Leserbrief eines jungen Landwirts an Bauer Willi

Lieber Bauer Willi

Sie hielten heute morgen,einen Vortrag über Ihre Öffentlichkeitsarbeit. Unter den Zuhören waren ältere Landwirte und auch sehr viele Junglandwirte. Zu dieser Gruppe, über deren Anwesenheit Sie sehr erfreut waren, gehörte auch ich. Wir waren alles Fachschüler der Fachschule Münster Wolbeck. Natürlich kennt man Sie in unserem Alter und Ihre Arbeit wird sehr geschätzt.

Da unserer Generation mit den sozialen Netzwerken aufwächst, werden wir Junglandwirte immer öfters mit der Meinung von Verbrauchern über unseren Beruf konfrontiert. Es sind gleichaltrige, aber auch eben viele Verbraucher höheren Alters. Mit diesen Leuten in eine fachliche Diskussion zu kommen ist meist sehr schwer. Denn was weiß jemand Anfang 20 schon vom Leben? Eben. Es ist sehr viel. Wir haben es gelernt, wir sind teilweise auf einem Betrieb groß geworden oder führen diesen Beruf mit voller Leidenschaft aus. Doch es ist oftmals eben mehr ein Leid, als dass man etwas schafft. Aber über die aktuelle Preissituation der Lebensmittel möchte ich gar nicht schreiben. Mir geht es viel mehr darum, Ihnen die Meinung eines angehenden Agrarbetriebwirtes  zu schilden.

Ich selber bin 22 Jahre, habe den Beruf Landwirt gelernt und besuche nun die Schule in Münster. Ich komme so wie Sie auch aus dem Rheinland, habe jedoch keinen Betrieb zu Hause. Die Interesse zur Landwirtschaft kam sehr früh. Meine ganzen Ferien verbrachte ich mit meinen Eltern auf einem Bauernhof. Mir war sofort klar, dass ich diesen tollen Beruf erlernen möchte. Meine Eltern hinderten mich nicht, sondern sind eher sehr interessiert an dem Thema. Sie rufen mich oft an und fragen ob es stimmt, was in der Presse momentan aktuell ist. Oft sind es auch, für uns Landwirte, ganz banale Fragen: „Warum werden die Rüben erst aus der Erde geholt, zum Feldrand gefahren und dann erst nach Tagen verladen?“, fragte mich meine Mutter eines Tages.

Aber wie Sie völlig richtig sagten, wir müssen nicht einfach mit Fakten erklären warum wir etwas machen, sondern müssen wir vielmehr genau diesen Dialog suchen und ihn über diese Frage hinaus weiterführen. Nur wir können das Bild der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit verändern. Wir müssen den Menschen, Dinge praktisch erklären, anhand praktischer Beispiele. So habe ich letztes Jahr auf einem Ackerbaubetrieb in Schleswig Holstein gearbeitet, der bei der Aktion „Tag des offenen Hofes“ teilnahm. Dies ist eine Aktion des Bauernverbands Schleswig Holsteins. Es kamen viele Menschen aus der Nachbarschaft, aus Hamburg und Umgebung. Wir Mitarbeiter und der Chef waren den ganzen Tag fleißig am erklären und beantworteten Fragen. Dabei kamen uns auch Fragen in den Kopf: „Ist es witzig oder traurig, dass viele Leute bei dem Gewinnspiel kein Weizen von Gerste unterscheiden können?“ Schnell waren wir uns alle einig dass es traurig ist. Denn diese Leute, die offensichtlich keine Ahnung von unserem Beruf haben, schreiben uns vor wie wir Ihn zu machen haben. Diese Leute bilden sich Ihre Meinung wohlmöglich über Medien wie die sozialen Netzwerke. Und da heißt es ja öfters auch schon mal, dass Glyphosat zweimal im Jahr auf der selben Fläche gespritzt wird. Wir unterhielten uns am Tag danach morgens lange über die Veranstaltung. Wir sind alle zu dem Entschluss gelangt: Der Aufwand lohnt alle male!

Denn wie schnell und einfach man den interessierten Besuchen Dinge erklären konnte war verblüffend. So hatten wir eine Dose Kaugummis. Gewöhnlich passen dort 100 ml rein. Bei der Vorstellung dass wir diese Menge als Pflanzenschutzmittel auf 1,5 Fußballfeldern verteilten, schauten die Menschen nicht schlecht. „Und ich kippe immer eine ganze Flasche in die Gießkanne und dusche die 20qm Terrasse ab.“ Wenn man dann noch erklärt, dass Glyphosat über das Blatt wirkt, und wir Landwirte mit unserer Technik einen viel feineren Spritznebel schaffen können, sind die Zuhörer völlig erstaunt. Den Menschen ist eben nicht klar, dass wir Landwirte wissen was wir tun und dass dies alles begründet ist. Wir spritzen oft nachts, damit keine Bienen in den Beständen sind, wir müssen wegen Wind auch schonmal am Wochenende spritzen. Und wir dreschen doch nicht Sonntags um uns vor dem Gottesdienst zu drücken!

Wir arbeiten immer so, um die Natur und unser kostbarstes Gut, den Boden, optimal zu schützen. Wir haben den Beruf gelernt, wir sind geschult, wir haben die Erfahrung mit solchen Mitteln. Ich kenne keinen anderen Beruf, über den so viele Menschen schlecht reden als über meinen. Beamte sollen alle faul sein, Handwerker machen nur Pause und machen nichts genau. Aber redet diesen Berufen irgendwer rein und sagt wie sie Ihre Arbeit zu verrichten haben? Nein. Uns Landwirten versuchen allerdings immer mehr Menschen unseren eigenen Beruf zu erklären. Daher kann ich Sie nur unterstützen und ebenso für die Öffentlichkeitsarbeit werben. Denn wie sie netterweise am Ende sagten: „ Es ist hauptsächlich für die nächste Generation.“ Und wir Junglandwirte müssen uns oft genug für unsere Berufswahl rechtfertigen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem „REGIO DAY“ und viele interessante Diskussionen und Gespräche. 

Mit freundlichen Grüßen,
Jasper Becker