgt, werden wir bald sehr viel Steuergeld für Amtsjäger ausgeben, die nicht einmal ihre Patronen selbst bezahlen. Schon gibt es Reviere, die sich nicht mehr verpachten lassen. Die letztlich für den Wildschadenersatz zuständigen Grundbesitzer betteln dort schier um Gastjäger.
Eine große Einzelhandelskette hat diese Woche Wildschweinbraten zu 16 Euro fürs Kilogramm im (Sonder!)-Angebot. Eine „Wertschöpfung“ von mindestens 300 Prozent, wenn wir die Einkaufspreise zur Drückjagdsaison zugrunde legen. Also ist wohl noch viel „Luft“ in der Kalkulation und kein Anlass, die Jäger mit dem Sauenproblem allein zu lassen. Noch dazu mit praxisfernen neuen Jagdgesetzen, die Jagd und Jäger unter Generalverdacht stellen. Zumindest bis eine Bürgermehrheit begriffen hat, dass Peta & Co. keine Problemlösung sind, sondern ein wesentlicher Teil des Problems.
Zur Vollständigkeit: An der Spitze der Brandenburger Räte, die eine Kostenübernahme für die Trichinenschau bei Frischlingen und Überläufern fordern, steht eine CDU-Parteifreundin des hartleibigen Jagd-Referenten. Birgit Didczuneit-Sandhop, selber passionierte Jägerin: „Vor dem Hintergrund der Pachtverträge, des Aufwandes in der Hege und Pflege des Wildes, der Beseitigung von Unfallwild auf Kosten der Jäger und der Wildschadensbegleichung wäre der Erlass von zehn Euro eine kleine politische Anerkennung.“