NRW-Landtagswahl: Jäger setzen auf eine neue Mehrheit

NRW-Landtagswahl: Jäger setzen auf eine neue Mehrheit

Vor dem Urnengang am 14. Mai lohnt sich für die freunde von jagd und natur ein Blick in die Wahlprogramme der parteien.

Jägerdemo vor dem NRW-Landtag in Düsseldorf
Jägerdemo vor dem NRW-Landtag in Düsseldorf

Keiner Landtagswahl in diesem Jahr wird so viel Bedeutung beigemessen wie der in Nordrhein-Westfalen. Der Urnengang im bevölkerungsreichsten Bundesland gilt als ultimativer Gradmesser für die Bundestagswahl im September. In der Vergangenheit schnitt der NRW-Verlierer auch auf Bundesebene kaum besser ab. Aus Jägersicht ist auch deshalb besonders spannend, wie die Wähler am Muttertag (14. Mai) entscheiden, weil keine andere Landesregierung jagdpolitisch in den vergangenen Jahren so in der Kritik stand wie die amtierende rot-grüne Koalition in Düsseldorf. Am sogenannten Ökologischen Jagdgesetz (ÖJG) von Umweltminister Johannes Remmel entzündete sich der gesammelte Unmut der Naturnutzerverbände des ländlichen Raums. Besonders der Landesjagdverband (LJV) wird nicht müde, lautstark die ideologisch motivierte Gängelung zu geißeln. Erfolgreich initiierte er eine Volksinitiative und sammelte mit 117.000 Unterschriften annähernd doppelt so viele wie erforderlich. Die Regierungsparteien lehnten gleichwohl Mitte März – wie allseits erwartet – während der erzwungenen erneuten Debatte des Themas im Landtag jede Änderung am Jagdgesetz ab.

LJV-Präsident Ralph Müller-Schallenberg und seine Mitstreiter haben daraufhin verdeutlicht, ihren öffentlichen Protest gegen das seit zwei Jahren gültige Jagdgesetz fortzusetzen und es damit auf der Tagesordnung zu halten. Sie setzen zudem auf eine neue Mehrheit, die ihren Vorstellungen entgegenkommt. Am ehesten denkbar ist das mit einer CDU-geführten Regierung, wozu die Mann- und Frauschaft um den Spitzenkandidaten Armin Laschet nach dem historisch schlechten Abschneiden in NRW vor fünf Jahren in der Wählergunst zulegen müsste. Die Prognosen kommen der LJV-Hoffnung entgegen. Sie gehen davon aus, dass Rot-Grün keine Mehrheit mehr hat. Das liegt nicht zuletzt an erkennbar schwächelnden Grünen. Sie bekommen möglicherweise die Quittung für eine Politik, die die Interessen einer urbanen, naturfremden Klientel befriedigt und sich nicht am Sach- und Fachverstand der Betroffenen orientiert. Das jüngste Beispiel hierfür lieferte Grünen-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann in einem Beitrag des WDR-Fernsehens (wir berichteten).

Ausführlich wie keine andere Partei hat die CDU ihre jagdpolitische Position zu Papier gebracht

Die CDU hingegen lässt keinen Zweifel, dass sie das Jagdgesetz revidieren möchte. Sie sieht das Waidwerk als Bestandteil „unseres gelebten Kulturguts“ und würdigt „das große Engagement der Jägerinnen und Jäger sowie Fischer in Nordrhein-Westfalen für unsere Gesellschaft sowie für den Arten- und Naturschutz“. Ausführlich wie keine andere Partei hat sie ihre jagdpolitische Position in einem 86 Punkte umfassenden Änderungsantrag zu Papier gebracht. Das reicht von Jagdzeiten und Jagdschutz über die Ausbildung von Jagdhunden an lebendem Wild bis zur Liste der jagdbaren Arten.

Für die Liberalen ist „Jagd verlässlicher Natur- und Tierschutz“

Eine klare Absage erteilt auch die FDP dem Remmelschen Machwerk. Für die Liberalen ist „Jagd verlässlicher Natur- und Tierschutz“ und „die Jägerinnen und Jäger in NRW sind seit Jahrzehnten der Garant für artenreiche und vitale Bestände wildlebender Tiere“. Die Liberalen haben zudem klar formuliert, „die ideologische Jagdgesetznovelle aufheben und das Jagdrecht sach- und fachgerecht weiterentwickeln“ zu wollen. Doch so weit die Gemeinsamkeiten auch reichen, ein Zusammengehen von Christdemokraten und Liberalen dürfte allen Vorhersagen nach noch kein mehrheits- und damit regierungsfähiges Bündnis geben. Das gilt ebenfalls für eine Partnerschaft von CDU und Grünen, was Armin Laschet vielleicht vor einer Kooperation bewahrt, mit der er dem Vernehmen nach zumindest zwischenzeitlich geliebäugelt hat. Zwangsläufig nämlich müsste diese Konstellation die Jägerwünsche enttäuschen. Die Grünen nämlich halten bislang allen Protesten zum Trotz an ihrer Position fest, dass es keinen Grund gibt, auch nur ein Jota am Ökologischen Jagdgesetz zu ändern.

Bei den Forderungen der Linken graust es nicht nur Jägern

Ganz anders die AfD. Die fordert ausdrücklich „eine erneute Novellierung sowie eine angemessene, umfassende und rechtliche Neubewertung des momentan gültigen ,ökologischen‘ Jagdgesetzes“. Sie will ein „ideologiefreies Jagdrecht“. Aber ein Zusammengehen mit den Rechtsaußen ist für die CDU ebenso ausgeschlossen wie mit den Linken auf der anderen Seite des politischen Spektrums. Letztere wollen sogar „Treib- und Drückjagden verbieten“ sowie Privatjagden beenden „und alle anfallenden Aufgaben an staatliche Wildschützer*innen übergeben“. Da graust es nicht nur Jägern.

Piraten plädieren für Anerkennung der Nachhaltigen Jagd

Mit den Piraten hingegen könnte in einigen Punkten etwas gehen. Dass die Freibeuter allerdings noch einmal in den Landtag einlaufen, ist kaum denkbar, auch wenn es im Programm heißt: „Die Jägerschaft mit ihrer Hegeverpflichtung leistet ihren Beitrag zu Naturschutz, Biodiversität und Bildung. Die Landesgesetzgebung muss die nachhaltige Jagd als eine legitime Nutzung biologischer Ressourcen anerkennen.“ Zu der von ihnen gewünschten „Rücknahme des kontraproduktiven Verbotes der Jagdhundeausbildung an der lebenden Ente“ werden die Piraten, die darüber hinaus „den anerkannten Jagdverbänden ein Verbandsklagerecht verschaffen“ wollen, wohl nichts mehr beitragen. Ihr Schiff ist bereits in den Tiefen der Meinungsforscher untergegangen.

SPD will das ökologische Jagdgesetz „wie zugesagt evaluieren“

Da bleibt aus Jägersicht letztlich nur die Chance einer Großen Koalition. Die SPD hat den Grünen beim ÖJG zwar den Willen gelassen, die Gesetzesnovelle aber nie wirklich zu ihrer (Herzens-)Sache gemacht. In ihrem Wahlprogramm heißt es deshalb auch nur: „Das neue Jagdgesetz werden wir in seinen Wirkungen wie zugesagt evaluieren und eine gemeinsame Image-Kampagne für und mit den Jägerinnen und Jägern auf den Weg bringen.“ Das lässt alles offen, also erneute Änderungen zu und kann eine Brücke bauen. Dazu passt, dass die amtierende Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zwar nach eigenem Bekunden am liebsten mit den Grünen weiterkoalieren möchte, aber ausdrücklich andere Bündnisse nicht ausschließt. Bei einem schwierigen Wahlergebnis aber dürfte es vor der Bundestagswahl im September kaum eine Regierungsbildung in Düsseldorf geben. Zu schnell hätte es Signalwirkung für Berlin, was zugleich bedeutet, dass die Jäger sich auch nach Mitte Mai noch etwas länger gedulden müssen, bis sie erfahren, ob ihr Wunsch nach ÖJG-Rückabwicklung sich erfüllt.