Meinung: „Weinerliche Verleumder“

Meinung: „Weinerliche Verleumder“

Polemik scheint zum Trend des Jahres zu werden. Auch in der Auseinandersetzung um die Zukunft der Jagd. Nicht schön, aber nicht unbedingt ein Schaden. Auch wenn Jagdgegner höchst empfindlich reagieren, wenn der Spieß umgedreht wird.

Hochsitz im Sonnenuntergang
Hochsitz im Sonnenuntergang

Es gibt offenbar Leute, die für Kinderschänder mehr Verständnis empfinden als für das Waidwerk. Die schützen wollen, was einer großen Mehrheit ihrer Mitmenschen Angst und Kummer macht. Die mit Häme reagieren, wenn Tierhalter wegen der Wölfe um ihre Existenz fürchten. Die es in Ordnung finden, Schulkinder gegen Väter und Mütter aufzuhetzen, weil die zur Jagd gehen oder Fische fangen.

Das geht einher mit Missbrauch der Sprache. Nicht nur, wenn legales Handeln von Mitmenschen als „Mord“ diskriminiert wird. Es beginnt schon mit Vermenschlichung scheinbar unverfänglicher Begriffe. Da gibt es unter Tieren Babys und Mamis, da wird sogar der Tod von Menschen bejubelt und gar in der Internet-Öffentlichkeit bedauert, dass die eigene Art nicht zum Abschuss freigegeben ist. Das lässt sich als Spinnerei verharmlosen. Oder aber, wohl eher zutreffend, als Hasspredigen begreifen.

Spannend wird es, wenn Jagdgegner Ausdrücke wie „Wolfkuschler“ beklagen, obwohl Fans im Dutzend nach Norwegen reisen, um gegen saftige Gebühr Zungenküsse mit Tierpark-Wölfen auszutauschen (wir berichteten). Wenn Menschen um ihr Leben fürchten müssen, weil sie im öffentlichen Auftrag im Stadtpark Gänse töten oder gar einen „Problembären“ strecken. Obwohl nicht ausgeschlossen scheint, dass die Beschwerdeführer zum Gänsekot auf Liegewiesen schon mal Petitionen gegen den Tiermord unterzeichnen. Oder sich klammheimlich Totschlagfallen wünschen, um der Marder im Motorraum ihrer Autos Herr zu werden.

Alternative Fakten erzürnen solches Publikum am Beispiel des US-Präsidenten. Aber nicht in der Argumentationskette der Tierschutz-Hardliner. Die verbreiten wie ein Dogma Un- und Halbwahrheiten wie jene, dass Jagddruck an unmäßiger Vermehrung der Wildtiere schuld sei. Und sie halten meist zugleich still, wenn das Unwort „Reduktionsjagd“ die Wildtiervernichtung aus kommerziellen Gründen beschönigt. Sie fürchten Kernkraftwerke, aber womöglich noch mehr den „Vogelmord“ durch Windkraftanlagen. Sie unterstützen die gnadenlose Verbauung von Fließgewässern, wenn diese Neubaugebiete in Überschwemmungsgebieten bedrohen – oder auch nur die Mückenplage (?) fördern.

Das lässt sich beschönigend selektive Wahrnehmung nennen, grenzt jedoch in Wahrheit an Schizophrenie. So wahr der Verkauf von Insektenspray nicht nachlässt, trotz Hochkonjunktur der Tierrechtstheorien. Wie die durchaus berechtigte Kritik am Schadstoffausstoß von Kreuzfahrtschiffen, die offenbar nicht für die Überseetransporte veganer Grundnahrungsmittel gilt. Und auch nicht, wenn wir Tierpark-Bärenkinder putzig finden, obwohl zoologische Gärten dem Peta-Mainstream doch eigentlich als Teufelswerk gelten

Jagen wie Indianer in Reservaten?

Wer da nicht verstehen will, dass Naturnutzern wie Landwirten und Jägern mitunter der Kragen platzt, der muss sich den Vorwurf gefallen lassen, den Kopf in den Sand zu stecken. Zumal die eigene Realitätsferne so gern als höhere Einsicht ausgegeben wird. Und solche Militanz mit oft weinerlicher Empfindlichkeit einhergeht. Etwa dann, wenn öffentlich wird, wie widersprüchlich so manche Positionen sind – etwa zur Jagd auf Waschbären, die seltene Amphibien fressen (wir berichteten). Oder zur unter Wölfen kaum vorstellbaren Schafsweide auf den Deichen, die für Menschen doch sehr konkret überlebenswichtig sind.

Sogar die Einsicht, dass einiges an menschgemachter Natur aus gutem Grund schützenswert erscheint, wirkt da nur begrenzt versöhnlich. Die Möglichkeiten, Modernes zum Vorteil der Natur zu nützen, fristen allenfalls ein Nischendasein. Statt großstädtische Ballungsräume zu entzerren und so urbane Umweltprobleme wie die Feinstaubbelastung abzumildern, scheint die Landflucht ungebrochen. Und mit ihr wächst die Versuchung, Natur als Lebensraum für eine aussterbende Minderheit zu begreifen, deren Probleme nicht weiter wichtig sind. Vielleicht dürfen wir dort sogar irgendwann mal wieder unbehelligt jagen. Die letzten Indianer in den Reservaten dürfen das ja auch.